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Porträt

Sie plant gerne und behält auch in hektischen Zeiten den Überblick: Jeannette Herzog ist ab Januar 2020 die neue Geschäftsführerin des Züri-Fäscht. Bild: GH

Frauenpower für das grösste Fest der Schweiz

Von: Ginger Hebel

20. August 2019

Züri-Fäscht: Es war das letzte Fest unter der Leitung von Roland Stahel, der sein Amt nach 35 Jahren in Frauenhände gibt. Jeannette Herzog arbeitet seit Jahren für die Stadt Zürich. In den neuen Job bringt sie ihr Herzblut ein.

Das Züri-Fäscht ist vorbei, nicht aber für die Organisatoren. Für sie heisst es: Nach dem Fest ist vor dem Fest. «Jetzt geht es darum, zu analysieren und zu planen, was wir beim nächsten Mal besser machen können», sagt Jeannette Herzog vom OK Züri-Fäscht. Sie zieht eine positive Bilanz: «Ich bin dankbar, dass es uns gelungen ist, ein tolles Fest in dieser Dimension ohne Zwischenfälle auf die Beine zu stellen.» Mit 2,5 Millionen Besucherinnen und Besuchern verzeichnete das Züri-Fäscht einen Rekord. «Der entscheidende Faktor ist immer das Wetter. Wenn es gut ist, kommen mehr Leute», sagt Jeannette Herzog.

Die Organisatoren machen bewusst keine Werbung fürs Fest, auch nicht im Ausland. Doch weil die Bevölkerung stetig wächst, müsse man das Festareal den Bedürfnissen anpassen und schauen, wie man die Besucherströme gefahrenlos leiten könne.

Organisieren liegt ihr im Blut

Jeannette Herzog arbeitet seit fünf Jahren als Projektleiterin fürs Züri-Fäscht und übernimmt ab 1.1.2020 die Gesamtleitung. Sie tritt in die Fussstapfen von «Mister Züri-Fäscht» Roland Stahel, der seinen Job 35 Jahre ausübte. «Er kennt jedes noch so kleine Detail und hat eine immense Erfahrung», gibt Jeannette Herzog anerkennend zu. Die 45-Jährige freut sich auf die Herausforderung. «Wir Frauen haben oft die Tendenz, abzuwägen, ob wir auch wirklich alles können, bevor wir zu einer neuen Aufgabe Ja sagen.»

Sie kennt ihre Stärken, bezeichnet sich selber als strukturiert. Das Organisieren liegt ihr im Blut. «Es ist keine Pflicht für mich, ich mache es auch privat gerne.» Nach einer kaufmännischen Lehre in einem Hotel führte ihr beruflicher Weg über Zürich Tourismus, die Freddy Burger Management Group und schliesslich über leitende Stellen in der Informatik und bei der Stadtverwaltung Bülach. Daneben bildete sie sich berufsbegleitend zur Expertin in Organisationsmanagement weiter und absolvierte Ausbildungen in Management und Leadership an der ZHAW.

Sie behält auch in hektischen Zeiten den Überblick. «Ich möchte es am liebsten allen recht machen.» Bei einem Grossanlass wie dem Züri-Fäscht ist dies hingegen ein Ding der Unmöglichkeit. «Ich bin mir bewusst, dass es immer Leute gibt, die dieses und jenes nicht gut finden. Manchmal tue ich mich schwer damit, weil ich mein Herzblut in den Job stecke.»

Ein Ärgernis am Züri-Fäscht 2019: die Abfallberge. 250 Tonnen Bierbecher, Plastikteller und Servietten sind auf den Wiesen rund ums Seebecken und in der Innenstadt liegen geblieben. Gemäss Stadtrat Richard Wolff eindeutig zu viel. Er schlägt ein neues Abfallkonzept vor. Ein System mit Mehrweggeschirr und Depot. Jeannette Herzog findet die Kritik gerechtfertigt. «Das sind Bilder, die auch wir als Organisatoren nicht sehen wollen.» In den nächsten Wochen und Monaten stehen Sitzungen mit ERZ und der Stadtregierung an, um Lösungen fürs Abfallproblem zu finden. Sie freut sich bereits heute auf das Züri-Fäscht in drei Jahren.

Mit dem gesellschaftlichen Wandel würden völlig neue Aufgaben auf die Organisatoren zu kommen. «Vor zehn Jahren waren Abfalltrennung, CO2, Feinstaub und 24-Stunden-Gesellschaft noch eher Fremdwörter. Künftig müssen wir uns mit diesen Themen vertieft befassen», sagt Herzog. Das Budget fürs Züri-Fäscht 2022: Ca. 8 Millionen Schweizer Franken. Es ist ihr Anspruch, die hohe Qualität und auch das Bewährte beizubehalten. Attraktionen wie Flugshows und Feuerwerke seien wichtig für ein Volksfest, trotz CO2-Emissionen. «Nur gar kein Fest verursacht weder Lärm noch Feinstaub. Unsere Auftrag­geberin ist die Stadt Zürich, und unser Ziel ist es, der Bevölkerung ein schönes Fest zu bieten.»

Familienpflichten aufteilen

Jeannette Herzog lebt mit ihrer Familie in Niederglatt ZH. Nach der Geburt ihres ersten Kindes blieb sie ein Jahr zu Hause, «doch ich merkte schnell, dass mir etwas fehlte». Sie kehrte langsam ins Berufsleben zurück. Ihr Sohn ist mittlerweile 13, die Tochter 17 Jahre alt. Durch ihre Kinder weiss sie, was die Jugend bewegt, auch im Bereich der Digitalisierung. So seien die mobilen Handy-Ladestationen der Renner am Züri-Fäscht gewesen. «Die Leute wollen heute von überall Fotos machen. Sie hatten die Möglichkeit, ihre Geräte in jeder Festwirtschaft aufzuladen, das scheint ein grosses Bedürfnis zu sein.»

Neben dem Züri-Fäscht organisiert sie auch den Zürcher Silvesterzauber. «Ich mag Zürich sehr, besonders die Lage, aber auch das kulturelle Angebot.» Ihre Tage seien oft sehr lang. «Doch wenn man etwas gerne macht, dann hat man automatisch mehr Energie», ist sie überzeugt. Ihr Mann arbeitet als Bauführer. Für beide sei immer klar gewesen, dass sie sich die Kinderbetreuung aufteilen möchten. Auch auf die Unterstützung der Grosseltern konnten sie immer zählen. Ihr Rat an andere Frauen, die Familie und Beruf unter einen Hut bringen möchten: «Vertrauen haben, dass es gut kommt und man es kann.»

Das nächste Züri-Fäscht findet vom 1. bis zum 3. Juli 2022 statt.

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