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Reportage

Rote Nasen für sichere Strassen

Von: Sibylle Ambs

19. Dezember 2017

Jedes Jahr im Dezember sind sie wieder im Einsatz für alle, die nicht mehr fahrtüchtig sind: Die freiwilligen Fahrer der Aktion Nez Rouge bringen Autofahrer mit ihren eigenen Fahrzeugen sicher nach Hause.

Der Schnee kam überraschend: Es ist zwar Dezember, aber bis um kurz nach sechs Uhr abends war es grün in Zürich. Eine halbe Stunde später bietet sich ein anderes Bild – es stürmt und schneit quer, und die weisse Pracht bleibt liegen. In der Zentrale von Nez Rouge Zürich auf dem Flugplatz Dübendorf stellt man sich auf eine anstrengende Nacht ein. «Es kann gut sein, dass viele gar nicht mitbekommen haben, dass es schneit. Wenn sie jetzt aus dem Restaurant kommen, erleben sie eine Überraschung», meint Johannes Cutka, Präsident des Vereins Nez Rouge Zürich. Vorsorglich befreien die ersten Teams der freiwilligen Fahrer ihre Autos vom Schnee.

Auch ohne Schneesturm herrscht im Dezember Hochsaison für die Aktion Nez Rouge: An Firmenfeiern, After-Work-Apéros und anderen Anlässen fliesst der Alkohol, und so manch einer bemerkt zu spät, dass er eigentlich nicht mehr hinters Steuer gehört. Gut, wenn man sich in diesem Moment an die Telefonnummer von Nez Rouge erinnert: Der kostenlose Fahrzeug- und Personenheimführdienst fährt diejenigen, die nicht mehr fahren können, mit ihrem eigenen Auto nach Hause. Bruno Stäubli (68) und Philipp Morel (61) aus Zürich fahren seit vier Jahren als Freiwillige: «Im Dezember sind wir jeweils drei bis vier Nächte zusammen im Einsatz», erzählt Bruno Stäubli.

An diesem Abend sind sie Team 8 von 11 Teams und warten im Gemeinschaftsraum der Zentrale auf ihren Einsatz. Ab 22 Uhr sind die Telefone offen. Die Voraussetzung, um ein Team bei Nez Rouge zu buchen, ist ein eigenes Auto. «Wir sind keine Konkurrenz zu Taxis. Wir fahren jeweils zu zweit mit unserem Auto zum Kunden», so Philipp Morel. «Dort steigt dann einer in den Wagen des Kunden um und fährt diesen damit nach Hause. Der andere fährt mit unserem Auto hinterher.» Was viele der Kunden nicht wissen: Der Dienst ist ehrenamtlich, die Fahrer verdienen nichts. Die Spenden, die eingenommen werden, gehen zu einem grossen Teil an eine gemeinnützige Organisation. Dieses Jahr ist es «Epi-Dogs for Kids». Der Verein unterstützt Familien bei der Finanzierung eines Epilepsie-Begleithundes für ihr krankes Kind. «Die Fahrgäste bestimmen selber, wie viel ihnen die Fahrt wert ist», erzählt Bruno Stäubli. «Wenn sie dann hören, wofür das Geld eingesetzt wird, erhöhen sie oft den Spendenbeitrag.» Das Team Stäubli/Morel kam schon öfter in Polizeikontrollen bei der Heimfahrt mit dem Fahrgast: «Da hat schon mancher Fahrgast tief aufgeatmet und war froh, uns gerufen zu haben.»

Sagts, und schon gehts los für die beiden. Es gilt einen Kunden an der Zürcher Gessnerallee abzuholen und nach Hause zu fahren. Zum Glück haben sie bereits früher am Abend den ihnen zugeteilten Smart aus dem Schnee gegraben und sind sofort startklar. 1460 Kilometer pro Nacht Die Aktion dauert den ganzen Dezember über. «Wir nehmen Anrufe bis drei Uhr morgens entgegen. In der Silversternacht sogar bis fünf Uhr früh», so Johannes Cutka. Die freiwilligen Fahrer dürfen 24 Stunden vor ihren Einsätzen keine Drogen, keinen Alkohol oder Medikamente konsumiert haben und müssen mit Unterschrift bezeugen, dass sie fahrtauglich sind. «Unser Einzugsgebiet erstreckt sich über den Kanton Zürich und kann in Ausnahmefällen sogar bis Luzern oder Bern gehen.» Die Fahrer sind immer in Zweierteams unterwegs, und an vielen Abenden setzen sich auch der Präsident und der Pressesprecher Julien Fölling hinters Steuer.

Letzterer hat heute einen Spezialauftrag: «Ich bin mit Kerstin Cook im Team. Als Botschafterin von Smart, die unsere Teamautos zur Verfügung stellen, übernimmt die Ex-Miss Schweiz eine Schicht.» Fazit am nächsten Tag: Trotz Schneesturm verlief die Nacht ohne Zwischenfälle, und die Teams haben insgesamt 22 Fahrten durchgeführt. Die freiwilligen Fahrer haben in dieser Nacht 31 Fahrgäste sicher nach Hause gebracht und dafür total 1461 Kilometer unter die Räder genommen.

Die Aktion Nez Rouge dauert noch bis und mit 31. Dezember. Einsätze ab 22 bis 3 Uhr, Silvester bis 5 Uhr morgens. Gratisnummer 0800 802 208. Reservationen sind nicht möglich. www.nezrougezuerich.ch

 

 

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