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Reportage

So nicht: Biologe Daniel Hepenstrick ärgert sich, dass der invasive Kirschlorbeer selbst bei Neubausiedlungen in einer ­Kulturlandschaft noch immer als Hecke verwendet wird. Bild: SB

Grüne Invasion in Zürich

Von: Sacha Beuth

10. September 2013

Neophyten - Immer mehr ausländische Pflanzenarten machen sich in der Stadt breit. Welche Gefahren von ihnen ausgehen, zeigt ein Rundgang in der Kulturlandschaft Burghölzli.

Sie sind schön anzusehen und erinnern einen an Margeriten. Daniel Hepenstrick ist allerdings weniger begeistert, als er die Pflanzen auf dem Burghölzligebiet in der Nähe der Tramstation Burgwies entdeckt. «Das ist Einjähriges Berufskraut, ein invasiver Neophyt aus Nordamerika, der bei uns auf der Watchlist steht.» Neophyt? Watchlist? Der botanisch wenig bewanderte Journalist, der Hepenstrick auf einem Rundgang durch das Gebiet begleitet, schaut verständnislos. «Neophyten nennt man Pflanzen, die nach 1492, also nach der Entdeckung von Amerika, der Neuen Welt, bei uns eingeschleppt oder gezielt eingeführt wurden und sich hier etablieren konnten», erklärt der Biologe des WWF Zürich und der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften. «Etwa 10 Prozent der Neophyten zählen zu den invasiven Arten, weil sie Schäden an der menschlichen Gesundheit, durch ungehemmtes Wachstum einheimische Arten verdrängen und/oder ökonomische Probleme verursachen.» Die, die sicher Probleme verursachten, seien auf der Schwarzen Liste aufgeführt. Jene, die andernorts schon für Probleme sorgten und man deshalb im Auge behalten müsse, stünden auf der Watchlist.

Überall Kirschlorbeer

Um einmal das Ausmass der Bedrohung abschätzen zu können und um die heimische Biodiversität zu erhalten und zu fördern, haben Hepenstrick und weitere Freiwillige des WWF letztes Jahr Neophyten in der Kulturlandschaft Burghölzli, die mit etwa 500 Pflanzenarten als besonders vielfältiger Lebensraum gilt, kartiert (siehe Karte) – mit einem besorgniserregenden Ergebnis. An 530 Wuchsorten wurden invasive Spezies festgestellt. Die Liste reicht von der Amerikanischen Goldrute («sie verdrängt heimische Arten») zum Runzel­blättrigen Schneeball («die Staubschuppen an seinen Stängeln und Blättern reizen die Schleimhäute») aus Ostasien.

Mit Abstand am meisten verbreitet ist jedoch der Kirschlorbeer, der aus Südwestasien stammt. Auf dem Rundgang ist er fast auf jedem zweiten Grundstück zu sehen. Der kostengünstige und pflegeleichte Strauch dient meist als Hecke. So auch bei einer Neubausiedlung an der Lenggstrasse. Hepenstrick schüttelt verärgert den Kopf. «Der Kirschlorbeer ist eine grosse Gefahr für unsere Wälder, wo er sich im Unterholz breit macht. Dabei gäbe es mit Eibe oder Efeu gute einheimische Alternativen für immergrüne Hecken.»

Ein Stück weiter erspäht der Biologe eine Amerikanische Goldrute, die er kurzerhand ausgräbt und mitsamt den Wurzeln in einen Müllcontainer wirft. «Das ist oftmals die effizienteste Art der Bekämpfung», so Hepenstrick. Allerdings gebe es auch Fälle, wo man die Beseitigung unbedingt einem Fachmann überlassen sollte, etwa beim Riesenbärenklau – der beim Menschen starke allergische Reaktionen hervorrufen kann –, dem Japanischen Staudenknöterich und invasiven Baumarten wie Robinie und Essigbaum.

An einem idyllisch plätschernden Bächlein endet der Rundgang. Doch auch hier ist der Friede trügerisch. Das Gewässer ist voll mit Wasserpest, einer aus Amerika stammenden Aquarienpflanze. «Wie ihr Name schon andeutet, verbreitet sie sich selbst über kleinste Fragmente epidemieartig über die Wasserwege.» Hepenstrick und allen, die sich für die Bekämpfung von invasiven Neophyten einsetzen, dürfte die Arbeit nicht so schnell ausgehen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

www.wwf-zh.ch/burghoelzli

www.bafu.admin.ch/biodiversitaet

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