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Reportage

Im Ballparadies der Kinderkrippe Güxi, von links: Kleinkinder-Betreuer Sebastian Milazzo, "Tagblatt"-Redaktorin Ginger Hebel, Ellen Spiegel (pädagogische Gesamtleitung) und Priska Dettwiler (Krippenleitung Waldkinderkrippe). Bilder: Nicolas Zonvi

Kunterbunter Krippenalltag und Spielspass im Wald

Von: Ginger Hebel

11. Juni 2019

Die Kinderkrippe Güxi gehört zu den grössten Krippen der Stadt. 120 Kinder werden hier täglich betreut. «Tagblatt»-Redaktorin Ginger Hebel war für die Serie Am Puls mittendrin im Kinderland.

Kleine und grosse Abschiede gehören zum Leben. Jeden Morgen bringen Eltern ihre Kinder in die Krippe, bevor sie zur Arbeit gehen. Manchmal kullern bei den Kleinen Tränen, wenn das Mami oder der Papi sie alleine lässt, aber sie trocknen meistens schnell, denn in der Krippe warten ganz viele andere Kinder zum Spielen und Betreuerinnen und Betreuer, die sich um sie kümmern und sie fördern.

Die Kinderkrippe Güxi in Friesenberg inmitten des Binzquartiers ist eine der grössten Krippen der Stadt. 120 Kinder werden hier aktuell von 80 Fachkräften betreut. Ellen Spiegel hat die pädagogische Gesamtleitung. Sie arbeitet seit zwölf Jahren für Güxi und hat alle zwölf Standorte in der Schweiz mitaufgebaut. «Wir setzen auf spielendes Lernen mit viel Musik und Bewegung für Körper, Geist und Seele.» Ellen Spiegel hat selber Kinder und Enkel und kennt die Bedürfnisse der Mütter. «Eltern wollen heute viel mitreden. Wir stehen im ständigen Austausch mit ihnen.» In der Güxi-Krippe haben die Kleinen viel Platz für ihre persönliche Entfaltung. Die verschiedenen Spiel- und Esszimmer sind fröhlich-bunt gestaltet, mit Zeichnungen an der Wand, die einen fast vergessen lassen, dass man sich in der Stadt befindet, man wähnt sich im Wald oder im Dschungel.

Die Waldkinderkrippe erfreut sich grösster Beliebtheit. «Viele Stadtkinder kennen den Wald gar nicht. Dabei ist Bewegung so wichtig. In der Natur können sie ihrer Fantasie freien Lauf lassen», sagt Priska Dettwiler, Krippenleitung Waldkinderkrippe. Die 29-Jährige fühlte sich draussen in der Natur schon immer am wohlsten. «Durch den Wald zu laufen, ohne Wände und Türen, öffnet neue Horizonte und ist gut für die Entwicklung des Gehirns», ist sie überzeugt. Aus Baumästen bauen die Kinder Bagger, oder sie basteln Spielsachen aus Wurzeln und Blättern. Sie helfen, ein Feuer zu machen, Gemüse zu schälen, Tee zu kochen – und essen gemeinsam unter freiem Himmel. Die Waldkinder verbringen meist um die sechs Stunden im Wald, haben aber auch spezielle Räumlichkeiten in der Krippe. Bei Gewitter führen sie einen normalen Krippenalltag durch.

Mittagszeit: Die Kleinen sitzen auf Mini-Stühlen an Mini-Tischen. Eine Betreuerin kümmert sich im Schnitt um drei bis vier Kinder, bei den Säuglingen ist oft eine Eins-zu-eins-Betreuung notwendig. «Häufig erzählen uns die Eltern, dass ihre Kinder daheim kein Gemüse essen, aber hier tun sie es oft, weil die anderen Kinder es auch machen. Der Nachahmungseffekt wirkt Wunder», sagt Leiterin Ellen Spiegel. Auch Rückzugsmöglichkeiten und Schlafräume stehen zur Verfügung, ebenso für die Mitarbeiter. Hier können sie einen Power-Nap machen, um neue Energie zu tanken. Sebastian Milazzo hat soeben die Lehre zum Betreuer bestanden. Er liebt seinen Beruf, auch wenn ihn seine Kollegen anfangs komisch angeschaut hätten, wenn er ihnen von seiner Arbeit erzählte. «Ich sehe da kein Problem, es arbeiten ja auch Frauen auf dem Bau», sagt der 22-Jährige. Bei Güxi ist der gebürtige Zürcher keinesfalls der Hahn im Korb, denn hier vertritt man klar die Meinung, dass es auch männliche Bezugspersonen in Kitas braucht.

Trotz aller Vorbehalte gegen Männer in der Kinderbetreuung: Sebastian fühlt sich gut akzeptiert. Er setzt sich auf den Boden zu den Kindern, spielt mit ihnen, liest ihnen vor. Er hilft und tröstet, wenn das Kleine weint, «aber von sich aus küssen oder umarmen, das machen wir nicht. Das Verhältnis von Nähe und Distanz muss stimmen. Das lernt man in der Ausbildung.» Er mag die Anerkennung in seinem Beruf. «Es ist oft anstrengend, aber die Kinder geben einem alles doppelt zurück. Wenn abends eines zu dir sagt, ‹ich ha di gärn›, das tut einfach gut.»

2018 erreichte die Versorgungsquote im Bereich der familienergänzenden Kinderbetreuung in der Stadt Zürich mit 80,5 Prozent einen neuen Rekordwert. Insgesamt standen Ende des letzten Jahres in der Stadt Zürich 10 860 Betreuungsplätze in 329 Kitas zur Verfügung. Knapp 4200 Plätze in 297 privaten und städtischen Kitas wurden im Jahr 2018 durch die Stadt Zürich subventioniert – das sind über 250 Plätze mehr als im Vorjahr. Die Zahlen des Bundesamts für Statistik beweisen es: Der Anteil der Mütter von Kindern unter vier Jahren, die arbeiten, hat die letzten acht Jahre massiv zugenommen. Waren 2010 erst zwei Drittel dieser Mütter erwerbstätig, lag ihre Erwerbsquote 2018 bereits bei 75,7 Prozent.

Im Schnitt bringen die Eltern ihre Kinder drei Tage pro Woche in die Güxi-Kinderkrippe, Babys ab drei Monate bis ins Kindergartenalter. «Eine sanfte Eingewöhnung ist wichtig. Wir empfehlen zwei bis vier Wochen, je nach Charakter des Kindes», sagt Ellen Spiegel. Übergangsobjekte würden den Wechsel erleichtern, «sie haben einen Nuggi oder ihr Stofftierchen dabei sowie Fotos ihrer Eltern oder Geschwister, das hilft», sagt Sebastian. Die Kinder füttern jeden Morgen die Fische im Aquarium und singen. Rituale seien das Wichtigste, weil sie Sicherheit vermitteln. Das Leben in der Stadt Zürich ist teuer. Viele haben keine andere Wahl, als ihr Kind fremdbetreuen zu lassen. «Heute müssen wir Frauen unseren Beruf nicht mehr aufgeben, das finde ich eine gute Entwicklung», sagt Priska Dettwiler.

Doch auch Eltern, die finanziell gut dastehen, bringen ihre Sprösslinge in die Krippe. «In der Stadt gibt es viele Einzelkinder. In der Krippe lernen sie teilen und streiten, das ist gut für ihre Selbstständigkeit», findet Ellen Spiegel. In der Kinderkrippe gelten andere Regeln als zu Hause. «Kinder sind ganz schön clever. Sie wissen, dass sie daheim andere Dinge machen dürfen als bei Omi oder in der Krippe, und können das gut unterscheiden.»

Wenn ein Kind kränkelt, rufen die Betreuer die Eltern an, damit sie es abholen. «Ein krankes Kind braucht sein Mami oder seinen Papi. Auch wenn wir sehr viel Zeit mit den Kindern verbringen, wir können die Eltern nie ersetzen. Sie stehen beim Kind immer an erster Stelle. Und das ist auch richtig so.»

Weitere Informationen: www.guexi.ch

 

 

 

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