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Reportage

«Rangu» = Rüssel hoch!: Damit ein medizinischer Eingriff oder ein Untersuch möglichst stressfrei verläuft, werden diese im Zoo Zürich bei vielen Tieren - wie hier beim Asiatischen Elefanten Thai - geübt. Bild: Zoo Zürich

Nur kein Stress

Von: Severin Dressen

07. Juni 2022

ZOO INTERN Alle zwei Wochen berichtet das «Tagblatt» über Neues oder Wissenswertes aus dem Tiergarten. Heute geht es um Gesundheitschecks.

Blut abnehmen, Fussnägel schneiden, ein Blick ins Maul. Medizinische Vorsorgeuntersuchungen und Zahnarztkontrollen sind Teil einer verantwortungsvollen Tierhaltung und gehören bei unseren Zootieren zum Alltag. Immer wieder werde ich gefragt, ob diese für die Tiere nicht mit grossem Stress verbunden sind und wie die Pflegerinnen und Pfleger es schaffen, dass die Tiere kooperieren und die Behandlungen sicher und entspannt sind. Die Antwort lautet: Mit dem so genannten «Medical Training», bei uns auch als medizinisches Training bekannt. Wie der Name es vermuten lässt, ist die Methode in den USA seit langem verbreitet und wird auch bei uns im Zoo Zürich bei vielen Tierarten seit Jahren erfolgreich angewendet.

«Medical Trainings» sind fester Bestandteil eines modernen Zoos und basieren auf dem Prinzip der positiven Verstärkung. Damit das Tier ein gewünschtes Verhalten zeigt, wird dieses regelmässig mit ihm geübt und bei Gelingen belohnt. Druck oder Strafen gibt es nicht. Geduld und Vertrauen zwischen den Tieren und ihren Tierpflegerinnen und Tierpflegern sind essenziell.

Wie entspannt eine Behandlung für Tier und Mensch dank medizinischem Training sein kann, bewies Elefantenbulle Thai. Einer seiner Stosszähne war aufgesplittert und musste abgesägt werden. Weil Tierpflegerin Sabrina Markzoll regelmässig mit den Elefanten übt, sich an der Trainingswand in Position zu bringen und den Rüssel zu heben («Rangu»), gelang die Intervention ohne Narkose oder Beruhigungsmittel. Thai machte vorbildlich mit und wurde analog dem Training am Schluss mit Bananen belohnt. Sämtliche Eingriffe bei den Elefanten, ob im Training oder bei der Behandlung, finden im Zoo Zürich im so genannten geschützten Kontakt statt. Das heisst, es befindet sich immer eine Schranke zwischen Tier und Mensch.

Lulu lernt schnell 

Neben den Elefanten werden auch Gorillas, Orang-Utans, Seehunde und viele weitere Arten regelmässig trainiert. Seehunde sind interessiert und neugierig, hier lässt sich das medizinische Training besonders gut in ihr tägliches Pflegeprogramm integrieren. Die Tiere lernen beispielsweise ihre Flossen zu heben, um sich bei Bedarf tierärztlich untersuchen zu lassen. Wichtiges Hilfsmittel beim Training ist die Pfeife. Zeigen die Seehunde das gewünschte Verhalten, ertönt ein Pfiff, der dieses unmittelbar bestätigt, und darauf folgt abschliessend der verdiente Belohnungs-Fisch.

Wie dank Training auch neuartiges Verhalten gelernt werden kann, zeigten kürzlich unser Fischotter-Weibchen Lulu und die Tierpflegerin Angie Perin de Iaco. Weil eine Untersuchung anstand, die nur mit betäubtem Tier durchgeführt werden kann, bereitete Angie die Fischotter-Dame spielerisch auf das Blasrohr mit dem Betäubungspfeil vor. Ein paar Wochen übten die beiden regelmässig. Als die Tierärztin vorbeikam, war die Situation Lulu vertraut und die Betäubung konnte ohne Probleme vorgenommen werden. Ohne das vorgängige Training hätten wir Lulu mit dem Netz einfangen und anschliessend betäuben müssen, was für Lulu und Angie mit Stress verbunden gewesen wäre. Dem medizinischen Training sei Dank war dies nicht nötig.

 

Üben für den Transport

Aufgrund der internationalen Zuchtprogramme reisen immer wieder Tiere aus dem Zoo Zürich in andere Tiergärten. Mit Hilfe der positiven Verstärkung üben die Tierpflegerinnen und Tierpfleger auch regelmässig Transportsituationen. Die Tiere lernen allein in die Transportkiste zu laufen und sich darin aufzuhalten. Der Schlüssel für das Gelingen dieser Übungen ist auch hier die Belohnung am Schluss.

Weitere Infos: www.zoo.ch/de/zoonews

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