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Porträt

Darko Soolfrank: "Ich bin nicht narzisstisch veranlagt. Die Bühne gehört den Stars." Bild: Nicolas Aebi

Der smarte Kämpfer von Zürich-West

Von: Ginger Hebel

10. September 2013

Darko Soolfrank ist der Co-Gründer der Maag-Halle und Veranstalter mit Leib und Seele. Die Zukunft der Event Hall ist ungewiss, doch Soolfrank ist ein Optimist.

Darko Soolfrank wirbelt in der Maag-Halle umher, smart gekleidet in Jeans, Hackett-Shirt und Kittel. Gedanklich befindet er sich schon in der Zukunft, bei Shows und Konzerten, die bald in der Maag-Halle zu erleben sein werden. Gestern in Hamburg, morgen in Edinburgh; je länger, desto mehr arbeitet er überall auf der Welt, besucht Veranstaltungen, obwohl die Fliegerei ihm keinen Spass macht, aber der Job. «Es ist wichtig zu sehen, was die Konkurrenz macht, Ideen zu sammeln und laufend neue Projekte anzudenken.»

Vor elf Jahren hat Darko Soolfrank mit seinem Geschäftspartner Guido Schilling die Maag-Event-Hall im Kreis 5 gegründet. In den letzten Jahren war er verantwortlich für Fremd- und Eigenproduktionen wie «Ballet Revolution», «The Bar at Buena Vista» und erst kürzlich «Swanlake Reloaded» und lieferte die Idee zum circensischen Spektakel «Cyclope» und Frau Gerolds Garten, welcher letzten Sommer eröffnet wurde. Mit über 500 Veranstaltungen und 320 000 Besucherinnen und Besucher jährlich ist die Maag-Halle nach dem Hallenstadion das grösste Kulturzentrum Zürichs. Den Gründern ist es gelungen, ein wirtschaftlich erfolgreiches Unternehmen ohne Fremdfinanzierung und Subventionen aufzubauen. «Das funktioniert, weil wir neben Theaterproduktionen auch Konzerte und Events veranstalten und einen Club betreiben. Theater alleine wäre unheimlich schwierig.» Dank der Maag-Halle hat Zürich-West einen Aufschwung erlebt. «Ein Theater neben der Hardbrücke war Anfang 2000 ein Wagnis. In den Köpfen vieler galt dieses Quartier als grau und gefährlich. Wir sind stolz darauf, dass wir der Publikumsmotor des Kreis 5 geworden sind», sagt Darko Soolfrank.

Als Junge wurde er oft unterschätzt

Seine Eltern, ein deutscher Vater und eine slowenische Mutter, emigrierten 1963 in die Schweiz, nach Uster. Er arbeitete als Schlosser, sie als Krankenschwester, beide wollten nur für begrenzte Zeit in der Schweiz bleiben, doch dann lernten sie sich kennen und lieben – und blieben. Darko – ein Einzelkind – war ein eher unscheinbarer Junge, der sich nicht in den Vordergrund drängte, deshalb wurde er auch oft unterschätzt. «Ich war immer einer, der zuerst die anderen hat reden und machen lassen und dann aus dem Windschatten hervortrat. Damit bin ich immer gut gefahren.» Seine Eltern wollten, dass er etwas Solides lernte, und so gab er ihrem Wunsch nach und machte eine Banklehre, obwohl er lieber Skilehrer geworden wäre.

Mit 25 gelang ihm der Quereinstieg in die Kulturbranche. Für den Verband der Gleitschirm- und Deltapiloten organisierte er schon vorher Wettkämpfe und Veranstaltungen – das Organisieren lag ihm immer. Während einer Weiterbildung zum Marketingplaner lernte er seinen heutigen Geschäftspartner kennen. Dessen Nachbar komponierte damals ein Musical für eine Gewerbeausstellung und suchte jemanden, der ihn bei der Umsetzung unterstützte. Schilling willigte ein, später kam auch Soolfrank hinzu. 1995 brachten sie das Musical ­«Space Dream» auf die grosse Bühne in einer speziell umgebauten Halle der ABB in Baden. Das Musical funktionierte so gut, dass ans Aufhören gar nicht mehr zu denken war, darum suchten sie nach Ablauf der Zwischennutzung in Baden einen Standort für künftige Showproduktionen. Sie fanden die alten Fabrikhallen an der Hardstrasse, wo früher Zahnräder produziert wurden, und bauten sie um. 2002 eröffneten sie die Maag-Halle mit der Eigenproduktion «Deep».

Erfolg macht selbstbewusst. Soolfrank aber ist auf dem Boden geblieben. Wenn die Zuschauer den Künstlern im Scheinwerferlicht applaudieren, bleibt er im Hintergrund, unbeobachtet. «Ich bin nicht narzisstisch veranlagt. Die Bühne gehört den Stars.» Oft setzt er sich aber als Zuschauer ins Publikum, eine Wertschätzung gegenüber den Künstlern, die er gerne erbringt. Er hat nicht mitgezählt, wie viel mal er die Erfolgsproduktion «Ewigi Liebi» von den 906 Vorstellungen gesehen hat. «Aber 105-mal, wie der Rekordhalter, so viel war es nicht.» Nach 20 Jahren in dieser Branche weiss er, wie der Hase läuft; trotzdem ist er vor jeder Premiere nervös. «Das Publikum entscheidet, ob Daumen hoch oder runter, da interessiert es niemanden, ob man Millionen investiert hat.» So war die erste Eigenproduktion in Zürich auch nicht so erfolgreich, wie sie sich erhofft hatten, und auch der Film «Die Schweizermacher» lag in der Musicalversion unter den Erwartungen. «Nach diesen Erfahrungen wissen wir, wie wir aus Krisen herauskommen. Das macht Mut.»

Darko Soolfrank hat ein Feeling dafür, was den Leuten gefallen könnte. «Das Publikum unterscheidet sich. Die Welschen sind poetischer veranlagt als die Deutschschweizer. Der Zürcher selbst wird immer internationaler. Wegen der vielen Expats sind Tanzproduktionen heute sehr gefragt. Sie funktionieren ohne Sprache – Tanz und Musik verstehen alle», sagt er. Er verbringt – wie viele – mehr Zeit bei der Arbeit als daheim bei der Familie, dennoch stehen seine Frau und seine zwei Töchter an erster Stelle. Diesen Sommer hat er sich drei Wochen Familienferien gegönnt, doch richtig abschalten fällt ihm schwer. «Wer gut schlafen will, der sollte etwas anderes machen. Das sage ich allen, die in die Unterhaltungsbranche einsteigen wollen – sie ist unberechenbar und kennt keine Wochenenden oder Feiertage.» Er hat nie Karrierepläne geschmiedet, sondern immer auf seinen Bauch gehört. Doch für ihn war es der richtige Weg.

Die Zukunft der Maag-Halle ist ungewiss

2015 läuft der Mietvertrag mit dem Immobilienunternehmen Swiss Prime Site, das auch den Prime Tower betreibt, aus. In wenigen Tagen finden die Verhandlungen statt. Soolfrank ist zuversichtlich. «Viele Betriebe rundherum profitieren von uns, die Restaurants, die Bars, auch die im Prime Tower. Wir wollen eine Lösung finden.» Im Frühling 2015 entstehen mit dem Maaghof-Ost weitere Wohnungen auf dem Areal, ideal wäre daher ein langfristiger Vertrag. Soolfrank und sein Team haben bereits ein Konzept ausgearbeitet, wie sie die Halle umbauen könnten, damit der Lärm die künftige Anwohnerschaft nicht stört. Doch so ein Umbau würde erneut viel Geld kosten, und auch in Zukunft müssten sie ohne finanzielle Unterstützung von der Stadt auskommen. «Wir sind von der Lust getrieben – das ist ein gutes Zeichen. Dann macht es auch nichts, wenn man länger arbeiten muss als andere.»

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