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Porträt

Simge Aglamaz mit vier ihrer Kater. (Bild: Christian Saggese)

Kaffee mit Streicheleinheiten

Von: Christian Saggese

17. November 2021

Tierisch Mit dem Casa del Gato in Wiedikon hat Zürich ein eigenes Katzencafé. Fünf Kater begrüssen die Gäste bei Kaffee und Snacks. Eine Touristenattraktion soll es aber nicht werden, so die Besitzerin. 

Leonardo und Tiego sitzen in einem Café und trinken genüsslich ihr Wasser. Dabei beobachten die beiden Brüder interessiert das Treiben an den anderen Tischen. Und sie scheinen sich zu fragen: Fällt vielleicht irgendwo etwas Leckeres vom Tisch? Wessen Tasche eignet sich echt am besten als Schlafplatz? Und von wem werden wir am meisten geschmust?

Natürlich handelt es sich bei Leonardo und Tiego nicht um menschliche Gäste, sondern um zwei wunderschöne Katzen. Gemeinsam mit drei Büsikollegen leben sie im Casa del Gato, dem ersten Katzenkaffee der Schweiz. Dabei handelt es sich eigentlich um ein normales Café, nur mit dem feinen Unterschied, dass miauende Vierbeiner darin wohnen und die Gäste durch ihre Anwesenheit erfreuen.

Katzenwohl als Priorität

Gegründet wurde das Lokal, das bei der Haltestelle «Schmiede Wiedikon» steht, von Simge Aglamaz. Dabei hatte die gelernte Marketing-Fachfrau einige Monate zuvor gar nicht die Ambition, Gastrounternehmerin zu werden. Zudem mochte die 31-Jährige zwar Katzen, sie waren aber noch nicht ihr Lebensmittelpunkt. Das änderte sich durch ihren Freund: «Er war schon immer ein Katzenfreak. Als wir dann unsere ersten eigenen Büsis hatten, haben die Vierbeiner auch mein Herz im Sturm erobert», so die Wiedikerin.

Zeitgleich liefen immer wieder Dokumentationen über Katzenkaffees im Fernsehen. Diese sind insbesondere im asiatischen Raum schon länger gefragt. Dies unter anderem, weil in den dortigen Grossstädten eine grosse Anonymität herrscht, viele Menschen dadurch einsam sind und sich nach Kontakten und Nähe sehnen. Und Katzen, das weiss jeder Büsibesitzer, stehen einem immer zur Seite, unabhängig von der eigenen Befindlichkeit – solange die Vierbeiner natürlich gut behandelt werden.

Simge Aglamaz, in ihrem damaligen Beruf nicht mehr zufrieden, konnte sich nach ersten Zweifeln für die Idee eines eigenen Katzenkaffees begeistern. Sie nahm das finanzielle Risiko in Kauf, kündete ihren Job und mietete die Lokalität, inmitten der Pandemie. Nun galt es, die fünf tierischen Bewohner zu finden. «Hierfür arbeiteten wir eng mit Tierfachleuten zusammen. Das Wohlergehen der Katzen stand und steht immer an erster Stelle.» So sei es unter anderem wichtig gewesen, dass es sich um Rassen handelt, die sich als Stubentiger eignen und auch Tumult vertragen: «Ein Büsi mit einer schwierigen Vergangenheit aus einem Tierheim war daher keine Option». Letztlich fiel der Entscheid auf fünf Kater, und zwar auf zwei Britisch-Kurzhaar- und drei verbrüderte Maine-Coon-Katzen. Letztere sind übrigens wegen ihrer überdurchschnittlichen Grösse und Anhänglichkeit auch als «Hundekatzen» bekannt. Die Jungtiere lebten zuvor unter anderem in einer Männer-WG oder mit Hunden zusammen, weshalb sie sich einen etwas lauteren Lebensstil bereits gewohnt waren.

Es war ein Glücksfall, dass das Casa del Gato während des Beizen-Lockdowns öffnete, so Aglamaz: «Wir boten zur Anfangszeit nur Take-away an, Kaffee und Gebäck, und konnten so gastronomische Erfahrungen sammeln. Zeitgleich lebten sich die fünf Büsis in Ruhe in ihrem neuen Zuhause ein, welches wir immer tierfreundlicher gestalteten.» So gibt es auf den rund 80 Quadratmetern einen Innen- und einen abgesperrten Aussenbereich mit allerlei Katzenbäumen sowie ein Rückzugszimmer, zu welchem nur die Tiere Zutritt haben.

Gewisse Bereiche, wie die Küche, sind natürlich aus Hygienegründen für die Katzen ein Tabu. Auch werden die Speisen nicht serviert, sondern durch eine Scheibe den Gästen direkt übergeben.


Trostspender

Wer das Casa del Gato betritt, muss klare Regeln befolgen: So dürfen die Katzen beispielsweise nicht in den Arm genommen oder anderweitig bedrängt werden. «Eine Katze merkt selber, wem sie vertrauen kann und wem nicht», so Aglamaz. Sprich: Entweder sie kommen zu einem oder nicht. Wer gegen die Regeln verstösst, muss das Café sofort verlassen.

Glücklicherweise gibt es aber vor allem Positives zu berichten. Das Café ist begehrt, viele Stammgäste warten schon vor der eigentlichen Türöffnung auf den Einlass. «Wir haben auch viele Besucherinnen und Besucher, die bereits eine enge Verbindung zu unseren tierischen Stars aufgebaut haben. Beispielsweise Gäste, die aufgrund der Wohnsituation kein eigenes Büsi haben können. Oder Gäste, deren eigene Katze leider verstorben ist und sie nun durch Gespräche mit unseren Vierbeinern Trost finden.»

Trotz des Erfolgs soll das Casa del Gato keine Touristenattraktion werden. «Es soll ein Quartiertreffpunkt sein. Langfristig wollen wir auch Events, wie Lesungen, organisieren», lässt sich die Besitzerin in die Karten blicken.

Casa del Gato, Kehlhofstrasse 4
Mi – So, 10 bis 20 Uhr

www.casa-del-gato.ch

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