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Reportage

Der heutige Sitz der Lufttransportstaffeln 3 und 4 war bis 1948 der zivile Flughafen von Zürich und Heimat der Swissair (l.). Bild: SB

Die unbekannten Ecken des Flugplatzes Dübendorf

Von: Sacha Beuth

07. April 2015

SECHSELÄUTEN Wie es im Innenbereich des Militärflugplatzes Dübendorf aussieht, ist der Allgemeinheit nahezu unbekannt. Das «Tagblatt» durfte einen Blick hinter die Kulissen werfen und erlebte dabei einige Überraschungen.

Erst ist nur schwach ein Licht am Horizont auszumachen, doch keine zwei Minuten später landet der kleine VIP-Jet auf der Piste des Militärflugplatzes Dübendorf. «Wie Sie sehen, wird bei uns immer noch geflogen – auch wenn viele glauben, der Betrieb habe 2005 mit dem letzten Abflug einer F/A-18 von hier aufgehört», erzählt Oberst Martin Erb, der als Chef des Militärflugplatzes amtiert und zu einer Tour auf dem Gelände geladen hat. Unabhängig von der Diskussion um den Innovationspark (siehe Box) und die Zukunft des 1914 eröffneten Flugplatzes verkehren in Dübendorf nach wie vor die Helikopter von Luftwaffe, Rega und Kantonspolizei sowie die alten Ju-52 der Ju-Air und die VIP-Jets im Rahmen des WEF. Etwa 12 000 militärische plus ungefähr 3000 zivile Flugbewegungen (Flugbewegung = Start oder Landung) kommen so pro Jahr zusammen.

Nach einem kurzen Besuch im neuen Kontrolltower öffnet Erb die Tür zum davorliegenden, 1941 erstellten Vorgängerbau. «Laut Fachleuten der einzige freistehende Kontrollturm Europas. Heute wird er mit Vorliebe für Konferenzen genutzt.» Weiter geht es zu einem von nur noch drei übrig gebliebenen Zuckerhut-Bunkern. «Sie wurden 1939 errichtet, um die Soldaten vor Fliegerbomben zu schützen.» Die Tür ist nur mit einer riesigen Schlüsselzange und unter Aufbietung der Kräfte von drei Männern zu öffnen. Drinnen wird man von dicken Spinnweben empfangen, bevor der Blick auf ein Loch im Boden und den eigentlichen Schutzraum fällt. «Wie Sie sehen, ist hier schon sehr lange keiner mehr gewesen», witzelt Erb.

Nächste Station bildet das gleich daneben stehende ehemalige Kantinengebäude. Im Truppenesssaal im zweiten Stock sind die Wände mit Szenen aus dem Soldatenalltag verziert und gemäss Pietro Wallnöfer vom kantonalen Amt für Raumentwicklung «kunsthistorisch wertvoll, auch wenn der Maler wohl nur ein unbekannter, aber talentierter Soldat war».

Es folgt ein kurzer Abstecher in die Ausrüstungswerkstatt, in der die Ausrüstung (z. B. Notpaket, Pilotenbekleidung) sämtlicher fliegender Militär­besatzungen der Schweiz gewartet werden. Anschliessend wird auf der gegenüberliegenden Seite das alte, denkmalgeschützte Empfangsgebäude der Swissair besucht. Von hier aus startete ab 1922 die Ad Astra Aero, aus der später die Swissair hervorging, zu ihren ersten internationalen Linienflügen. Inzwischen als Büroräume der Militärstaffel genutzt, finden sich an diesem Ort einzigartige Zeitzeugen. Alte Beschriftungen, Telefonkabinen (Erb: «Hier habe ich noch telefoniert, als ich nach der Fliegerschule nach Dübendorf kam»), zugemauerte Ticketschalter und ein ehemaliges Restaurant mit Aussichtskanzel und einem Keramikwandgemälde des bekannten Bündner Künstlers Giuseppe Scartezzini lassen erahnen, wie es war, als man vor über 80 Jahren eine Flugreise antrat. So wird die Tour nicht nur eine Reise zu unbekannten Ecken, sondern auch in die Vergangenheit der «Wiege der Schweizer Luftfahrt».

 

 

 

 

 

 

Innovationspark

Auf rund einem Drittel des 200 Hektar grossen Flugplatzareals soll in den nächsten Jahren der Innovationspark entstehen. Gemeint ist damit ein Komplex aus Gebäuden und Grünflächen, in dem etablierte Unternehmen ihre Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten mit denjenigen der ETH, Uni Zürich und anderen Hochschulen zusammenbringen. Initiant und bisheriger Träger des Projekts ist der Kanton Zürich. Er hat bis zum Herbst Zeit, dem Parlament in Bern einen Gestaltungsplan vorzulegen, zu dem 45 Eingaben von verschiedenen Interessengruppen eingegangen sind und die sich in Sachen Nutzung und Finanzierung des Projekts teilweise stark widersprechen.

 

 

 

 

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