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Reportage

Das faule Junggesellenleben ist vorbei: Amurtiger Sayan hat weibliche Gesellschaft erhalten. Bild: Zoo Zürich, Enzo Franchini

Grosse Katze, kleine Population

Von: Alex Rübel

23. August 2019

ZOO INTERN Alle zwei Wochen berichtet das «Tagblatt» über Neues oder Wissens­wertes aus dem Tiergarten. Heute geht es um Amurtiger.

Seit Kurzem ist bei uns im Zoo ein neues Amurtiger-Weibchen zu Hause. Die vierjährige Irina kommt aus dem Odense-Zoo in Dänemark und musste ihren ersten Monat bei uns in der obligatorischen Quarantäne verbringen. Seit Mitte August darf sie nun ihre neue Anlage erkunden. Irina geht hierbei vorsichtig vor und hält sich mit Vorliebe in der Nähe des Stalls auf. Deswegen ist sie für die Besucher auch noch nicht oft sichtbar. Vom Tigermännchen Sayan bleibt Irina vorderhand noch getrennt. Der Amur- oder Sibirische Tiger ist eine imposante Grosskatze. Er ist der grösste Vertreter der neun Tiger-Unterarten – Männchen können bis gegen 300 Kilogramm schwer werden – und jene Art mit dem nördlichsten Verbreitungsgebiet. Dieses liegt im Fernen Osten Russlands und im dortigen Grenzgebiet zu China und Nordkorea.

Der Amurtiger bewohnt ausgedehnte Gebirgs-, Nadel- und Laubwälder sowie buschbestandene Graslandschaften mit weiten Wasserläufen und -flächen. In seinem nördlichen Zuhause kommt er mit Temperaturen von bis zu -40°C zurecht.

Der Amurtiger lebt in grossen Territorien, die mehrere hundert Quadratkilometer umfassen können. Er ist ein Einzelgänger und stets auf Wanderschaft: er sucht wildreiche Gebiete auf und hält Ausschau nach potentiellen Partnern. Seine Nahrungsgrundlage sind vor allem verschiedene Hirscharten und Wildschweine. Diese zu erbeuten, ist keine leichte Aufgabe: im Mittel hat der Amurtiger nur bei jedem zehnten Angriff Erfolg.

Obwohl die Grosskatze eigentlich an der Spitze der Nahrungskette steht, ist sie – wie alle Tiger-Unterarten – stark bedroht. In den 1940-er Jahren sank der Bestand auf nur noch rund fünfzig Tiere. Diese lebten in der Gegend nördlich von Wladiwostok in der damaligen Sowjetunion. Dank strenger Schutzmassnahmen wuchs die Population bis zu Beginn der 1980-er Jahre wieder auf etwa zweihundert Tiere an. Heute leben in Russland etwa fünfhundert Amurtiger. Hinzu kommen geschätzt dreissig wildlebende Tiere in China und Nordkorea. Das Überleben der Grosskatze ist aber leider nach wie vor nicht gesichert. Wichtigste Bedrohungsfaktoren sind die Zerstörung des natürlichen Lebensraums, etwa durch grossflächige Abholzungen oder vom Menschen verursachte Waldbrände, die Überbejagung der Beutetierpopulationen und die Wilderei. Letztere wird dadurch befeuert, dass Tigerknochen reissenden Absatz in der chinesischen Medizin finden – trotz eines Handelsverbots, das die chinesische Regierung 1993 beschloss. Drei Tiger-Unterarten hat der Mensch bereits ausgerottet. Es braucht unser aller Anstrengungen, damit nicht weitere das gleiche Schicksal erfahren.

Zucht in Zoos

Der Zoo Zürich hält seine Amurtiger im Rahmen des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms EEP. Sowohl Sayan als auch Irina sind beide in Zoos zur Welt gekommen. Auch die anderen Grosskatzen im Zoo Zürich, die Indischen Löwen und die Schneeleoparden, sind Teil des EEP.

Weitere Infos: www.zoo.ch

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