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Porträt

Von Babyfreuden und Babyblues

Von: Ginger Hebel

21. Januar 2014

 Benjamin Styger und Sabine Styger-Matz sind vor einem Monat Eltern von Sophie Katharina geworden. Ihr Töchterchen kam im Triemlispital zur Welt. Das «Tagblatt» hat die junge Familie in den ersten Wochen begleitet.

 

 

Fast wäre es ein Christkind geworden. Nach 18 Stunden Wehen erblickte Sophie Katharina schliesslich am 26. Dezember das Licht der Welt; kerngesund, 53 Zentimeter gross und 3150 Gramm schwer. Um ein Haar hätte sich Sabine Styger-Matz noch einem Kaiserschnitt unterziehen müssen. Sie ist froh, dass es nach all den Strapazen mit den Wehen nicht so weit gekommen ist. Das Mädchen wurde schliesslich mithilfe der Saugglocke geboren. «Ich habe erwartet, dass sie schreit, wenn sie auf die Welt kommt, aber sie schaute mich einfach nur mit ihren grossen blauen Augen an, ein unbeschreiblich schönes Gefühl», sagt die frischgebackene Mama. Auch Benjamin Styger wird den ergreifenden Moment in seinem Leben nie vergessen. «Man macht sich seine Vorstellungen, wie das Kind wohl aussehen wird, dann ist es da, und man kann kaum glauben, dass es jetzt zu einem gehört.»¨

Zwei Wochen nach der Geburt

Sabine hat noch keinen Fuss vor die Tür gesetzt. Nach der Niederkunft litt sie am Babyblues. «Ich habe viel geweint in den ersten Tagen, obwohl ich glücklich war. Ich war erschöpft, hatte Schmerzen von der Geburt und spürte die grosse Verantwortung, die auf meinen Schultern lastet.» Der Kinderwagen steht bereit, ein schickes Modell in Schwarz-Weiss. «Wir haben nicht damit gerechnet, dass es so kompliziert sein würde, einen Kinderwagen zu kaufen. Es gibt lange Lieferfristen, deshalb raten wir werdenden Eltern, sich so früh wie möglich nach einem Wagen umzusehen.»

Sophie Katharina ist ein Wunschkind. Vor elf Jahren haben sich ihre Eltern beim «Tagblatt der Stadt Zürich» ineinander verliebt. «Als ich Sabine sah, wusste ich sofort, dass sie meine Freundin werden wird. Wir gingen ins Kino, ins Musical, in den Zoo, dann waren wir zusammen», erzählt Benjamin mit einem süffisanten Lächeln. Sabine verpasst ihm einen Seitenhieb mit dem Ellbogen. «Erzähl das doch nicht so machohaft.» Danach liess sie ihn zappeln. Es folgten einige Jahre mit vielen Höhen und Tiefen, bis sie sich sicher waren, dass sie eine Familie gründen wollen. «Wir haben uns immer ein Kind gewünscht, aber wir wollten zuerst unsere Beziehung festigen.» Geheiratet haben sie, als Sabine im 7. Monat schwanger war.

Benjamin Styger arbeitete früher viele Jahre als Journalist, dann wagte er den Quereinstieg und liess sich zum Primarlehrer ausbilden. Anfang diesen Jahres hat der 37-Jährige mit einem Freund und seinem Bruder das 3-Sterne-Garni-Hotel The Guests’ House beim Triemli übernommen, 200 Meter von seinem Wohnort entfernt. In der Rolle des Hotelinhabers fühlt er sich wohl. Zudem kann er so seine Zeit flexibler einteilen und sich vermehrt um seine Tochter kümmern, damit sich Sabine zwischendurch für einen Augenblick hinlegen und in Ruhe duschen kann. Sie möchte nach der Babypause gerne wieder ein oder zwei Tage beim Radio 1 arbeiten. «Das ist der Vorteil im Journalismus. Man hat keinen Statusverlust, wenn man das Pensum reduziert.» Benjamin würde dann einen Papitag einlegen, denn die Krippe ist für beide keine Option. «Ich bin krippengeschädigt. Heutzutage muss man sich aber leider schon fast dafür rechtfertigen, wenn man das Kind nicht in die Krippe bringt, das ist schade», sagt Sabine.

Drei Wochen nach der Geburt

Der Kleinen gehts gut, doch bei Mama und Papa fordert der Schlafentzug seinen Tribut. «Wenn sie nur noch schreit und man nicht weiss, was ihr fehlt, dann ist man für einen Moment überfordert und hilflos», geben sie zu. Vor wenigen Tagen hat Sabine ihren 35. Geburtstag gefeiert. «Gefeiert ist etwas übertrieben», sagt sie prompt. Sophie Katharinas Gotte ist zu Besuch gekommen und hat für die Stygers gekocht. Für jede Hilfe von aussen ist die junge Familie momentan extrem dankbar. «Mit einem Baby dauert alles viel länger, auch der Einkauf, den man früher schnell nebenbei erledigte», sagt ­Sabine.

Auch ihr Paarleben hat sich auf einen Schlag verändert. «Unser Leben dreht sich gerade nur um Windeln und Schoppen.» Silvester vor einem Jahr haben Benjamin und Sabine noch mit Champagner angestossen, diesen Silvester sassen sie auf dem Sofa, abgekämpft, und Sabine hat sich die Milch abgepumpt. «Früher blubberten die Bläschen im Champagner, jetzt die Milch­abpumpmaschine, so ist das Leben», sagen die beiden. Sie nehmen es mit Humor.

Sophie Katharina wächst schnell. Der rosarote Minnie-Mouse-Dress wird ihr bald zu eng. «Die Hebamme meinte, sie sei etwas leicht, darum müssen wir sie jetzt mästen.» Ratschläge erhalten die Neu-Eltern von allen Seiten, jeder will den besten Kinderarzt kennen, jeder gibt Tipps. «Man hört so vieles, auch in Sachen plötzlicher Kindstod. Heute heisst es, man soll das Kind beim Schlafen auf den Rücken legen, früher wurde davon abgeraten, da es sich verschlucken könnte, das verunsichert.» Um die Kleine im Schlaf zu überwachen, hat Papa Benjamin ein hochmodernes Babyphone gekauft, mit Kamera und Nachtsichtmodus, das sich an den TV anschliessen lässt.

In der Küche bereitet Sabine den Schoppen zu. Benjamin hat sich den Nachmittag freigenommen und schöppelt sein Töchterchen, auch vom Windelnwechseln scheut er sich nicht. «Natürlich mache ich das auch, ich bin schon richtig gut darin.» Von den 14 Kilos, die seine Frau während der Schwangerschaft zugenommen hat, ist sie 10 bereits los, sie passt schon wieder in ihre Jeans. Die Schwangerschaft hat sie genossen, nur gegen den Schluss wurde es mühsam. «Ich konnte kaum noch gehen mit dem dicken Bauch.» Heisshunger­attacken hatte sie keine, «dafür habe ich jetzt Lust nach Süssem, ich könnte den ganzen Tag Kuchen essen.»

Der Nachmittagsspaziergang steht an. Sabine zieht ihrer Tochter eine weisse Kuschelmütze an. Auch Gabriel, der Cousin und Götti von Sophie Katharina, dreht mit der Familie eine Spazierrunde. «Sie ist noch so klein, ich kann noch nicht viel mit ihr ­anfangen, aber das kommt sicher noch», sagt der 18-Jährige. Sabine möchte demnächst ins Rückbildungsturnen gehen und in die Babymassage, das soll die Kleinen beruhigen und entspannen. Und sie will unbedingt einen Babynothelferkurs machen. «Ich möchte gerne wissen, wie ich reagieren müsste, wenn es ihr mal nicht gut gehen sollte.»

Sabine und Benjamin sind vorsichtiger geworden. Früher haben sie sich zu Hause nie am Treppengeländer festgehalten. «Mit dem Baby auf dem Arm machen wir das natürlich. Es wird einem plötzlich bewusst, dass man viel mehr zu verlieren hat, wenn man nicht aufpasst.» Sie wissen jetzt, wie es sich anfühlt, Eltern zu sein. «Es ist eine neue Art von intensiven Gefühlen, die wir bisher so nicht kannten. Etwas Beständiges und ganz, ganz Grosses.»

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Leserkommentare

Janine W W - Crazy, wie die Zeit vergeht.....

Vor 7 Jahren 9 Monaten  · 
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