mobile Navigation

Porträt

Michel Péclard mit seiner Mutter Franziska.

Wie Zürcher Persönlichkeiten den Muttertag zelebrieren

Von: Ginger Hebel

08. Mai 2018

Am Sonntag dreht sich offiziell alles um die Mütter. Zürcher Promis sagen, wie sie den Tag verbringen und welche Erinnerungen sie damit verbinden.

Michel Péclard (49), Zürcher Gastronom, mit seiner Mutter Franziska Péclard (77)


Michel Péclard verwöhnt seine Mutter Franziska (77) gerne. Als Sechsjähriger kaufte er ihr zum Muttertag mit seinem Sackgeld zwei Champagnertruffes von Teuscher, ihre Freude war gross. Heute komme es oft vor, dass er seine Eltern spontan abhole und mit ihnen nach Arosa oder Ascona fahre. «Zeit ist das Schönste, was man schenken kann», ist ­Michel Péclard überzeugt. Er erinnert sich gerne an seine Kindheit zurück. Sein Vater arbeitete viel und war selten da, dafür machte die Mutter mit den Buben alles, was Spass machte. Sie gingen segeln, baden, bräteln, waren immerzu draussen in der Natur. Nichts sei ihr zu viel gewesen.

Muttertag hat für Michel Péclard daher eine grosse Bedeutung. Auch dieses Jahr wird er sie überraschen und an einen schönen Ort entführen. Seine Eltern sind seit 50 Jahren verheiratet und unzertrennlich, um dieses Glück beneide er sie manchmal, wohl, weil er selber geschieden ist. Mit seinen Söhnen Dariush (19) und Shahin (15) verbringt er viel Zeit. Mit dem Älteren macht er diesen Herbst gar eine zweimonatige Weltreise, nur Vater und Sohn. «Ich hoffe, dass meine Söhne später auch Zeit für mich haben, wie ich für meine Mutter.» Die Beziehung bezeichnet er als eng und schön. «Sie interessiert sich für alles, was ich mache. Und sie sagt mir oft, wie stolz sie auf mich sei.» Das Beste, was sie ihm mit auf den Weg gegeben hat? «Dankbar zu sein. Es ist so einfach, Danke zu sagen, und es bewirkt so viel.»

Stephanie von Orelli (52), Chefärztin Frauenklinik Triemlispital, mit ihren Kindern Benjamin (13), Hanna (10) und Pauline (5)

Der Muttertag wurde in der Familie von Orelli nie gross zelebriert. «Mutter ist man schliesslich jeden Tag», sagt Stephanie von Orelli. Mit ihrer Familie geht sie an diesem Tag jeweils auswärts essen. Das schönste Muttertagsgeschenk ihrer Kinder Benjamin, Hanna und Pauline: ein Lied. «Ich werde den Moment nie vergessen, als sie für mich «Mami isch die bescht», gesungen haben, das war sehr herzig.» Die 52-Jährige hat es an die Spitze der Frauenklinik des Zürcher Triemlispitals geschafft. Ihre freie Zeit muss sie daher gut einteilen. «Wenn ich mit meinen Kindern zusammen bin, konzentriere ich mich ganz auf sie und achte darauf, dass wir ­gemeinsame Erlebnisse schaffen.» Auch ihre Mutter Lisbeth von Orelli (83) war Ärztin und verstand es, Kind und Karriere unter einen Hut zu bringen. «Sie lebte mir dieses ­Rollenmodell vor, daher hat sie viel Verständnis für meine Situation», sagt Stephanie von Orelli.

Die Beziehung zu ihrer Mutter beschreibt sie als hervorragend. «Wir können über sehr viele Dinge offen reden.» Durch die Distanz zwischen Basel und Zürich sehen sie sich zwar nicht oft, aber die Oma kommt manchmal mit in die Ferien, damit auch die Kinder Zeit mit ihr verbringen können. Von ihrer Mutter hat Stephanie von Orelli gelernt, zu reflektieren und Dinge zu hinterfragen, auch sich selbst. «Auch wenn man es perfekt machen möchte, heisst es nicht, dass es perfekt ist.» Als Chefärztin hat sie viel Kontakt zu frischgebackenen Mamis, die sich von ihr einen guten Ratschlag erhoffen. «Schenken Sie Ihrem Kind Geborgenheit», antwortet sie dann. Ihren drei Sprösslingen möchte sie Wurzeln geben. «Flügel bekommen sie von allein.»

Marco Cortesi (62), Sprecher Stadtpolizei Zürich, mit seiner Mutter Justina (77), gest. 2005

Die Beziehung zu seiner Mutter sei sehr eng gewesen, erzählt Marco Cortesi. «Als Kind war ich mehr ein Bengel als ein Engel», gesteht er und schmunzelt. Er habe sich daher immer schwer zusammengerissen, damit sie sich am Muttertag nicht aufregen musste, sondern einen schönen Tag hatte. Marco Cortesi hatte immer viel mit seiner Mutter unternommen, sie jeden Tag angerufen und sie in ihrer Heimat, dem Engadin, besucht, so oft es ging. Seit er klein war, legte sie grossen Wert darauf, dass er immer höflich und anständig ist gegenüber anderen Leuten. «Am Muttertag luden wir Kinder sie meistens zum Essen ein, damit sie für einmal nicht hinter dem Herd stehen musste.» Auch Blumen bekam sie von ihrem Sohn immer wieder. «Muttertag war ein wichtiger Familientag, ein Festtag, weil ich sie dann bewusst verwöhnen konnte», erzählt Cortesi.

Zu ihrem 70. Geburtstag lud er sie eine Woche nach Dubai ein, ­Erlebnisse, die er nie vergisst. «Manche fragten, ob ich mich denn nie loslösen könne. Aber meine Mutter war nun mal die wichtigste Bezugsperson in meinem Leben.» 2005 verstarb sie, und vor etwas mehr als einem Jahr dann auch seine Schwiegermutter. Seither ist der Muttertag für ihn einer der schwierigsten Tage im Jahr. Marco Cortesi: «Es kommen mir immer so viele Dinge in den Sinn, die ich sie noch fragen wollte, das macht traurig, auch wenn die Erinnerungen sehr schön sind.»

Moderatorin Kiki Maeder (37) mit ihrer Mutter Christina von Prohaska (68)

Als Kiki Maeder ein kleines Mädchen war, hat sie am Muttertag mit ihrem Bruder jeweils den Zmorge für ihr Mami gemacht. «Darüber hat sie sich sehr gefreut», erinnert sich die 37-Jährige. Von grosser Bedeutung ist der Muttertag in der Familie jedoch nicht. «Meine Mutter sagt immer, man hat sich ja das ganze Jahr über gern, da muss man nicht nur Blumen schenken, weil Muttertag ist; das sehe ich genauso.» An ihrer Mutter Christina von Prohaska schätzt sie, dass sie die Menschen so nimmt, wie sie sind. «Egal, ob ich früher Freunde mit Dreadlocks nach Hause brachte oder Punks, sie war immer locker und hat die Leute nie schubladisiert.»

Mittlerweile ist Kiki Maeder selber Mutter von Jack (4 Monate) und Ava (2,5). Ihre Tochter zeichnet gern und bastelt oft ­etwas für ihr Mami. «Eigene Kinder sind wie ein Spiegel, man lernt durch sie viel über sich selber. Es ist wie eine gegenseitige Erziehung.» Kiki Maeder hat ein enges Verhältnis zu ihrer Mutter. Sie wohnen in der Nähe voneinander und sehen sich oft. Die 68-Jährige hütet die Kleinen, bringt Essen vorbei und bügelt schon mal die Hemden. «Sie tut so viel für uns, ich kann ihr das gar nicht zurückgeben. Was ich aber tun kann, ist, auf diesem Weg mal wieder Danke sagen.»

Wie der Muttertag die Zürcher Herzen eroberte

Grete Trapp, schillernde Zürcher Modejournalistin, Modesammlerin und Verfasserin zahlreicher Ratgeberbücher über Familie und Ehe, hatte sich Ende der 1920er-Jahre einer besonderen Mission verschrieben. Sie wollte den Muttertag als festen Feiertag in Zürich einführen. Das war, wie hätte es anders sein können, alles andere als ein mit Zuneigung und Spontaneität gepflasterter Spaziergang. Die für ihre Emotionalität nicht gerade bekannten Zürcher taten sich mit der Idee schwer, die Mütter und die Mutterschaft im Allgemeinen an einem Sonntag im Jahr besonders zu ehren. Der Gedanke stammte ursprünglich aus den USA, wo der «Mother’s Day» 1914 als offizieller Nationalfeiertag eingeführt worden war.

Die Figur der Mutter als staatstragendes Prinzip hatte im stetig weiter aufstrebenden Amerika einen ganz besonderen Stellenwert. In Europa waren es zunächst die skandinavischen Länder, welche die Idee des Muttertags aufgriffen, wenn auch ohne die gefühlsbeladene Aufregung, die in den USA darum betrieben wurde. Der Muttertag sollte vielmehr ein schlichter, privat gefeierter Familientag sein. Das inspirierte schliesslich auch Grete Trapp und das Zentralkomitee für den Schweizerischen Muttertag in Zürich. Doch noch 1928 stiess ihre Mission bei manchem auf Befremden. «Wer vom Müttertag noch nie etwas gehört hat, lässt sich durch die Bezeichnung leicht verleiten, darin eine neue Art von Sozialfürsorge zu vermuten», schrieb etwa die NZZ. Dennoch: Zumindest die Vertreter der Lehrerschaft und der Schulbehörden zeigten sich offen der Idee gegenüber. Und als 1929 Genf als erste Schweizer Stadt den Muttertag am zweiten Mai-Sonntag offiziell und mit grosser Begeisterung beging, wollte auch Zürich nicht abseitsstehen und feierte seinerseits am 11. Mai 1930 den ersten Zürcher Muttertag. Das Zentralkomitee für den Schweizerischen Muttertag gab sogar ein eigenes Muttertag-Plakat heraus, das jedes Jahr in Zürcher Schaufenstern präsentiert wurde. Schon wenige Jahre nach seiner Einführung war der Muttertag aus dem Kalender der Zürcher nicht mehr wegzudenken. Dem Brauch erwuchs, so die NZZ, «die verpflichtende Macht einer Sitte». Text: Jan Strobel

zurück zu Porträt

Artikel bewerten

Gefällt mir 2 ·  
Noch nicht bewertet.

Leserkommentare

Keine Kommentare