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Reportage

Zahlt auch ihre Brötchen via EC-Karte: Deepa (31) in der Bäckerei Gnädinger. Bild: SB

Bargeld oder Karte? – das ist hier die Frage

Von: Sacha Beuth

02. Juni 2015

In vielen Ländern Europas wird immer öfter elektronisch statt bar bezahlt. Doch gilt dies auch für Zürich? Das «Tagblatt» hat sich umgesehen.

«Drei Franken fünfzig», sagt die Verkäuferin in der Bäckerei-Konditorei Gnädinger am Schaffhauserplatz. Ohne Umschweife zückt Dee­pa (31) ihre EC-Karte, um damit die Brötchen zu bezahlen. Für so einen kleinen Betrag ein elektronisches Zahlungsmittel verwenden? «Warum nicht? Es ist sehr praktisch, zumal ich gerade umziehe. Aber auch sonst habe ich nicht zuletzt aus Sicherheitsgründen nie mehr als 20 Franken Bargeld dabei», erklärt Deepa.

Sie steht damit nicht allein. Der Trend zum bargeldlosen Bezahlen im Ausland (siehe Box unten), der zuletzt in diversen Medien aufgegriffen wurde, macht sich auch in der Schweiz, insbesondere in Zürich, bemerkbar. Angefangen bei den grossen Dienstleistern und Gewerbetreibenden. So werden gemäss ZVV-Medienstelle bereits rund ein Drittel der Ticketkäufe in Zürich auf elektronischem Weg getätigt. Noch beliebter sind EC- und Kreditkarten bei Einkäufen bei den Discountern. Bei der Genossenschaft Migros Zürich beträgt deren Anteil 54% (Gesamtschweiz 53%), bei Coop gesamtschweizerisch 50,4%. Beide Unternehmen weisen auch auf die jährliche Zunahme hin (Coop 5 bis 11%, je nach Kartentyp, Migros 3 bis 4%). Inwieweit die Grossisten die Entwicklung begrüssen oder nicht, lassen sie offen. Das sei die Entscheidung des Kunden. Viele KMU bieten ebenfalls Kartenzahlung an. Nicht immer mit Begeisterung. «Das Handling mit Karten ist teurer und aufwendiger, der Bargeldbestand ist zudem leichter zu kontrollieren», sagt Andy Gnädinger, Geschäftsführer und Inhaber der gleichnamigen Bäckerei. Trotzdem will auch er nicht mehr auf die Annahme elektronischer Zahlungsmittel verzichten. «Sie machen etwa 10 Prozent des Umsatzes aus. Tendenz steigend.»

In der gegenüberliegenden Apotheke am Schaffhauserplatz ist bargeldloses Bezahlen noch beliebter. «Rund 60% zahlen mit einer Karte», erzählen die Angestellten Schima Ghaschami und Javier Torres. Bei Blumen Krämer im Shop-Ville beträgt das Verhältnis Barzahlung zu elektronischer Zahlung 50:50, wie die stellvertretende Geschäftsführerin Erika Weber bekannt gibt. Das gleiche Verhältnis gilt laut Ronny Hornecker, Inhaber der Metzgerei Hornecker am Albisriederplatz, in seinem Geschäft bei Einkäufen am Wochenende. «Unter der Woche ist der elektronische Anteil geringer, da haben die Leute eher Bargeld in der Tasche, und es gibt weniger Impulseinkäufe.» Horn­ecker kann beiden Zahlungs­mitteln etwas abgewinnen. Einen Mindestbetrag bei elektronischer Bezahlung will er – trotz der teilweise ­hohen Gebühren – nicht einführen. Anders sieht es da im K-Kiosk am Stauffacher aus. «Bei uns kann man erst ab einem Franken mit Karte bezahlen», sagt Mitarbeiterin Teuta Hani.

Geschäfte, die gar keine elektronischen Zahlungsmittel akzeptieren, gibt es nur wenige. Etwa Hug Schuh- und Schlüsselservice am ­Albisriederplatz. «Wenn Kunden einen Schuhbändel für 3.90 Franken mit Kreditkarte bezahlen und ich 2 bis 3 Prozent Kommission abgeben muss, lohnt sich das nicht», so Inhaber Hans Hug. Ein paar Hürden gilt es also schon noch zu nehmen, bis man in Zürich komplett ohne Bargeld auskommt.

 

So zahlt man ausserhalb der Schweiz

Geht es um die Verwendung elek- tronischer Zahlungsmittel, liegt Schweden europaweit an der Spitze. Laut einer Meldung der Credit Suisse werden dort vier von fünf Käufen elektronisch getätigt. Vor allem im Einzelhandel, wo 95 Prozent des Umsatzes bargeldlos abgewickelt werden, dominiert das Bezahlen mit Karte. Auf Schwedens Spuren folgt Dänemark, welches die Annahmepflicht bei Bargeld ganz abschaffen will. In Grossbritannien erfolgten letztes Jahr 62% aller Transaktionen bargeldlos. Anders in Deutschland: Zwar steigen auch dort die elektronischen Zahlungen, aber die Mehrzahl der Einkäufe (55%) wird noch in bar beglichen. In den USA erfolgen die meisten Zahlungen wiederum elektronisch, jedoch finden sich in kleineren Läden oft Schilder, die dafür einen Mindestbetrag festlegen.

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