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Reportage

Am Bürkliplatz und an der Langstrasse: Die sauberste und die dreckigste Toilette im Test. Bilder: CLA

Eine leichte Note Urin

Von: Clarissa Rohrbach

18. Oktober 2016

Die Nutzung der Züri-WC hat um 24 Prozent zugenommen. Doch was taugen die öffentlichen Toiletten? Ein Augenschein.

Manchmal muss man einfach. Für diesen Fall gibt es in der Stadt
107 Züri-WC. Das Bedürfnis ist da: Die Nutzung der Multifunktions­toiletten ist in den letzten sieben Jahren um 24 Prozent gestiegen. Doch wie gut sind die Züri-WC eigentlich? Ein Augenschein an fünf stark besuchten Standplätzen ergibt eine durchzogene Bilanz.

Das Vorzeige-WC der Stadt
Am Bürkliplatz steht die älteste öffentliche Toilette Zürichs. Sie wurde 1893 gebaut und gilt wohl als Vorzeige-WC der Stadt. Ein Angestellter sitzt in einem Kabäuschen, er putzt nach jedem Kunden. «Nur bei grossen Touristengruppen wird es schwierig, die stürzen sich aufs Klo.» In den Ecken stehen Wischmopps, unter den Lavabos Putzeimer. Alles ist hier blitzblank: Die Klobrillen strahlen, die Papierrollen sind nachgefüllt, die Mülleimer frisch geleert. Eine Bernerin staunt über die Sauberkeit; in der Hauptstadt seien die WC nicht so sauber. Dass der Eintritt trotz Bedienung frei sei, findet sie grosszügig.

Ein weiteres prominentes WC befindet sich beim Hafen Riesbach. Das Häuschen aus rotem und grünem Glas wurde 2005 als guter Bau ausgezeichnet. Heute aber wirkt es abgenutzt. Dellen und dunkle Flecken zeichnen den Steinboden, die Spiegel sind verkratzt und die Papierspender mit Brandlöchern bedeckt. Doch abgesehen von der Infrastruktur, herrscht auch hier Hygiene und Ordnung. Die Klos sind sauber, es hat Papier und sogar die Klobürsten strahlen in makellosem Weiss. Für die Benutzung ist das WC absolut genügend.

Im Bahnhof Hardbrücke hetzen die Leute zum Gleis. Ein Mann geht in das Unisex-WC hinein und kommt nach wenigen Sekunden wieder heraus. Ganz okay sei es. In der Metallbox riecht es nach Putzmittel, die Klobrille ist sauber, die Kabine auch. Ein kurzer Check zeigt: Der Seifenspender ist gefüllt, vom Papier gibt es sogar vier Rollen Reserve. Beim Aufschliessen der Tür spült das WC automatisch. Eine saubere Sache.

Weniger gut punkten die Toiletten nahe der Langstrasse. Auf dem Carparkplatz stehen Trauben von Menschen mit ihren Koffern, daneben zwei selbstreinigende Toiletten. Für 15 Minuten bezahlt man hier einen Franken. Die Tür schwingt auf, ein Geruch von Fäkalien dringt in die Nase. Im Klo liegt Kot, im Abfalleimer eine Dose Bier. Das Lavabo ist mit Papier verstopft, der Boden und die Klobrille sind durchnässt. «Es ist eklig», meint eine Albanerin, die auf den Bus nach Skopje will. Dafür, dass man bezahlen müsse, sei das Angebot ganz klar ungenügend.

Doch es ist ein anderes WC, das den Ruf der verruchtesten Toilette der Stadt hat: das Pissoir beim Xenix. Und es gibt auch einen Grund dafür: Am Boden erstreckt sich eine Pfütze Urin, daneben Blutspritzer, Abfall und Bierdosen. Es stinkt penetrant. Trotzdem gehen innerhalb von zwei Minuten vier Männer hinein. «Mir macht das nichts aus», meint einer.

6 Millionen für Toiletten
«Verschmutzungen sind natürlich unschön, lassen sich aber nicht immer vermeiden», sagt Urs Brunner, Leiter der Züri-WC. Die Toiletten würden zweimal täglich gereinigt, häufiger sei nicht geplant. Die Stadt gibt für den Betrieb jährlich 6,062 Millionen Franken aus. «Wir wissen, dass einige Anlagen unbedingt erneuert werden müssen», meint Brunner. Darunter befänden sich auch diejenigen auf dem Carparkplatz, welche altersbedingt in desolatem Zustand seien. An einer solch wichtigen Reisedrehscheibe sei das keine gute Visitenkarte. Es sei daher geplant, das WC im Rahmen der Umgestaltung des Carparkplatzes nächstes Jahr zu ersetzen. Das Pissoir an der oberen Langstrasse hingegen stamme aus einer Zeit, in der hauptsächlich Männer die Strasse bevölkerten. «Im Allgemeinen aber schätzt unsere Kundschaft die sauberen und sicheren Züri-WC.» Ein Angebot, das zu einer attraktiven Stadt wie Zürich gehöre.

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