mobile Navigation

Reportage

Beispiel für Geschenke und Gaben für und im Namen einer Zunft: Der Kamelhengst Ulan Ude wurde 1998 von der Zunft Kämbel dem Zoo Zürich geschenkt. Bild: Zoo Zürich

Nehmen und geben

Von: Sacha Beuth

28. März 2017

Zunftgeschenke: Von Neuzünftern wird vielfach ein Einstandsgeld sowie ein Eintritts­geschenk verlangt. Doch auch die Zünfte selbst zeigen sich spendabel.

Muss man für das Einstandsgeld in eine Zunft wirklich ein halbes Vermögen hinblättern, wie oft kolportiert wird? Das «Tagblatt» fragte einmal direkt bei den Zünften nach. Daraus ergab sich folgendes, das Vorurteil teilweise relativierendes Bild: Neuzünfter müssen für die Aufnahme je nach Zunft und Alter zwischen 200 und 4000 Franken hinblättern. Manchmal werden von den Neuzünftern zusätzlich Geschenke an die Zunft erwartet. «Einstandsgeld und die Geschenke sind unter anderem als Zeichen der Wertschätzung gegenüber der Zunft und ihren Mitgliedern zu verstehen», erklärt Max Fritz, Zunftmeister Zunft zur Kämbel. In der Wahl des Geschenks sei der Neuzünfter in der Kämbel-Zunft frei. Die Palette reiche vom Keramikgeschirr für die Essen im Zunfthaus bis zu einem Zaumzeug für Pferde. Andernorts kann es auch mal ein edles Taschenmesser sein.

Vergessen geht gern, dass die Zünfte und Ihre Mitglieder sich nicht nur beschenken lassen, sondern auch viel Geld für Projekte oder Dinge ausgeben, die der Allgemeinheit zugutekommen und mit der jeweiligen Zunft oder dem Quartier bzw. der Stadt Zürich in Verbindung stehen, wie ein Kamel für den Zoo Zürich, das Rebbergprojekt Fluntern, ein Nelkenmeisterbild für das Kunsthaus oder die finanzielle Unterstützung für das Museum «Zunftstadt Zürich».

So wird man ein Zöifter – allgemeine Bedingungen für eine Aufnahme

Grundsätzlich entscheiden die Gesellschaft zur Constaffel und jede Zürcher Zunft individuell, nach welchen Kriterien bzw. unter welchen Bedingungen (in der Regel in den Statuten bzw. Satzungen festgehalten) sie ein neues Mitglied aufnehmen will. Es gibt allerdings ein grobes Muster, das mehr oder weniger überall gilt. Vom Profil her stehen das freie, selbstverantwortliche Denken und Handeln und der persönliche Einsatz für die Gemeinschaft im Zentrum. Es wird das aktive Mitwirken am Zunftwesen verlangt. Die Mitgliedschaft bei einer bestimmten Partei ist dagegen kaum noch von Belang, wobei bürgerliches Gedankengut wohl die Regel ist. Der Interessent muss Stadt- zürcher oder zumindest Schweizer sein und gerade bei Quartierzünften einen Bezug zum Quartier haben, also z. B. dort ein Geschäft führen oder sich im Vereins- und Quartierleben engagieren. Weiter muss der Interessent in der Regel einen «Götti» haben, also jemanden, der bereits Zunftmitglied ist und bereit ist, den Interessenten vorzustellen. Meist geschieht das bei einem gemeinschaftlichen Anlass, zu dem der Interessent als Gast eingeladen wird. Falls ihm das Zunftwesen zusagt und gegenseitige Sympathie vorhanden ist, muss der Interessent meist zwei, drei Jahre aktiv am Zunftleben teilnehmen, ehe er einen Aufnahmeantrag stellen kann. Das dafür vorgesehene Organ (Aufnahmekommission, Vorsteherschaft oder Hauptbott) entscheidet dann meist innert kurzer Frist darüber. Bei einer Aufnahme hat der Neuzünfter einmalige Kosten für ein allfälliges Eintrittsgeld und/oder Eintrittsgeschenk, für sein Kostüm (von einigen Hundert bis einigen Tausend Franken, je nach Kostümgruppe) sowie den alljährlichen Mitgliederbeitrag und die jeweiligen Anlasskosten zu bezahlen. Zusätzlich wird bei Zünften mit eigener Liegenschaft oftmals auch verlangt, dass Anteilsscheine dafür erworben werden. Dafür gilt die Mitgliedschaft bis zum Tod des Zünfters. Und es ergeben sich in der Zwischenzeit oft jahrzehntelange Freundschaften.

zurück zu Reportage

Artikel bewerten

Gefällt mir ·  
4.7 von 5

Leserkommentare

Keine Kommentare