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Porträt

Arbeiten zusammen und unternehmen auch privat viel gemeinsam: Franz Türler sen. und sein Sohn Franz.

"Man muss anders sein und sich abheben"

Von: Ginger Hebel

25. August 2015

Uhrenkönig: Seit 43 Jahren im Business: Franz Türler sen. Sein Bijouterie-Geschäft ist seine Welt, seine Existenz. Der 69-Jährige spricht über Erfolg, Trends und Veränderung.

Das Erscheinungsbild der Bahnhofstrasse verändert sich laufend, doch das Geschäft Türler Uhren und Juwelen befindet sich seit 1907 am Paradeplatz wie ein Fels in der Brandung. Seit 43 Jahren führt Franz Türler sen. das Traditionsunternehmen in vierter Generation. Es ist sein Leben, seine Existenz. «Ich war oft mehr hier als zu Hause», gibt er zu. Viele seiner Kunden sind Stammgäste, er kennt ganze Generationen persönlich. Man trifft sich längst nicht mehr nur in seinem Bijouterie-Geschäft, sondern auch privat. «Ein gutes Netzwerk ist wichtig», sagt Türler. Und das will gepflegt sein. Socializing heisst sein Zauberwort.

Die Schweiz ist weltweit bekannt für wertvolle Uhren von hoher Qualität. Rund 50 Uhrenfachgeschäfte gibt es in Zürich, allein über 30 an der Bahnhofstrasse. Luxusmarken wie Omega, Cartier, Audemars Piguet, Breguet oder IWC haben hier mittlerweile ihren eigenständigen Auftritt. Sieht Franz Türler in diesen Mono-Brand-Stores eine Bedrohung oder sind sie eine Bereicherung? «Sie sind nun mal da. Konkurrenz zwingt einen dazu, sich doppelt anzustrengen. Die einen wollen den Hamburger, die anderen die Speisekarte. Das ist bei den Uhren genauso. Manche wollen eine bestimmte Marke, manche die Vielfalt, und die bieten wir», sagt Türler. Er ist überzeugt, dass es für beide Geschäftsmodelle Kundschaft gibt. Noch nicht lange ist es her, da haben Russen und Chinesen für Rekordverkäufe an der Bahnhofstrasse gesorgt, auch Türler hat davon profitiert. Derzeit bleiben viele Russen weg und auch die Chinesen seien aufgrund der Wirtschaftslage zurückhaltender. Dafür entwickelt sich das Geschäft mit den Besuchern aus arabischen Ländern zunehmend positiv. Wichtig sei die lokale Kundschaft, sie mache über 50 Prozent des Umsatzes aus. «Was immer passiert, der Schweizer ist da», sagt Franz Türler.

«Ich bin ein Evergreen»

Für ihn ist eine Uhr mehr als ein Gebrauchsgegenstand, sie widerspiegelt die Persönlichkeit. Auch deshalb schaut er den Leuten immer zuerst auf die Uhr. Er selber besitzt über ein Dutzend Uhren. Aktuell trägt er eine Eigenkreation by Alessandro Mendini – ein futuristisch anmutendes Objekt aus Meteorit; Türler mag das Spezielle. «Man muss anders sein und sich abheben, um wahrgenommen zu werden», ist er überzeugt. Eine Uhr führt einem auch die Vergänglichkeit vor Augen, denn Zeit lässt sich nicht aufhalten. Franz Türler ist jetzt 69. Macht ihm das Älterwerden Angst? «Nein», sagt er bestimmt, denn er werde nicht älter. «Ich bin ein Evergreen.» Im Januar gönnt er sich eine dreimonatige Auszeit. Mit seiner Frau wird er nach Neuseeland und Fiji reisen. «Andere machen ihr Sabbatical mit 50, ich mit 70.» Bedenken, sein Geschäft so lange alleine zu lassen, hat er keine, «mein Sohn ist ja da, der macht das gut.»

Auf dem Golfplatz schaltet er ab

Das Familienunternehmen Türler wurde 1883 in Biel – der Uhrenstadt schlechthin – gegründet. Franz Türler sen. wurde ins Uhrengeschäft hineingeboren, seine Kindheitserinnerungen sind vom Ticken der Uhren geprägt. Er wuchs in Zollikon auf, in seinem Elternhaus lebt er noch heute. Man habe ihn damals nicht gezwungen, ins Familybusiness einzusteigen, aber er wurde in diese Richtung gelenkt. «Ich habe es immer selber gewollt, aber es reicht nicht nur zu wollen, man muss auch können.» Er wählte den klassischen Weg und absolvierte die Uhrmacherschule in La Chaux-de-Fonds, mit 27 übernahm er die Geschäftsleitung. Seit zehn Jahren arbeitet auch sein 37-jähriger Sohn Franz in der Firma. Vater und Sohn stehen sich sehr nahe, sie verbringen gemeinsame Ferien und spielen beide leidenschaftlich gerne Golf. «Mein Sohn spielt leider viel besser als ich, das nervt mich manchmal.»

Franz Türler besucht viele Messen im In- und Ausland, um am Ball zu bleiben, und organisiert seit 20 Jahren immer im Frühling die Messe nach der Messe für alle, die der Baselworld und der Genfer Uhrenmesse keinen Besuch abstatten konnten. Er informiert seine Kunden persönlich über die Neuheiten auf dem Markt. «Bei Schmuck ist es wie in der Mode, es gibt immer neue Trends.» Farbsteine seien derzeit gefragt, Smaragd und Turmalin, ebenso Korallenschmuck. Bei den Uhren kehre man derzeit wieder zurück zur Bescheidenheit, die Modelle seien weniger opulent als früher. Türler hat sich auch als Perlenspezialist einen Namen gemacht. Bis Ende Oktober findet im Untergeschoss des Geschäfts eine Perlenausstellung statt. Im Fokus stehen die seltenen Fiji-Kulturperlen. Durch die geringe Produktion von 20 000 Perlen pro Jahr gelten sie als besonders kostbar. Zudem bestechen sie durch ihre einzigartige Farbenvielfalt, von schimmernden Brauntönen bis hin zu leuchtendem Pistaziengrün. Die Perlen, die in Austern heranwachsen, werden im offenen Meer jahrelang gezüchtet. «Perlen sind ein wunderbar femininer Schmuck», sagt Türler. Er gehört zu jenen Männern, die ihren Frauen gerne Schmuck schenken und einen besonderen Tag honorieren. Auch wenn er feststellt, dass sich heute im Vergleich zu früher mehr Frauen selber Schmuck kaufen.

Das Bijouterie-Geschäft am Paradeplatz gleicht heute einem Hochsicherheitstrakt. Nach dem Raubüberfall im Frühling 2013, wo Schmuck im Wert von mehreren Hunderttausend Franken gestohlen wurde, hat Franz Türler das ganze Geschäft umbauen lassen. Heute passiert man eine gesicherte Eingangsschleuse, und die Schaufenster bestehen aus Panzerscheiben. «Als mein Vater vor 50 Jahren das Geschäft führte, hatten die Schaufenster dünne Glasscheiben, so etwas wäre heute undenkbar.» Im Zentrum des Geschäfts thront die wertvollste Türler-Uhr: Das Modell des Kosmos, eine astronomisch-astrologische Uhr, die über 6 Millionen Franken kostete. Franz Türler sen. hatte die Vision, eine Uhr von einzigartiger Vollkommenheit zu schaffen, die Technik, Wissenschaft und Uhrmacherkunst vereint. Jährlich kommen tausende von Besuchern vorbei, sowohl Einheimische wie auch Touristen, um sie sich anzusehen. «Sie ist auf der Welt einmalig», sagt Franz Türler, der sich jeden Tag aufs Neue freut, wenn er sie sieht.»

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