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Porträt

Aktuell steht Walter Andreas Müller alias WAM mitten in den Proben für die grosse Weihnachtsshow Comedy Christmas. Bilder: Nicolas Y. Aebi

"Ich habe nicht den Ehrgeiz, im Zentrum stehen zu müssen"

Von: Ginger Hebel

03. November 2015

COMEDY CHRISTMAS: Walter Andreas Müller, einer der vielfältigsten Schauspieler der Schweiz, tritt ab 21. November in der Show «Comedy Christmas» in der Maag-Halle auf. Im Gespräch mit dem «Tagblatt» spricht er über das Alter, die Karriere und das, was ihn glücklich macht.

Glücklich ist er, wenn er auf der Bühne steht. Dabei ist Walter Andreas Müller alias WAM keiner, der sich in den Mittelpunkt drängt. «Ich habe nicht den Ehrgeiz, im Zentrum stehen zu müssen.» Das sei mit ein Grund gewesen, warum er an seinem 70. Geburtstag im September keine grosse Sause schmiss, sondern mit seinem Partner auf der Blumeninsel Madeira feierte. «Ich wollte dem Rummel entgehen», sagt WAM. Auch wollte er vermeiden, dass sich sein Haus in einen Friedhof verwandelt, wenn alle Blumen bringen. Schon in jungen Jahren war er nie ein Partylöwe gewesen, er hat keinen einzigen seiner Geburtstage ­gefeiert. Gefeiert hat man hingegen ihn. Im Bernhard-Theater fand anlässlich zu seinem Siebzigsten eine Geburtstags-Matinee statt. «Es war sehr stimmungsvoll und rührend», resümiert WAM. Regisseur Dominik Flaschka wollte ihm sogar eine WAM-Man-Show anbieten, doch er winkte ab. «Mir fehlt das Vertrauen in mich, einen Abend allein zu bestreiten.» Er bevorzugt es, ein gutes Ensemble um sich zu haben, so wie bei der Weihnachtsshow ­«Comedy Christmas», für die er ab 21. November bis Ende Jahr in der Maag-Halle als ­Parodist auf der Bühne stehen wird; neben Showgrössen wie Swisspäck, Helga Schneider und Lapsus.

 

Walter Andreas Müller gehört zu den vielseitigsten Künstlern der Schweiz. Er geniesst eine grosse Bekanntheit bei Jung und Alt, was sich damit erklären lässt, dass er breit gefächert tätig ist. Seit 1975 ist er freischaffender Schauspieler, Kabarettist, Radiomoderator, Imitator und Parodist. Wenn man ihn fragt, welche die schönste Produktion seines Lebens war, dann tut er sich schwer damit, eine bestimmte hervorzuheben, weil er dabei Gefahr läuft, eine andere abzuwerten. Die Sitcom «Fascht e Familie» war eine seiner erfolgreichsten Produktionen, an diese Zeiten denkt er gern zurück, aber auch die Rolle im «Endspiel» von Beckett, wo er mit Jörg Schneider auf der Bühne stand, wird ihm unvergessen bleiben. «Die Vor­führung hatte keinen grossen Erfolg beim Publikum, weil es niemanden so richtig interessiert, dass wir auch ernste Schauspieler sind und waren, aber die Arbeit war wunderbar», betont WAM. Das ist die Kehrseite der Medaille, wenn es denn eine gibt: Man stempelt ihn oft und gern als Parodisten ab und bemängelt seine Glaubwürdigkeit in ernsten Rollen; «ich habe darum nie wirklich beim Film Fuss gefasst», sagt WAM, der allerdings gut mit dieser Tat­sache leben kann. Beruflich läuft es für ihn nach wie vor rosig: Nächstes Jahr wird er in zwei grossen Musicals zu sehen sein, auch ein neues Globi-Hörspiel wird erscheinen. «Ich möchte so lange arbeiten, wie Körper und Geist mitmachen.»

Immer noch Lampenfieber

Das Alter, sagt Walter Andreas Müller, sei für ihn nie von besonderer Relevanz gewesen. Er fühle sich nicht wie 70, sondern eher wie 45. «Man merkt, dass man älter wird, wenn einem etwas wehtut. Ich fühle mich glücklicherweise fit.» Seine gute körperliche Verfassung schreibt er primär seinem Beruf zu, der ihn beflügelt und antreibt. Schauspieler zu werden, war sein Bubentraum, und noch heute ist sein Beruf sein liebstes Hobby. «Als Schauspieler wird man nicht pensioniert, das ist ein Vorteil. Es wird immer Produktionen geben, bei denen ein alter Mann oder ein Grossvater gebraucht wird, den man spielen kann.» Und trotzdem: In der heutigen schnelllebigen Zeit ist es kein einfaches Unterfangen, sich mit dem Älterwerden zu arrangieren. Junge, talentierte Menschen kommen nach und ziehen die Aufmerksamkeit auf sich. Walter Andreas Müller kannte sie früher auch, Momente der Eifersucht, Situationen, in denen er sich hintersinnte, wenn ein Kollege einen Job an Land zog, den er vielleicht auch gern gehabt hätte, weil man oft das will, was andere haben. WAM hat längst aufgehört, Vergleiche zu ziehen. «Mit siebzig muss man nicht mehr mithalten.» Gern sieht er die Darbietungen seiner Parodistenkollegen wie Michael Elsener oder Fabian Unteregger, «es freut mich, dass neue Leute nachkommen, ich kann das geniessen.»

Die Menschen lieben WAM für die Art, wie er Christoph Blocher und Moritz Leuenberger imitiert, Trudi Gerster und Vreni Schneider. Obwohl er sein Genre beherrscht, hat er nie aufgehört, hohe Ansprüche an sich selbst zu stellen. «Ich muss mit neuen Parodien immer besser sein als die Jahre zuvor, und das erzeugt immer wieder aufs Neue Lampenfieber», gesteht er. Aktuell steckt WAM mitten in den sechswöchigen Proben für die grosse «Comedy Christmas»-Show in der Zürcher Maag-Halle. Es ist eine intensive Zeit, die Choreografien und Tanzeinlagen fordern ihn besonders. «Meine Auffassungsgabe war früher schneller», gibt er zu. Heute müsse er die Texte länger einstudieren und häufiger repetieren. Trotz seines Erfolgs: WAM ist auf dem Boden geblieben. E-Mails und Anfragen beantwortet er persönlich, wäscht und bügelt selber. Er gönnt sich gern ein Glas Wein zum Essen und freut sich aufs Cüpli nach der Show, mit Gästen und Bekannten. Danach zieht er sich in sein Erdhaus im Zürcher Oberland zurück. «Wenn man aus geraden, eckigen Wänden in ein rundes Haus kommt, ist das ein spezieller Moment, den ich sehr schätze.»

Walter Andreas Müller hat sich bewahrt, was viele mit dem Alter verlieren: Lebenslust und Neugierde. Er entdeckt gern neue Länder und reist jedes Jahr nach New York und nach Nizza, immer in dasselbe Hotel mit Meerblick. «Wenn ich mit einer Zigarre in der Hand auf der Promenade des Anglais sitze und aufs Meer hinausblicke, dann macht mich das unendlich dankbar und glücklich.» So glücklich, wie wenn er auf der Bühne steht und ihm der Applaus aus den Publikumsrängen entgegenschwappt und er spürt, dass den Leuten gefällt, was er macht.

Comedy Christmas: 21. November bis 31. Dezember in der Zürcher Maag-Halle.

www.comedychristmas.ch

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