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Ratgeber

Die Antwort kennt Hans Giger (90), emeritierter Professor für Rechtswissenschaften an der Uni Zürich. Bild: SB

Zu spät geliefert: Muss man trotzdem zahlen?

Von: Sacha Beuth

Wer kennt es nicht: Eine Bestellung – ob Büroutensilien oder Pizza – wird nicht termingerecht geliefert. Muss man diese trotzdem bezahlen? Und falls ja: Hat man ein Recht auf Kaufpreisminderung?

Probleme mit verspäteten Lieferungen sind im OR geregelt. In solchen Fällen gilt es zu prüfen, ob und inwieweit ein Sachmangel entstanden ist. Dieser liegt vor, wenn die gelieferte Sache nicht (mehr) über die Eigenschaften verfügt, die nach Treu und Glauben vom Käufer erwartet werden durften. Juristisch kann man zwischen drei Stufen unterscheiden: Stufe 1: Die Ware ist noch brauchbar, aber nicht in der ursprünglichen Qualität. Dann liegt eine Verletzung der Erfüllungspflicht vor, weshalb der Käufer/Besteller eine Preisminderung verlangen oder je nach der spezifischen Situation die Lieferung ablehnen kann. Liegt ein Rechtfertigungsgrund des Verkäufers vor, etwa wenn der Lieferant im Verkehr stecken geblieben ist, dann wäre eine zusätzlich Schadenersatzklage folgenlos. Ansonsten kann im Falle der Pizza, wenn sie später als vereinbart angeliefert wird und nur noch lauwarm ist, eine Reduktion des Preises oder die kostenlose Rücknahme verlangt werden. Stufe 2: Die Ware ist zwar noch in Ordnung, aber für den eigentlichen Verwendungszweck nicht mehr brauchbar. Zum Beispiel eine Hochzeitstorte, die erst am Tag nach der Feier geliefert wird, wo alle Gäste schon weg sind. Oder aber eine anstehende Reparatur, die zu spät erfolgt, weshalb das Umsetzen eines Auftrages nicht mehr möglich war. Hier braucht die Ware/Dienstleisung nicht bezahlt zu werden. Im Gegenteil: Kann der Besteller beweisen, dass ihm durch die Verspätung ein Schaden entstand, ist der Verkäufer/Lieferant schadenersatzpflichtig. Bleibt Stufe 3: Die Ware ist unbrauchbar. Dann hat der Käufer eigentlich nur die gleichen Möglichkeiten wie bei Stufe 2. Der Unterschied besteht im Ausmass. Für alle Behauptungen ist jede Partei beweispflichtig.

Ein Tipp zum Schluss: Weisen Sie bei einer Bestellung auf die Wichtigkeit einer pünktlichen Lieferung hin. Und lassen Sie sich auch den Anlieferungszeitpunkt immer bestätigen – am besten schriftlich.

Haben auch Sie eine Frage? Dann schreiben Sie an:

redaktion@tagblattzuerich.ch

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