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Reportage

Exemplar im Blütenstand. Bild: Zoo Zürich / Karl Sprecher

Ravenala – Wegweiser und Wasserreservoir

Von: Severin Dressen

25. Mai 2021

ZOO INTERN Alle zwei Wochen berichtet das «Tagblatt der Stadt Zürich» über Neues oder Wissenswertes aus dem Tiergarten. In dieser Woche geht es um die Ravenala – den Baum der Reisenden.

Im Masoala-Regenwald brauchen unsere Besucherinnen und Besucher oft etwas Geduld, wenn sie nach einem bestimmten Tier oder einer besonderen Pflanze Ausschau halten. Es gibt aber tatsächlich auch Lebewesen, die selbst im dichten Immergrün unseres Zürcher Miniregenwalds ganz schnell zu entdecken sind. Eines davon ist die Ravenala (Ravenala madagascariensis), auch Baum der Reisenden genannt.

Die Ravenala sieht man deshalb sehr gut, weil sie sehr gross werden kann, nämlich bis zu fünfzehn Meter hoch. Zudem hat sie riesige Laubblätter, die Längen von bis zu drei Metern erreichen und wie ein gigantischer Fächer angeordnet sind.

Ihren Namen «Baum der Reisenden» verdankt die Pflanze dem Umstand, dass sich in ihrem Blattgrund Regenwasser sammelt. Durch Anstechen der hohlen Blattscheiden können sich durstige Reisende so einen Notfall-Drink besorgen – zumindest theoretisch. Praktisch ist dieses Wasser in der Regel wenig appetitlich, weil sich nebst Regen auch vermoderte Blätter oder tote Kleintiere im «Wasserreservoir» der Pflanze sammeln. Die Blätter des Ravenala-Fächers wachsen notabene tendenziell in Ost-West-Ausrichtung. In diesem Sinne bietet der Baum den Reisenden auch eine Orientierungshilfe.

Mehr Banane als Palme

Im Englischen heisst die Ravenala «Traveler’s Palm», also Palme der Reisenden. Der Palmenteil dieser Bezeichnung ist allerdings irreführend, auch wenn der Stamm tatsächlich etwas palmenartig aussieht. Die Ravenala ist indes keine Palme, sondern als Strelitziengewächs ein Mitglied der Ingwerartigen – und damit eine Verwandte der Banane.

Die Ravenala ist die einzige Art ihrer Gattung und kommt nur in Madagaskar vor. Hier ist sie vom Tieflandregenwald bis in die Bergwälder auf rund 1600 Metern über Meer hinauf anzutreffen. Auf dieser Höhe bildet sie dann allerdings keinen Stamm mehr aus, wie er typischerweise im Tiefland wächst. Die prächtigen grossen Fächerblätter der Ravenala sind oft eingerissen. Schuld daran ist der Wind. Die Betsimisaraka nutzen die grossen Blätter, um die Dächer ihrer traditionellen Pfahlbauten damit zu decken.

Die Ravenala gilt als eigentliche Nationalpflanze Madagaskars, ähnlich wie das Edelweiss für die Schweiz. Unter anderem hat die Fluggesellschaft Air Madagascar die Pflanze als Signet für sich gewählt und trägt sie auf der Heckflosse symbolisch in alle Welt hinaus. Aber auch real wurde die Ravenala inzwischen in alle Himmelsrichtungen exportiert, um Parks und Hotelanlagen zu schmücken.

Zeichen der Zerstörung

Ironischerweise ist die Ravenala leider auch ein Symbol für die Urwaldzerstörung Madagaskars. Dies deshalb, weil es sie im primären Regenwald zwar gibt, sie dort aber eher seltener zu finden ist. Besonders gut wächst sie hingegen als Sekundärvegetation auf abgebrannten Urwaldflächen –, sofern genug Brachezeit bestand, dass sich der Boden wenigstens so weit erholen konnte.
Weitere Infos:
www.zoo.ch/masoala

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