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Porträt

Zürcher Bundesfeier: Die Redner hinterfragen Werte und Maythen. Bild: Keystone

1. August: Was die Redner den Zürchern zu sagen haben

30. Juli 2013

In den Stadtquartieren werden wie jedes Jahr prominente Köpfe ihre Festreden halten. 2013 dreht sich alles um Werte, das Hinterfragen von Mythen und wie dankbar wir Schweizer für unser Land sein sollten.

Stadtrat André Odermatt: «Im Wesentlichen wird es in meiner Rede darum gehen, Parallelen zwischen dem 1. August und seiner Geschichte mit der Entwicklung von Altstetten aufzuzeigen. Dabei geht es um zentrale Werte wie direkte Demokratie, Offenheit, Solidarität, aber auch um Heimat und wie diese gemeinsam gestaltet werden kann. Es ist auch für einen Stadtrat, der sehr viele Auftritte hat, immer wieder ein aussergewöhnliches Erlebnis, eine 1.-August-Rede halten zu dürfen. Mich mit so besetzten Begriffen wie «Heimat», «Tradition» und «Geschichte» vertieft auseinanderzusetzen, sie mir gegenwärtig zu machen und mit Werten zu besetzen, die ­zukunftsfähig sind. Dass ich diese Gedanken mit anderen teilen kann, freut mich sehr.»
Stadtrat André Odermatt spricht in Altstetten auf dem Sportplatz Buchlern. Beginn des Fests: 17 Uhr.

 

Jürg Ammann, Gemeinderat Grüne Kreis 1 und 2: «Meine Rede wird sich um den Begriff der Heimat drehen. Ich möchte Gedanken darüber anstellen, wie dieser ­Begriff eigentlich zu interpretieren ist und wie ihn andere wahrnehmen. Ich möchte mich kritisch mit einer gewissen elitären, helvetischen Grundhaltung auseinandersetzen. Mit Leuten, die glauben, Heimat gepachtet zu haben, als ob sie selbst beim Rütlischwur dabei gewesen wären. Daneben werfe ich einen Blick über Grenzen hinaus, zeige auf, wie glücklich wir mit unserer Schweiz sein können, wie dankbar für das, was Generationen vor uns geleistet haben. Ich bin ja eigentlich keiner dieser «Hopp-Hopp-Patrioten». Es ist jetzt aber trotzdem eine grosse Ehre, dass ich in Wollishofen meine allererste Festrede halten darf.»
Jürg Ammann spricht im GZ Wollishofen. ­Beginn des Fests um 18 Uhr. Die Festrede wird um 20.15 Uhr gehalten.

 

 

Radprofi Franco Marvulli: «Wenn ich eine Rede schreiben muss, bereite ich mich meist sehr kurzfristig darauf vor. Ich habe mir zwar schon Gedanken gemacht, möchte aber nicht zu viel verraten, schliesslich soll es ein wenig auch eine Überraschung sein. Es wird sich sicher um die Wertschätzung der Schweiz drehen. Wie gut wir es haben und wie glücklich wir sein können, hier zu leben. Leider ist das vielen nicht bewusst. Wir regen uns über Kleinigkeiten auf, sind von Neid geprägt und sehen immer nur das Schlechte. Mit meiner Rede will ich die Leute wachrütteln. Kann sein, dass ich damit anecke. Aber ich möchte das sagen, was ich denke, nicht was die Leute erwarten oder hören möchten. Neben der Ehre, als Festredner agieren zu dürfen, und dem Geburtstag meines Bruders Domenic habe ich am diesjährigen 1. August noch anderen Grund zur Freude: Ich werde das Feuer auf die schweizerischste Art, die man je gesehen hat, entzünden. Wie? – Lassen Sie sich überraschen!»
Radprofi Franco Marvulli spricht auf dem Buhnhügel in Seebach. Beginn des Fests: 19.15 Uhr.

 

RhB-Direktor Hans Amacker: «Ich habe mir für meine Rede die Geschichte der RhB  ausgesucht. Wie alle Bahnen, die um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert entstanden, ist ihre Entwicklung geprägt vom Mut und Glauben an die Zukunft. Nicht der unmittelbare Kosten-Nutzen-Effekt stand im Vordergrund, sondern der Nutzen für künftige Generationen. Und das ist das, was ich versuche weiterzugeben. Mein Auftritt kam auf Einladung durch ­Walter Finkbohner, dem Vizepräsidenten des Quartiervereins Hirslanden, zustande, mit dem ich schon länger befreundet bin. Für mich persönlich steht der 1. August in erster Linie für die Beziehung zu meiner Frau, denn an diesem Datum haben wir uns vor 30 Jahren kennen gelernt. Ansonsten sehe ich den Anlass eher als Volksfest.Wer an die Werte der Schweiz glaubt, sollte diese nicht auf einen Tag fokussieren, sondern das ganze Jahr verinnerlicht haben.»
Hans Amacker, Direktor der Rhätischen Bahn, spricht um 19.30 Uhr im Kluszentrum. Beginn des Fests: 18 Uhr.

 

Roland Scheck, Kantons- und Gemeinderat SVP: «Ich werde in meiner Rede von der Einzigartigkeit der Schweiz erzählen, an unsere Werte der Freiheit, Selbstbestimmung und Selbstverantwortung erinnern. Gerade in Zeiten heimatmüder Tendenzen erscheint mir das besonders wichtig. Ich werde dabei Passagen aus dem Bundesbrief auf die heutige Situation unseres Landes beziehen. Immerhin bleibt der Brief von 1291 ein zeitloses Dokument, er ist aktueller denn je. Dass die Schweiz keinen fremden Richtern dienen sollte, bleibt ein starkes Fundament unseres Selbstverständnisses. Den Geburtstag der Schweiz zu feiern, bedeutet mir deshalb ungeheuer viel.»
Roland Scheck spricht um 19 Uhr auf dem Schmiedeplatz in Wiedikon. Das Quartierfest beginnt um 17 Uhr.  

 

Esther Guyer, Kantonsrätin und Fraktionspräsidentin Grüne: «Ich werde in meiner Rede nicht in die Vergangenheit blicken, sondern mich der Schweiz von heute widmen. Wie steht unser Land in der Gegenwart da? Der Finanzsektor und seine Dogmen befinden sich im Umbruch, der lange gehätschelte Mythos vom Sonderfall Schweiz gilt nicht mehr. Darüber hinaus will ich mich mit den aktuellen Abhörskandalen auseinandersetzen, im Besonderen, was sie für uns Bürger bedeuten. Und natürlich gehe ich auch auf die derzeitigen ökologischen Herausforderungen ein. Grundsätzlich ist die Bundesfeier für mich ein geselliger Anlass, also keine verkrampft patriotische Feier.»
Esther Guyer spricht um 19 Uhr auf der Langmattwiese in Witikon. Festwirtschaft ab 18 Uhr.

 

 

Regierungsrat Ernst Stocker: «Meine 1. August-Rede wird sich dem Erfolgsmodell Schweiz widmen: was uns stark gemacht hat und warum wir darum beneidet werden. Es ist in letzter Zeit Mode geworden, dass einzelne andere Länder an der Schweiz Kritik üben, wohl aus Neid über die wirtschaftliche und politische Stabilität unseres Landes. Deshalb will ich ein paar Aspekte in Erinnerung rufen, auf die wir stolz sein können. Besonderheiten und Stärken, die erklären, warum wir bisher von gewissen Problemen weniger stark tangiert wurden als unsere Nachbarn. Besinnen wir uns auf Dinge, für die wir Respekt geniessen – ja, um die man uns beneidet. Ich gehe jedes Jahr sehr gerne an die Bundesfeier – dieses Jahr wurde ich gleich an fünf Orten im Kanton als Redner eingeladen. Der 1. August bietet die Gelegenheit, sich über die Befindlichkeit und die Zukunftsperspektiven unseres Landes Gedanken zu machen und auch dankbar zu sein für den im internationalen Vergleich hohen Lebensstandard, den wir hier geniessen dürfen. Die Bundesfeier liegt mir am Herzen: Ich schätze speziell den direkten Kontakt mit der Bevölkerung, der sich an diesem Tag bietet.»
Ernst Stocker spricht in der Wirtschaft Ziegelhütte in Schwamendingen. Festbeginn um 18.30 Uhr.

 

Pfarrer Josef Karber, katholische Kirche Liebfrauen: «Die Überschrift meiner Rede lautet «miteinander, füreinander Raum schaffen». Ich bin sozial angehaucht und lebe in einem reichen Quartier. Aber auch hier gibt es Armut und Not. Ich will den Menschen in Erinnerung rufen, dass alle, ob Reich oder Arm, auf demselben Weg sind und füreinander da sein sollen. Das ist die christliche Botschaft schlechthin. Und dann gehe ich auch auf die wunderbare direkte Demokratie ein. Das hat ja auch mit dem Thema «miteinander füreinander Raum schaffen» zu tun. Ich stelle fest, dass man auf der untersten Ebene nicht mehr viele Leute findet, die diese Demokratie auch in ganz praktischer Form mitgestalten wollen. Ich suche beispielsweise eine Kirchenpflegerin oder einen Kirchenpfleger. Bisher ohne Erfolg. Ich ermuntere die Zuhörer, auf dem basisdemokratischen Weg zu bleiben. Damit wir auch in 100 Jahren noch gemeinsam darüber nachdenken und entscheiden, wie wir unseren ­Lebensraum und unser Zusammenleben gestalten. Ungefähr das will ich sagen am 1. August. Aber wer mich kennt, weiss, dass ich ein freier Redner bin und sehr gerne vom ursprünglichen Konzept abweiche."
Josef Karber spricht ab 20.15 Uhr im Irchelpark. Veranstalter: Quartiervereine Unterstrass und Oberstrass.

 

Petros Papadopoulos, Präsident des Verbandes der Studierenden der ETH: «Ich rede am 1. August aus der Sicht der Studierenden und bin stolz darauf, dass man mich als 25-Jährigen angefragt hat, eine Rede zu halten, und somit auch die etwas sagen dürfen, die es betrifft. In meiner Rede geht es um den entstehenden Campus am Hönggerberg. Bis 2015 werden hier oben 900 Wohnungen gebaut, es gibt neue Verpflegungsmöglichkeiten, eine kleine Stadt wird entstehen und mit ihr Leben einkehren. Ich studiere seit sieben Jahren an der ETH, doch hier auf dem Hönggerberg fühlte man sich bis anhin immer ein bisschen isoliert, weil Einkaufsmöglichkeiten und Treffpunkte fehlten. Bald werden wir dort leben, wo wir studieren, auf einem Campus, wie es in Amerika üblich ist. Doch auch für die Hönggerinnen und Höngger wird sich einiges ändern, die steigende Anzahl an Studenten wird Auswirkungen auf den öffentlichen Verkehr haben, es wird mehr Lärm und Abfall geben, doch dafür werden wir Lösungen suchen und finden. Der Zusammenhalt unter uns Studenten ist sehr gut, und wenn wir eine Party feiern, dann gibt es von Höngger Seite kaum Klagen, dieses Verständnis ist schön. Ich bin zwar Grieche, lebe aber seit meinem vierten Lebensjahr in der Schweiz, das hier ist meine Heimat, und auch wenn viele Junge den 1. August deshalb lieben, weil sie frei haben, rede ich gerne und nutze die Chance, um danke zu ­sagen, dass wir auf dem Hönggerberg studieren dürfen.»
Petros Papadopoulos spricht um ca. 20.30 Uhr im Turnerhaus TV Höngg an der Kappenbühlstrasse 60. Festbeginn: 17 Uhr.

 

Abt Martin Werlen, Vorsteher der Klöster Einsiedeln und Fahr: Die enge Verquickung zwischen Zürich und der katholischen Abtei Einsiedeln ist beinahe so alt wie die Eidgenossenschaft, deren Gründung am 1. August gefeiert wird. Seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts wird der Abt von Einsiedeln quasi zwangsläufig zum Stadtbürger auf Lebenszeit respektive seit 1866 zum Ehrenbürger ernannt. Der einzige Ehrenbürger der Zwinglistadt ist heuer auch Ehrengast an der Stadtzürcher Bundesfeier: Abt Martin Werlen. Die Festansprache wird er gemeinsam mit den beiden Jugendlichen Paula Stocker, Schülerin an der Kantonsschule Stadelhofen, und Jan Lobsiger, Lehrling bei der Zürcher Kantonalbank, halten. Den Inhalt ihrer Rede hütet er bei sich wie ein Beichtgeheimnis. Bedeutungsschwanger lässt Abt Werlen verlauten, wenn man wissen wolle, was sie sagen würden, müsse man schon zum Bürkliplatz kommen. Diese Freiheit wahre er sich bei allen Referaten und Ansprachen, denn das ermögliche ihm auch die Aufnahme aktueller Begebenheiten. Abt Martin Werlen ist fast so fleissig als 1.-August-Redner unterwegs wie Christoph Blocher, dessen Partei er schon verschiedentlich in seinen Ansprachen zum Nationalfeiertag kritisiert hat. Allerdings wird dies seine letzte 1.-August-Rede als Abt sein, auf Ende Jahr tritt Martin Werlen als Vorsteher der Klöster Einsiedeln und Fahr zurück.
Der Festakt, bei dem Martin Werlen spricht, beginnt um 11 Uhr und findet in der Stadthausanlage beim Bürkliplatz statt (bei schlechtem Wetter im Grossmünster).

Der Festumzug der Stadtzürcher Bundesfeier beginnt mit der Besammlung um 9.50 Uhr auf dem Werdmühleplatz. Um 10.15 Uhr wird sich der Zug in Bewegung setzen. Die Marschroute führt über die ­Rudolf-Brun-Brücke, via Limmatquai zum Bellevue, danach über den Bürkliplatz zur Stadthausanlage, wo Abt Martin Werlen als Ehrengast ­seine Rede halten wird. Alle Infos auf: www.bundesfeier.ch

 

 

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