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Reportage

Sorgen für «Jöh»-Effekte: Erdmännchen im Zoo Zürich. Bild: Zoo Zürich; F. Süess

Besucherlieblinge mit besonderen Lauten

Von: Severin Dressen

13. März 2024

ZOO INTERN Alle zwei Wochen berichtet das «Tagblatt» über Neues oder Wissenswertes aus dem Tiergarten. Heute geht es um Erdmännchen.

Auch ein Zoodirektor hat ab und an Wochenend-Pikett-Dienst im Zoo. Ist also Ansprechpartner für alle möglichen oder unmöglichen Belange, die im Zooalltag so anfallen. Das bedingt, das ich während dieser Dienste auch häufiger mal irgendwo im Zoo unterwegs bin. Ist eine Aufgabe erledigt, nutze ich die Zeit meist, um den Zoo aus Gästeperspektive wahrzunehmen oder mir einfach mal ein paar Dinge anzuschauen. So kam es, dass ich bei unseren Erdmännchen vorbeigeschaut habe. Die haben nämlich Mitte Februar Junge bekommen. Vier Stück an der Zahl.

Natürlich stand ich nicht allein an der Hügellandschaft neben der Lewa Savanne, denn unsere Erdmännchen sind wahre Besuchermagnete. Erst recht, wenn es Jungtiere gibt. Mir schwappte quasi eine nicht endende «Jöh»-Salve entgegen. Und ich kann es verstehen. Gerade einmal 12 Zentimeter gross und nur wenige Hundert Gramm schwer, ist der Beschützerinstinkt sofort geweckt. Und das geht nicht nur uns Menschen so, die Fürsorge des Erdmännchen-Clans ist ebenfalls gross. Die Kleinen zu Gesicht zu bekommen daher gar nicht so einfach. Nur kurz blitzt unter einem ganzen Pulk von Erdmännchen ab und zu mal ein Köpfchen, ein Schwanz oder eine Pfote auf. Und wehe ein Jungtier schafft es raus aus dem Familiengedränge und erkundet neugierig seine Umgebung. Grob geschätzt maximal fünf Sekunden sind den winzigen Fellbüscheln vergönnt, schon hat sich mindestens ein Erwachsener wieder seiner angenommen.

Forschungsobjekt der Uni

Gut vorstellbar, dass es den Kleinen bei so viel Fürsorge zwischendurch vielleicht auch mal zu viel wird? Ob dem so ist, das könnte ein Forschungsprojekt der Universität Zürich zur Akustik und Verständigung unter Erdmännchen herausfinden. Das Forschungsteam um die Erdmännchen-Expertin und Evolutionsbiologin Marta Manser hat dazu unseren Clan im vergangenen Jahr über einen längeren Zeitraum immer wieder belauscht. Im Fokus des Lauschangriffs standen auch die Töne der ganz Kleinen. Denn gerade über ihre Verständigung ist bisher wenig bekannt. Aufgezeichnet wurden Töne ab Geburt bis zu einem Alter von vier Monaten. Ziel ist es zu verstehen, wie sich die Ruftöne in den ersten Lebensmonaten verändern. Bereits bekannt ist, dass junge Erdmännchen deutlich mehr «begging calls», also Bettelrufe, von sich geben. Die gesammelten Daten befinden sich derzeit in der Auswertung und werden zusammen mit Daten aus der Kalahari Wüste in Namibia, Heimat der Erdmännchen und ebenfalls von uns unterstützte Forschung, schon bald spannende neue Erkenntnisse liefern.

Mit unserer Vision für den Zoo der Zukunft werden solche Forschungsprojekte künftig noch viel häufiger im Zoo zu finden sein. Beispielsweise im Exotarium, wo wir derzeit eine neue Forschungsstation bauen, die dann Ende des Jahres öffnen wird. Forschung gehört wie Bildung, Natur- und Artenschutz zu den Hauptaufgaben eines modernen Zoos. Erdmännchen entlocken uns im besten Fall also nicht nur «Jöh», sondern auch ganz viel «Aha»!

Weitere Informationen: www.zoo.ch

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