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Reportage

In der Werft in Sihlbrugg werden die luxuriösen Boesch-Holzboote hergestellt. Camillo De Nardis ist Bootbauer.

Junge Meister ihres Fachs

Von: Ginger Hebel

24. Juli 2018

Im September messen sich die Stadtzürcher Hufschmiedin Hanna Ackermann und Bootbauer Camillo De Nardis mit über 1000 weiteren Berufsleuten an der grössten Berufsshow der Welt in Bern.

Frau in einer Männerdomäne

Hanna Ackermann braucht in ihrem Job Kraft, aber auch Fein­gefühl. Schnittverletzungen an den Armen und Blasen an den Händen lächelt sie keck weg. «Ich hatte während meiner vierjährigen Lehre zur Hufschmiedin immer Glück im Unglück», sagt die 20-jährige Zürcherin. Es sei eine anspruchsvolle, aber sehr spannende Zeit gewesen. Sie arbeitet bei Hufschmied Marcel Meier im aargauischen Boniswil am Hallwilersee und zwei Tage pro Woche am Zürcher Tierspital, wo sie orthopädische Hufeisen für kranke oder verletzte Tiere schmiedet. Hufbeschlag ist ihre Leidenschaft.

Alle sechs bis acht Wochen nimmt sie Pferden die alten Eisen runter, reinigt die Hufsohle und schneidet den Hufstrahl mit Messer und Zange zu. Im glühend heissen Ofen schmiedet sie die Hufeisen, der Dampf und Rauch setzt sich in den Kleidern fest. «Das Aufbrennen ist ein heikler Moment. Man steht immer am offenen Feuer, bis das Hufeisen die passende Form hat.» Die neuen Hufeisen befestigt sie mit Nägeln am Pferdehuf. Hanna Ackermann behauptet sich in einer Männerdomäne. «Wenn man eine Frau ist und noch dazu blond, ist es als Hufschmiedin nicht ganz einfach. Man muss sich erst Respekt verschaffen.» Auch kämen immer wieder Fragen wie, «Hufschmied, gibts das noch?». Dann erklärt sie geduldig. «Es ist ein alter Beruf, aber solange es Pferde gibt, braucht es auch Hufschmiede.»

An der Frühlings- und Trendmesse Offa in St. Gallen qualifizierte sie sich für die Schweizer Berufsmeisterschaften Swiss Skills in Bern. Sie freut sich, dass sie mitmachen darf, «es ist eine schöne Bestätigung». Hanna Ackermann mag Action im Leben, sie surft gern und ist eine begnadete Reiterin. «Im Büro sitzen könnte ich nie. Ich mag es, wenn ich abends nach der Arbeit körperlich müde bin.» Sie hat ein grosses Wissen über Pferde. Die Kunden, sagt sie, würden das heute von einem Hufschmied auch erwarten.

Täglich klappert sie mit ihrem Team die verschiedenen Ställe ab und beschlägt die Pferde, oft im Stall, manchmal an der prallen Sonne. Sie spricht mit den Tieren, beruhigt sie. «Gerade junge Pferde sind oft nervös. Aber wenn man es richtig macht, tut es ihnen nicht weh.» Immer häufiger begegnen ihr Hobbyreiter, die gar keinen Hufschutz wollen oder ihren Tieren Hufschuhe montieren, doch davon hält sie wenig. «Hufeisen werden im Gegensatz zu Hufschuhen individuell ans Pferd angepasst.» Für Menschen gelten Hufeisen als Glücksbringer, Pferden dienen sie als Schutz. «Ich tue jeden Tag etwas Gutes für die Pferde, das ist ein tolles Gefühl.»

 

 

Leim, Lack und edles Holz

Der Name Boesch steht für Holzboote der Luxusklasse und formvollendete Schweizer Bootbaukunst. Der 20-jährige Camillo De Nardis aus Zürich baut schwimmende Träume aus edlem Mahagoni- oder Ahornholz. In der Werft in Sihlbrugg restauriert und baut er die teuren Schiffe mit Geduld und Sorgfalt und poliert sie auf Hochglanz. Die Lehre zum Bootbauer hat er mit einem Durchschnitt von 5,1 abgeschlossen. «Es ist eine spezielle Lehre, da es nur wenige Werften und somit wenige Lehrstellen gibt.»

Die Boesch Motorboote AG in Kilchberg baut im Schnitt zehn Boote pro Jahr. Camillo De Nardis hat bei jedem mitgearbeitet. «Präzision ist wichtig. Die Boote haben starke Motoren mit 2 × 300 PS, da müssen alle Verbindungen perfekt sein. Auch optisch muss alles stimmen, man würde den kleinsten Fehler bemerken.» Boesch-Boote sind aufgrund des aufwendigen Herstellungsprozesses äusserst langlebig. Der Rumpf besteht aus einer Holzkonstruktion in Schichtbauweise, die Handwerk und Tradition vereint.

Wenn Camillo De Nardis auf dem Zürichsee Leute sieht, die mit einem Boesch-Boot herumkurven, schlägt sein Herz ein wenig schneller. «Es ist ein gutes Gefühl, auf dem Wasser zu sehen, was man baut.» Im September wird er sich an den Swiss Skills mit den besten Bootbauern der Schweiz messen. Sie haben den Auftrag, ein Kinderboot aus Kunststoff zu bauen. «Ich freue mich auf diese neue Herausforderung.» Aktuell weilt Camillo De Nardis im Militär bei den Bootsschützen. Streng sei es, aber gut, «ich kenne viele durch meinen Beruf.»

Nach dem Militär wird er erst einmal auf Reisen gehen und dann Maschinentechnik studieren, um später vielleicht als Konstrukteur zu arbeiten. «Ich könnte mir vorstellen, Segelboote zu konstruieren. Denn ich segle sehr gern.»

Swiss Skills in Bern

An den Swiss Skills vom 12. bis 16. September, auf dem Gelände der Bernexpo in Bern, erhalten die besten jungen Berufsleute der Schweiz die Möglichkeit, ihr Können vor den Augen von über 150 000 Besuchenden zu präsen- tieren. Die Teilnehmenden aus 135 Berufen werden von ihren Berufsverbänden selektioniert. Die Verfahren sind unterschiedlich. So werden bei einigen Berufen generell alle Lernenden dazu eingeladen, andere setzen einen bestimmten Notendurchschnitt am Qualifikationsverfahren (vormals LAP) oder den Zwischenprüfungen voraus.

Weitere Informationen: www.swiss-skills.ch

 

 

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