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Standplatz am HB: "Ich lade nur ein, wer mir passt." Bild: JS

Zürcher Taxis: Darf der Glaube mitfahren?

Von: Jan Strobel

19. März 2013

Aus religiösen Gründen wollten Taxihalter Frauen nicht mitnehmen, beklagt eine Leserin. Ein altgedienter Chauffeur bestätigt ihre Beobachtung.

Hat das Zürcher Taxigewerbe ein Integrationsproblem? Das fragte sich «Tagblatt»-Leserin M. K. in einem Leserbrief. «Ein Taxifahrer am HB», berichtet sie empört, «wollte meiner Freundin zwei Weinkisten nicht einladen, weil er als strenger Muslim keinen Alkohol transportieren dürfe, schon gar nicht von einer Frau, die alleine unterwegs sei. Jeder kann glauben, was er will, aber dass solche Personen hier ihr Geld verdienen und unsere Frauen diskriminieren, finde ich den Gipfel der Frechheit.» Fast noch mehr habe sie sich über die Freundin geärgert, die sich in ihrer Aufregung nicht einmal die Nummer oder den Taxihalter gemerkt habe. M. K. möchte anonym bleiben aus Angst, als Rassistin abgestempelt zu werden.

Erlebnisse, wie das von M. K. und ihrer Freundin, kennt auch Taxifahrer D. L. Er ist seit über 30 Jahren auf den Strassen Zürichs unterwegs. «Solche Klagen bekomme ich während meiner Arbeit tatsächlich ebenfalls zu hören, und ich erlebe diesen Zusammenprall der Kulturen selbst immer wieder.» Besonders aggressiv gehe es am grossen Standplatz am HB zu, sagt er. «Da war zum Beispiel diese Frau, die sich vorne neben den Taxifahrer setzen wollte. Er hat das aber abgelehnt mit dem Verweis auf seinen muslimischen Hintergrund. Er forderte sie auf, hinten einzusteigen.» Am Standplatz herrsche, so der Taxifahrer, oft die Devise: «Ich lade nur ein, wer mir passt.»

Das allerdings verstösst gegen Artikel 20 der Stadtzürcher Taxivorschriften. Darin heisst es: «Chauffeusen und Chauffeure haben Fahraufträge sofort auszuführen. Die Fahrt darf nur verweigert werden, wenn sie aus einem in der Person des Fahrgasts liegenden Grund nicht zugemutet werden kann.»

Die Differenzen mit den Gästen würden aber noch durch einen anderen Grund verstärkt, ist Taxifahrer D.L. überzeugt. «Viele Taxifahrer verfügen nur über sehr schlechte Deutschkenntnisse. So gibt es Verständigungsschwierigkeiten.» Auch er möchte seinen Namen nicht in der Zeitung gedruckt sehen.

 Beschwerden im Kontext der Religionszugehörigkeiten der Fahrer, sind zumindest André Küttel, Geschäftsführer von Alpha Taxi 7x7, allerdings noch nie untergekommen. Trotzdem hält er fest: «Wir nehmen diese Berichte sehr ernst und würden in unserem Unternehmen ein solches Verhalten durch Taxifahrer in keinster Weise dulden. Es verletzt das Credo unseres Unternehmens. Sollte uns ein solcher Taxifahrer gemeldet werden, gehen wir dem Sachverhalt sofort nach.»

Tatsächlich versuchen die Taxiunternehmen der Stadt mit gezielten Ausbildungsprogrammen solche Vorfälle zu vermeiden – sei dies mit Deutschkursen oder, wie bei Taxi 444 unlängst mit grossem Erfolg durchgeführt, durch spezielle Benimmkurse für Taxifahrer. 

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