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Reportage

Wo ist jetzt hinten, und wo ist vorn? Beim australischen Tannenzapfenskink ist die Beantwortung der Frage aus der Entfernung manchmal nicht so einfach. Bild: Zoo Zürich / Enzo Franchini

Lebender Tannenzapfen

Von: Severin Dressen

18. Januar 2022

ZOO INTERN Alle zwei Wochen berichtet das «Tagblatt der Stadt Zürich» über Neues oder Wissenswertes aus dem Tiergarten. Heute geht es um eine australische Echse, den Tannenzapfenskink.

«Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei», schmetterte Stephan Remmler 1987 von Platz drei der deutschen Singlecharts. Da war ich zugegebenermassen noch nicht geboren, das Lied kenne ich aber trotzdem – ein Ohrwurm, bei dem ich als Zoologe nicht an Charcuterie, sondern an eine Echse denken muss. Die Echse, die mir in den Sinn kommt, ist der Tannenzapfen­skink, auch Tannenzapfenechse genannt. Sie können das Tier bei uns im Zoo in der Australienanlage besuchen. Das Reptil ist nicht umsonst nach dem weiblichen Blütenstand der Koniferen benannt: Es hat einen walzenförmigen Körper mit glatten Schuppen – ein bisschen wie ein plattgedrückter Tannzapfen eben.

Erst tarnen …

Zwischen abgestorbenem Pflanzenmaterial ist die Echse mit diesem Look schon mal ziemlich gut vor Angreifern getarnt. Wird sie trotzdem entdeckt, kommt die Sache mit der Wurst und den zwei Enden (oder Anfängen) ins Spiel. Die Tannenzapfenechse hat vorne einen Kopf und hinten einen dicken, stumpfen Schwanz – der ziemlich ähnlich aussieht wie ein Kopf. Schaut man nicht genau hin, kann man durchaus verwechseln, was vorne und hinten ist. Im Englischen ist eine ihrer zahlreichen Bezeichnungen deshalb auch «two-headed skink», Zweiköpfige Echse.

Mit dieser optischen Täuschung verwirrt die selber eher etwas schwerfällige Echse ihre Angreifer, die nun nicht wissen, welche Seite sie attackieren sollen. Erwischt ein Angreifer das falsche Ende, läuft er Gefahr, selber gebissen zu werden.

… dann warnen

Nützt alle Tarnung und optische Täuschung nichts und die Tannenzapfenechse wird weiter bedroht, hat sie ein weiteres Abwehrmittel auf Lager: Sie sperrt ihren Mund auf, streckt ihre fleischige, grosslappige blauschwarze Zunge heraus und zischt und faucht. Im Notfall beisst sie auch zu.

Das klingt nun sehr dramatisch, abseits der Verteidigung ist die Tannenzapfenechse aber friedlich und für Reptilien sogar ungewohnt sozial. So bilden die ausserhalb der Paarungszeit einzelgängerisch lebenden Tannenzapfenechsen während der Fortpflanzungszeit feste Paare. Und zwar über Jahre immer wieder die gleichen. Die Partner finden sich dabei über Sexuallockstoffe wieder und indem sie bekannte, gemeinsame Aufenthaltsorte aufsuchen.

 

Vivipares Reptil

Eine weitere Besonderheit ist, dass der Tannenzapfenskink keine Eier legt, sondern lebendgebärend ist (vivipar). Die unverschalten Eier bleiben im Eileiter, der die Funktion einer Gebärmutter übernimmt. Der Embryo wird einerseits über den Dottersack ernährt, andererseits findet ein Stoffaustausch über die Eileiterschleimhaut mit der Mutter statt. Die Jungen kommen schliesslich nach vier bis fünf Monaten Tra- gezeit der Mutter zur Welt.

Weitere Infos: www.zoo.ch

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