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Porträt

Der Dirty Dancer gibt ein Heimspiel

Von: Ginger Hebel

03. Juni 2014

Luciano Mercoli ist der einzige Schweizer bei «Dirty Dancing». Er ist Ensemblemitglied und als Zweitbesetzung in der Hauptrolle des Johnny zu sehen.

Noch sind die Publikumsränge leer, die Abendshow beginnt erst in einigen Stunden; doch die Bühne bebt, das 28-köpfige Ensemble probt – Cha-Cha-Cha, Mambo, Merengue und mittendrin: Musicaldarsteller Luciano Mercoli. Der 26-Jährige ist der einzige Schweizer, der bei «Dirty Dancing» mittanzt.

Die Show gastiert derzeit im Theater 11. Lampenfieber kennt Luciano Mercoli kaum noch. «Ich renne auf die Bühne und geniesse es total.» Er ist Ensemblemitglied sowie eine der beiden Zweitbesetzungen für die Hauptrolle des Johnny. Er springt ein, wenn der Hauptdarsteller Maté Gyenei frei hat – im Schnitt an zwei Tagen pro Monat – oder krank ist. Luciano Mercoli kann kaum erwarten, bis er in Zürich den Tanzlehrer Johnny Castle spielen und sein Baby verführen darf. «Die Rolle ist eine grosse Herausforderung, tänzerisch, aber auch aus schauspielerischer Sicht.»

Luciano Mercoli wuchs in Oerlikon auf. Als Vierjähriger sah er zum ersten Mal das Musical «Cats». Er erinnert sich, wie begeistert und fasziniert er damals war. Als sein älterer Bruder den Weg zum Musical­darsteller einschlug, war das für ihn Ansporn genug. Er besuchte die Ballettschule des Zürcher Opernhauses sowie die Tanz-Theater-Schule und wäre schon mit sechzehn gerne nach Hamburg gegangen – in die Stadt der Musicals – doch er absolvierte zuerst eine Ausbildung zum Bewegungsschauspieler an der Theaterschule Comart in Zürich. Endlich volljährig geworden, zog er in den Norden und liess sich zum Musicaldarsteller ausbilden. «Wenn man auf den grossen Bühnen auftreten will, muss man ins Ausland», sagt Luciano Mercoli.

Nach seiner Ausbildung heuerte er auf einem Kreuzfahrtschiff als Tänzer und Sänger an, bald folgten die ersten Auftritte auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Er spielte ­ in «Hair» mit und im Udo-Jürgens-Musical «Ich war noch niemals in New York». Das Engagement bei «Dirty Dancing» ist für ihn ein Volltreffer: «Ich mag die Musik, die verschiedenen Tanzstile, und das Partnering.»

Während des Gastspiels in Zürich leben die Ensemblemitglieder in Apartments, wo sie selber kochen können. Pasta ist für Mercoli vor einem Auftritt tabu, «die liegt schwer im Magen». Er isst viel Joghurt und Quark und Nüsse, «ungesättigte Fettsäuren sind gut, die geben Energie und Kraft für den Auftritt». Während der zweistündigen Show tanzt er praktisch unentwegt, am liebsten zum Song «Do you love me». «Die Nummer ist zwar eine der härtesten, aber die Choreografie ist toll.» Mit seinen Tanzpartnerinnen zeigt er imposante Hebefiguren. «Es steckt vor allem Technik dahinter, nicht nur Kraft», verrät er.

«Die Doppelshows hängen an»

Als Musicaldarsteller hat man montags frei, ansonsten trainiert und probt Luciano Mercoli jeden Tag, das geht ganz schön an die Substanz. «Die ersten drei Shows in der Woche klappen meist sehr gut, aber die Doppelshows am Wochenende hängen ganz schön an.» Die körperliche Anstrengung fordert ihren Tribut. «Ich spüre oft meine Gelenke, die Knie, die Sehnen.» Vor ein paar Jahren hat er sich während des Trainings sogar das Bein gebrochen.

Bis Ende Juni gastiert das Musical in Zürich, dann gehts weiter nach Köln, Wien, Bremen und München. Luciano Mercoli wohnt seit einigen Jahren in Hamburg, doch während der Tournee lebt er aus dem Koffer und mit den anderen Cast-Mitgliedern auf engem Raum. Sie ersetzen ein Stück weit Familie und Freunde, für die kaum Zeit bleibt, wenn man immer weiter reist. «Bei dieser Show klebt man zusammen. Man muss sich anpassen können, um in eine solche Truppe reinzupassen, aber es ist trotzdem wichtig, dass man eigenständig bleibt.»

Freie Stunden verbringt er am liebsten draussen an der Sonne oder er kocht für Freunde, er mag es ruhiger, ein Clubgänger war er noch nie. «Es sagt mir nichts, ich tanze lieber auf der Bühne.»

Die «Dirty Dancing»-Tour läuft bis nächsten Februar. Wie es für ihn danach weitergeht, steht noch in den Sternen. «Es ist schwierig, sich für eine neue Rolle zu bewerben, wenn man auf Tournee ist.» Bis jetzt hatte er immer Glück und musste nie lange auf ein neues Engagement warten. Immer wird er diesen Beruf jedoch nicht ausüben können, da macht sein Körper nicht mit. Aber er hat schon einen Plan B: eine Ausbildung im Bereich Massage oder Physiotherapie.

Aktuell ist «Dirty Dancing» sein Leben. «Ich darf jeden Tag tanzen und ab und zu der Johnny sein. Ich geniesse das sehr.» Tanzen im Scheinwerferlicht, die Blicke des Publikums auf sich gerichtet, und wenn der Song «Time of my Life» erklingt, dann wird klar, dass er sie gerade hat: die Zeit seines Lebens.

Dirty Dancing – Das Original Live on Tour, bis zum 29. Juni im Theater 11. www.musical.ch

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