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Porträt

Gastrounternehmer Sigi Huber (links) hat im Film «Der Büezer» einen kurzen, aber umso nachhaltigeren Gastauftritt. Die Szene spielt in seinem Restaurant Biergarten im Kreis 4. Mit dabei ist Schauspieler Andrea Zogg als Walti (Rechts). Bild: Hans Kaufmann

Hier lacht auch das Milieu

Von: Jan Strobel

14. August 2019

Unter den Zürcher Gastronomen ist Sigi Huber legendär. Der 63-Jährige führt unter anderem das Restaurant Biergarten mitten im berüchtigten «Bermudadreieck». Jetzt hat es Sigi Huber auch auf die Kinoleinwand geschafft. Im Film «Der Büezer» mit Joel Basman, der am 12. September in der Deutschschweiz startet, gibt er die Kunst zum Besten, für die er berühmt ist: Das Witze erzählen.

«Ich muss dir mal den Huber vorstellen, der heisst nämlich gleich wie du», sagt Walti zu Sigi, die beide gerade im Restaurant Biergarten im Kreis 4 sitzen und sich eine Stange nach Feierabend genehmigen. Noch ehe die beiden von ihren Gläsern aufblicken, steht er schon da, Sigi Huber, der Wirt des Biergartens im «Bermudadreieck» an der Hohlstrasse und gibt einen Witz zum Besten: «Kam einer aus den Ferien in Brasilien zurück, da fragt ihn der Chef: Wie hat es Ihnen gefallen in Brasilien? Sagt der andere: In Brasilien gibt es nur gute Fussballspieler und Prostituierte. Darauf der Chef: Sie wissen aber schon, dass ich mit einer Brasilianerin verheiratet bin? – Ja was? In welcher Mannschaft hat sie denn gespielt?»

Diese kurze Szene mit Walti, Sigi und Sigi ist eigentlich fiktiv, sie ist Teil des Spielfilms «Der Büezer» des Zürcher Regisseurs Hans Kaufmann, der am 12. September in den Deutschschweizer Kinos startet. Walti wird in diesem Drama von Andrea Zogg gespielt, den jungen Sanitärtechniker Sigi auf Sinnsuche verkörpert Joel Basman («Tagblatt» vom 29. Mai). Und was ist mit Sigi Huber? «Sigi Huber wird von Sigi Huber gespielt», sagt der Beizer und lacht dabei sein bübisches Huber-Lachen. Zu seinem kleinen Gastauftritt in diesem Film sei er wie die Jungfrau zum Kind gekommen. «Das war alles vollkommen improvisiert, ich habe mich überhaupt nicht verstellt. Die Filmszene ist also gar nicht so fiktiv. Du musst einfach immer so sein, wie du bist, das habe ich gelernt im Lauf meines Lebens», meint der 63-Jährige.

Legendäres «Witzbüechli»
Ein Film, in dem der Chräis Chäib die Bühne abgibt, funktioniert ohne das legendäre und berüchtigte «Bermudadreieck» natürlich nicht. Seine Fixpunkte sind das Restaurant Sonne, das ehemalige Hotel Regina, das Chilli’s und eben auch Sigi Hubers Restaurant Biergarten, wo sich Anwälte, Richter und das Milieu quasi am selben Tisch wiederfinden. So mancher hat sich in diesem Dreieck verloren in den Abgründen der Nacht und der Begierden. Aber Sigi Huber stellt dem seinen Humor und seine Gelassenheit wie Dämme entgegen. Er ist sozusagen eine Wärmequelle, wenn es einem mal etwas kalt ums Herz wird und ein Witz, begleitet von einer Stange und einer Wurst, genau das Richtige ist. Sigi Huber gilt nicht umsonst als der «lustigste Beizer von Zürich». Legendär sind seine «Witzbüechli», die er zusammen mit Milieu-Anwalt, Biergarten-Stammgast und Busenfreund Valentin Landmann herausgegeben hat. Dazu kam später auch noch eine Witze-CD.

«Ich habe in meiner inneren Abrufliste an die 2000 Witze parat», sagt Sigi Huber. «Leute schicken mir immer wieder Mails mit Witzen, und ich ändere die dann manchmal etwas ab. Ein guter Witz muss kurz und darf möglichst nicht unter der Gürtellinie sein. Du musst es können, oder du kannst es eben nicht. Ich hatte immer schon eine Begabung, die Leute zu unterhalten, schon als Bub. Meine Mutter  meinte immer, ich hätte das von meinem Vater.»

Sigi Huber wuchs zuerst in Adliswil auf einem Bauernhof auf, dann zog die Familie ins Toggenburg. Später hielt den jungen Mann nichts mehr auf dem Land. 1978 zog er in die Stadt Zürich ins Langstrassenquartier, wo es damals zwar noch etwas beschaulicher, aber dennoch schon ziemlich rau zu und her ging. «Es gab damals noch kleine Italiernerlädeli, Coiffeure, die Metzgerei an der Schöneggstrasse, Bäckereien und Beizen, die längst verschwunden sind», erinnert er sich. Und natürlich gab es die Bikerszene, das Milieu. Sigi Huber, in seiner Wohnung oberhalb der ebenfalls verschwundenen Stray Cats Bar, war mittendrin. «Das war eine richtige Rockerbeiz, da standen immer 20 oder 30 Harleys vor dem Lokal.» Die Bikerszene wurde eine Heimat für ihn, und sie ist es bis heute geblieben.

1983 stieg Huber selbst ins Gastrobusiness ein, zuerst beim Biervertrieb von David Tobler, der das Restaurant Biergarten 1972 gebaut hatte. Noch heute bezeichnet Sigi Huber seinen damaligen Geschäftspartner als «Ziehvater». Die Firma florierte, sie besass zu ihren besten Zeiten an die 70 Restaurantbetriebe in Zürich, Winterthur oder Basel. «Das Geld sass in den 1980er-Jahren noch etwas lockerer als heute, auch bei den Gästen», sagt Sigi Huber. 1992 übernahm er schliesslich den Biervertrieb von David Tobler. Heute gehören Huber noch 14 Restaurantbetriebe, das Restaurant Biergarten läuft seit dem 1. Januar auf ihn allein. Daneben vermietet er auch das Calvados am Idaplatz oder das Restaurant Kornhaus beim Limmatplatz. Am Rand der Winterthurer Altstadt wiederum gehört Sigi Huber die Chnelle 3, die zur Institution der Rocker und Biker wurde und von Sigi Hubers Ex-Partnerin Eveline Bader betrieben wird.

Im Zürcher Kreis 4 hat der Gastronom gerade den Kaufvertrag für ein weiteres Lokal unterschrieben. Sigi Huber wird die After Dark Bar an der Ankerstrasse übernehmen, einen Katzensprung von seinem Biergarten entfernt. «Ich wollte verhindern, dass in dieses Lokal ein weiterer 24-Stunden-Shop einzieht», sagt er. «Das After Dark soll eine Apéro-Bar werden. Jetzt muss ich noch einen geeigneten Mieter finden.» Sigi Huber spricht auch als Präsident des Gewerbevereins Zürich Vier, das Amt hat er seit drei Jahren inne. Es geht ihm darum, den Charakter des Langstrassenquartiers ein Stück weit zu bewahren und es nicht gänzlich dem Take-away- und Partykonsum zu überlassen. Wenn im Quartier die «Stunde der Idioten» zwischen drei und sechs Uhr morgens schlägt, vergeht selbst einem wie Sigi Huber manchmal das Lachen.

In solchen Momenten ist es wieder Zeit für einen Witz. Und Sigi Huber hat selbstverständlich noch einen im Köcher: «Kommt einer in eine Eisenwarenhandlung und sagt: Ich hätte gerne ein Pack Nägel. Sagt der Verkäufer: Wie lang? Sagt der andere: Wieso, kann man die mieten?»   

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