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Porträt

Dem Weihnachtsmann ganz nah: Daniela Widmer und Martin Meyer in Rovaniemi am Polarkreis.

Weihnachten rund um die Welt

Von: Ginger Hebel

21. Dezember 2015

Wie feiern ausgewanderte Zürcherinnen und Zürcher das Fest der Liebe fern der guten alten Heimat? Wir haben nachgefragt.

Daniela Widmer, Finnland:
Zu Hause beim Weihnachtsmann

Hier oben im hohen Norden fühlt sich Daniela Widmer wohl. Letzten Dezember wanderte die Zürcherin ins beschauliche Äkäslompolo in Finnisch-Lappland aus und feierte ihre ersten Weihnachten im Winterwunderland, umgeben von verschneiten Wäldern und Nordlichtern. Weihnachten ist in Finnland ein wichtiges Fest, viele Ein­heimische besuchen die Mitternachtsmesse. «Der Gang in die Kirche ist für viele Finnen von grosser Bedeutung», sagt Daniela Widmer. Der Weihnachtsfrieden – eine alte finnische Tradition – wird immer am 24. Dezember in der ehemaligen Hauptstadt Turku auf dem Alten Grossmarkt ausgerufen. «­Viele Menschen lauschen dem Aufruf zu Frieden und Sinnlichkeit», erzählt Daniela Widmer. An Heiligabend kommt in vielen finnischen Familien der traditionelle Weihnachtsschinken Joulukinkku auf den Tisch, es gibt Auflauf aus Streckrüben und Kartoffeln, Hering und Rote-Bete-Salat. Auch nicht fehlen dürfen das traditionelle Weihnachtsgebäck Piparkakut, ein Gewürzguetsli, sowie Blätterteigsterne mit Pflaumenmus. «Wir trinken hier oft und gerne Glögi, finnischen Glühwein, verfeinert mit Johannisbeersaft, Rosinen und Mandelblättern», so Daniela. Auch wird über die Festtage Haferbrei oder Milchreis gegessen, in dem eine Mandel versteckt ist. Der Brauch besagt, dass derjenige, der die Mandel in seinem Brei findet, Glück hat im neuen Jahr. Daniela Widmer und ihr Partner Martin Meyer wohnen in einem Blockhaus mit ­Sauna und Cheminée, der Christbaum steht draussen im Garten. Nicht allzu weit entfernt, in Rovaniemi am Polarkreis, lebt der Weihnachtsmann, den sie bereits kennen gelernt haben. Daniela Widmer: «Er hat sogar etwas Deutsch gesprochen. Zu Beginn war ich etwas nervös, den Weihnachtsmann trifft man schliesslich nicht alle Tage.»

Familie Mürner, Kenia:
Weihnachten in der Wildnis

Heiligabend feiert Familie Mürner im Safariland-Nummer 1 ähnlich wie früher in der Schweiz. «Wir essen, singen, musizieren und packen die Geschenke aus.» In Nairobi bewohnen Irène und Fabian Mürner mit ihren Töchtern Aina und Lynn ein Haus im Kolonialstil, welches sie mit Zimtstangen und Strohsternen festlich dekoriert haben. Dieses Jahr kommen die Grosseltern zu Besuch. Sie werden alle gemeinsam draussen im Garten sitzen und Nyama Choma essen – Grilladen. Zur Feier des Tages gibts Fondue und Raclette, sofern der Besuch daran gedacht hat und ihnen den Käse mitgebracht hat. «Die Kenianer besuchen die Messe, die bereits um 18 Uhr beginnt und die ganze Nacht dauert», sagt Irène Mürner. Die Geschenke werden in Kenia eigentlich erst am 26. Dezember ausgepackt, aber die Mürners bewahren die Tradition und feiern an Heiligabend Bescherung. Was vermissen sie im fernen Afrika an Weihnachten? «All die Lichter in der Stadt, die Schneeflocken und den echten Tannenbaum.» Mutter Irène hat sich trotz anfänglichem Widerstand dazu hinreissen lassen, einen künstlichen Baum zu kaufen, da echte in Afrika kaum zu haben sind. «Im Kerzenschein hat sich aber herausgestellt, dass das Plastikgebilde gar nicht mal so schlecht aussieht.» Nur leider fehle ihm der Duft. Irène Mürner: «Dafür riechen die Zedernäste fein, was zwar nicht meiner Erinnerung entspricht, aber als Ersatz durchaus taugt.»

 

Beat Derendinger, Thailand:
O du Fröhliche unter Palmen

Das Fest der Liebe feiert Beat Derendinger unter Palmen, in der Provinz Chaiyaphum, rund 350 Kilometer entfernt von Bangkok. Hier bewohnt er mit seiner thailändischen Frau Bo und deren Kinder ein selbst gebautes Haus, das sie mit bunten Lichtern geschmückt haben. Geschenke machen sich die Erwachsenen untereinander keine, aber für die Dorfkinder gibts ein Päckli mit Leckereien. «Es ist schön, die Freude in ihren Augen zu sehen», sagt Beat Derendinger. Gegessen wird auch an den Festtagen im Freien bei sommerlichen Temperaturen, es gibt Muu Gataa, eine Art Tischgrill. «Wenn in Thailand gefeiert wird, dann wird immer Thai-Food serviert. Zum Glück kocht meine Frau aber auch perfektes europäisches Essen, wie Pasta oder ein saftiges Steak.

Susanna Schinz, Brasilien:
Samba und Tropenhitze

 in Rio Vor 41 Jahren hat Susanna Schinz die kleine Schweiz verlassen, um im tropischen Brasi­lien eine zweite Heimat zu finden. «Eines ­kalten Winters in Zürich hat mich die Abenteuer- und Reiselust nach Rio de Janeiro zum Karneval getrieben. Musik und Tanz waren mir schon immer überlebenswichtig», erzählt Susanna. Auch wollte sie endlich nicht mehr frieren. In den ersten Jahren fand sie die Weihnachtstage in Brasilien jedoch schrecklich. «Bei der Hitze wollte bei mir einfach ­keine Weihnachtsstimmung aufkommen. Ich weinte oft an Heiligabend, obwohl ich sonst nie Heimweh hatte», erinnert sie sich. Am schlimmsten sei die Feuerwerksknallerei gewesen und die Tatsache, dass viele Männer am frühen Abend bereits betrunken waren, während die Frauen stundenlang in der Küche kochten und frittierten, bis das Weihnachtsessen um Mitternacht serviert wurde. «An Weihnachten gibts bei uns alles Mögliche; Truthahn, Stockfisch, Farofa (geröstetes Maniokmehl), exotische Früchte, und importierte Schweizer Schoggi, die darf nicht fehlen.» In den Achtzigerjahren, mit der Geburt ihrer beiden Kinder, kehrte auch ihre Freude an Weihnachten zurück. Sie baute mit ihnen Krippenfiguren aus Lehm und hängte sie an den improvisierten Christbaum – ein Pinienast – da sie sich weigerte, einen Plastikbaum zu schmücken.

Heute feiern ihre erwachsenen Kinder ihre eigenen Weihnachten, Susanna, die in Rio als Deutschlehrerin und Reiseleiterin arbeitet, flüchtete in den letzten Jahren immer wieder auf die Ilha Grande, um Weihnachten in der Natur zu feiern. Sie erklimmte den höchsten Gipfel der Insel, den Papageienspitz. «Bei heissem und sonnigem Wetter habe ich die selten so klare Sicht bis nach Rio genossen, das war ein einmaliges Weihnachtsgeschenk», resümiert Susanna. Die Palmen in Rio sind derzeit alle mit Lichterketten geschmückt, zudem leuchtet hier der grösste schwimmende Weihnachtsbaum der Welt – mit 3,3 Millionen Glühlampen. 

 

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