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Porträt

Auf und davon: Die Brieftauben geniessen ihren Freiflug, kommen aber immer wieder zurück.

Danja und ihre eigene Patrouille Suisse

Von: Ginger Hebel

04. April 2016

Danja Bättig züchtet Brieftauben, trainiert sie und vermietet die gefiederten Schönheiten für Hochzeiten. Ein Besuch im Taubenschlag.

Danja Bättig steht in ihrem Taubenschlag wie jeden Tag. Schneeweisse Hochzeitstauben flattern umher, daneben brüten blaue und bunte. Die Indische Pfautaube mit ihrem imposanten Federkleid rührt sich hingegen nicht vom Fleck, als wolle sie zeigen, wie schön sie ist. Danja ist 20 und züchtet Brieftauben, seit sie neun Jahre alt ist. Mittlerweile besitzt sie 30 Tauben, neu auch eine Kunstflugtaube. Sie ist gespannt, ob sie die Spirale und den Mehrfachüberschlag in der Luft tatsächlich macht, wenn sie sie fliegen lässt. «Die Kunststücke am Himmel sind ihr Balzverhalten», erklärt sie.

Schon Danjas Götti war ein Vogelnarr. Er züchtete Brieftauben und vermietete Hochzeitstauben, bis er aus Zeitgründen damit aufhörte. Danja war derart fasziniert von den Tieren, ihrer Intelligenz und Anmut, dass er ihr ein paar Tauben schenkte und im Garten ihres Elternhauses einen hölzernen Taubenschlag baute. Hier, in Oetwil am See, wohnt Danja mit ihren Eltern und ihren drei jüngeren Geschwistern. Sie verbringt viel Zeit mit ihren Tauben; die Vögel erkennen sie am Schritt, wenn sie sich dem Schlag nähert. Sie fressen ihr aus der Hand und setzen sich auf ihren Arm. «Sie erkennen ihren Besitzer und haben ein gutes visuelles Gedächtnis. Wenn man sie einmal verscheucht, vergessen sie das nie», sagt Danja Bättig. Die Tauben drehen ihre Runden über dem Haus, manchmal sitzen sie auch nur faul auf dem Dach. «Reiseflugtauben haben den Drang zu fliegen.» Drei Jahre war sie im Taubensport aktiv und setzte ihre Vögel auf Wettflügen ein. Sie flogen 400 Kilometer vom deutschen Halle zurück nach Hause. Wenige kamen nie mehr heim, weil sie den Raubvögeln zum Opfer fielen. Wanderfalken, die in der Nähe brüten, seien die grösste Gefahr für Tauben. Danja musste lernen, Verluste zu akzeptieren, doch schmerzlich sei es immer, wenn eine Taube nicht mehr nach Hause komme.

Hervorragender Orientierungssinn

Seit fünf Jahren hat die 20-Jährige, die in Zürich Biologie studiert, ein neues Hobby: Sie vermietet Hochzeitstauben. Das Angebot kommt sehr gut an. «Für viele gibt es nichts Schöneres und Romantischeres, als an der Hochzeit Tauben fliegen zu lassen», stellt sie fest. Meistens sind es zwei weisse – symbolisch fürs Brautpaar – oder auch mehrere weisse und blaue in den klassischen Züri-Farben. Auf Wunsch mit einer original Armee-Brieftaubenkapsel, die am Ring der Taube befestigt wird. Auf diesem Weg lässt sich eine persönliche Nachricht oder eine Liebesbotschaft in den Himmel schicken. Danja vermietet ihre Tauben für Hochzeiten, aber auch für Konfirmationen oder Taufen, als Symbol der Liebe und des Friedens. «Viele haben ein schlechtes Bild von Stadttauben.» Die Leute regen sich über ihren Kot auf und stören sich an ihrem Gurren. Doch wie viele Fluchttiere, sagt Danja, würden auch Tauben massiv unterschätzt. Sie seien in der Lage, Muster und Bilder zu erkennen, ausserdem verfügen sie über einen hervorragenden Orientierungssinn. «Vögel sind sehr intelligente Tiere. Krähen zum Beispiel sind Affen in vielen kognitiven Bereichen überlegen.»

Danja Bättig zieht ihre Hochzeitstauben – es sind Reisebrieftauben – eigenhändig auf und trainiert sie. Die Tiere finden den Weg immer zurück zu ihr, egal, wo man sie fliegen lässt. Brieftauben verfügen über eine innere Uhr und orientieren sich am Sonnenstand sowie am Erdmagnetfeld. Wie es ihnen jedoch genau gelingt, nach Hause zu finden, darüber zerbrechen sich Forscher noch immer den Kopf.

Derzeit schlüpfen die Jungen. Danja nimmt die Küken in die Hand, streichelt sie behutsam; sie sind einen Tag alt – blinde Winzlinge. «Es ist ein schönes Gefühl, mitzuerleben, wie immer wieder neues Leben entsteht», betont sie. Schon tags darauf wird sich das Gewicht der Vögel verdoppelt haben. Aufgrund der fetthaltigen Kropfmilch der Tauben wachsen sie sehr schnell. In den ersten Tagen sind sie anfälliger für Krankheiten, doch einmal erwachsen, sind sie robust. Danjas älteste Taube ist zwölf; die Tiere können aber schon mal über 20 Jahre alt werden, vorausgesetzt, man lässt als Besitzer höchste Vorsicht walten. Die Tür des Vogelschlags muss geschlossen werden, damit der Fuchs die Vögel nicht holt – oder die eigene Katze. Und um zu verhindern, dass keine fremden Tauben in den Schlag fliegen, denn diese seien oft krank und könnten ihre Tauben anstecken.

Die Vögel kreisen am Himmel über dem Brautpaar – wie inszeniert und einstudiert – und fliegen dann im Schwarm davon, zurück nach Oetwil am See in ihren Heimatschlag. Zurück zu Danja, die sich jedes Mal aufs Neue freut, wenn sie in den Himmel blickt und ihre Tauben heimkommen sieht. Und die Nachbarn sagen hört: «Ach, wie schön, da kommt sie wieder, unsere Patrouille Suisse.»

danja.baettig@uzh.ch

hochzeitstaube.jimdo.com

 

 

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