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Reportage

Ausgewachsene Elchbullen wie das abgebildete Exemplar aus dem Cheyenne Mountain Zoo in Colorado Springs können es sogar mit Bären aufnehmen. Bild: Sacha Beuth

Riesen auf leisen Hufen

Von: Sacha Beuth

15. März 2023

Elche sind die grössten Hirsche der Welt. Doch trotz ihres gewaltigen Körpers können sich die Tiere beinahe lautlos fortbewegen – was bei Begegnungen mit dem Menschen zu gefährlichen Situationen führen kann.

Die Gebrüder Bigelow aus Idaho werden diesen Tag im März 2023 nicht so schnell vergessen. Mit ihren Schneemobilen fuhren sie einem Waldweg entlang, als wie aus dem Nichts und geräuschlos ein riesiger Elch zwischen den beiden auftauchte und dem einen Bruder den Weg versperrte. Während dieser die Szene filmte, stoppte der vorausfahrende Bruder sein Fahrzeug, stieg ab und wollte das Tier verscheuchen. Doch der Elch liess sich davon nicht beeindrucken, sondern kehrte sich im Gegenteil um und trottete auf den Störenfried zu. Dieser sah sich nun veranlasst, schnellstens wieder auf sein Schneemobil zu steigen. Doch bevor er den Motor starten konnte, hatte ihn der Elch erreicht. Reflexartig warf sich der Mann zur Seite, während der Elch das Schneemobil rammte, dabei hängen blieb und strauchelnd im Schnee landete. Dort blieb das Tier einen Moment liegen und trollte sich schliesslich in den Wald – zwei glücklicherweise unverletzte Menschen sowie ein ziemlich verbeultes und zerkratztes Schneemobil zurücklassend.

Der Vorfall ist beispielhaft für Begegnungen zwischen Mensch und Elch. Diese sind im nördlichen Amerika, Asien und Europa – dem Verbreitungsgebiet der Riesenhirsche – alles andere als selten und gehen auch nicht immer so glimpflich aus. Laut Literaturangaben sterben jährlich in Alaska mehr Menschen durch einen Elch- als durch einen Bärenangriff.

Zumeist hat man das Tier weder gesehen noch gehört, bis es plötzlich vor einem stand. Eine mögliche Erklärung hierfür kann sein, dass die Fellfarbe der Tiere sich kaum vom dunklen Gehölz des Waldes abhebt. Das geräuschlose Auftreten wiederum könnte mit der speziellen Konstruktion ihrer Hufe zusammenhängen. Als einzige Hirschart weisen Elche eine Verbindungshaut zwischen den beiden Vorderklauen auf. Werden diese gespreizt, vermindert sich nicht nur das Einsinken im Schnee und morastigen Boden, sondern es dämpft möglicherweise zusätzlich die Schritte der Tiere. Gesichert ist jedenfalls, dass die Verbindungshäute den Elchen bei der Fortbewegung im Wasser helfen und dann als Schwimmhäute dienen, weshalb die Tiere als gute Schwimmer gelten.

Tödliche Huftritte

Mit einer Höhe von bis zu 2,30 Metern und einem Gewicht von bis zu 800 Kilogramm haben Elche kaum Feinde und legen bei Begegnungen mit Menschen und anderen Tieren ein entsprechend selbstbewusstes Verhalten an den Tag. Nur Tiger, Wölfe und Bären wagen sich gelegentlich an die Riesen heran, müssen dann aber immer gewahr sein, tödliche Huftritte zu erhalten oder – bei einem Elchbullen – vom schaufelartigen Geweih verletzt zu werden. Trotzdem sind die Riesenhirsche normalerweise nicht auf eine Konfrontation aus und machen sich vorzeitig aus dem Staub. Dabei können sie eine Geschwindigkeit von bis zu 60 km/h erreichen und Hindernisse von bis zu 2 Metern Höhe überspringen.

So standfest sie sich gegenüber grossen Kontrahenten erweisen, so sensibel reagieren sie auf kleine Widersacher. Parasiten wie Leberegel, Eingeweidewürmer und Milben sowie diverse virale und bakterielle Erkrankungen fordern regelmässig ihren Tribut, insbesondere bei geschwächten oder jungen Exemplaren. Dies ist – nebst ihrer Hitzeanfälligkeit und der speziellen Ernährung, die überwiegend aus Trieben, frischem Laub und Wasserpflanzen besteht – einer der Hauptgründe, warum sie relativ selten in mitteleuropäischen Zoos und Tierparks gezeigt werden. In der Schweiz halten gegenwärtig nur der Wildnispark Zürich / Langenberg und der Tierpark Bern Elche.

Bei einem derartigen Riesen, der zudem noch einen markanten Kinnbart, eine überhängende Oberlippe und stelzenartige Beine aufweist, erstaunt es, dass er immer wieder mit anderen Hirschvertretern verwechselt wird. Insbesondere mit Rentier und Wapiti. Ersteres ist jedoch viel kleiner und besitzt auch nur ein spärliches Geweih (dafür bei beiden Geschlechtern) statt Schaufeln. Beim Wapiti wiederum dürfte dessen amerikanische Bezeichnung «Elk» schuld an der Verwechslung sein. Der echte Elch wird dort hingegen «Moose» genannt.

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