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Reportage

Idyllisch: Der Stadtumgang führt durchs Werenbachtobel.

Um die Stadt herum

Von: Clarissa Rohrbach

06. September 2016

Der Stadtumgang findet neu in drei Etappen statt. Wir sind von Tiefenbrunnen nach Auzelg mitgelaufen.

9.10 Uhr: Der Stadtumgang beginnt. Ausgerüstet mit Wanderschuhen, Rucksack und einer ordentlichen Portion Elan, stehen die Damen und Herren am Bahnhof Tiefenbrunnen. Stadtrat Andres Türler begrüsst die 95 Teilnehmer, die meisten von ihnen sind Senioren. «Sie werden heute entlang der östlichen Stadtgrenze wandern, wo Zürich sich von seiner grünen, wilden Seite zeigt. Geniessen Sie die Impressionen.» Kurze Rede, kurzer Sinn, die Gruppe klatscht, los gehts.

«Doch, doch, das Wetter ist sehr angenehm», meint ein Herr mit Dächlikappe. In einer Hand hält er eine Stadtkarte, in der anderen einen Wanderstock, der im Laufrhythmus auf den Asphalt der Flühgasse klopft. Beim Wandern ist man per Du, man kommt leicht ins Gespräch. «Hoffentlich schaffe ich die 19 Kilometer», sagt eine Dame in karierter Bluse. Die grauen Köpfe bewegen sich schnell auf und ab. Die Senioren haben einen Zacken drauf.

Ganz vorne wedelt die Leiterin Lydia Beer von den Zürcher Wanderwegen mit einem Fähnchen in den Züri-Farben. Der Verein organisierte den Stadtumgang letzten Samstag zum ersten Mal. Nachdem sich die Teilnehmerzahl in den letzten zehn Jahren von 600 auf 280 reduziert hatte, wurde der logistische Aufwand der Stadt zu viel. Man zog die Wanderprofis bei. «Ich habe eine Woche gebraucht, um die Route zusammenzustellen», sagt Beer. Sie sei Strassen, so nahe der Stadtgrenze wie möglich, abgelaufen und habe sich notiert, wo es besonders schön sei. Resultat: Die Wanderung ist neu in drei verträgliche Abschnitte an drei Tagen aufgeteilt, Verpflegung und Transporte mit Bussen fallen aus. Es wird nur noch gelaufen.

Schon mit Estermann dabei
Wir erreichen den Friedhof Enzenbühl. «Hier verteilten sie uns Äpfel», sagt Lucia (70) etwas nostalgisch. Der Anlass sei früher gut organisiert gewesen mit Trinkstationen und Mittagessen auf der Werdinsel. Nach 40 Jahren in Zürich zog sie in den Kanton Schwyz. An den Stadtumgang komme sie, weil sie Heimweh habe. Ein paar besonders ehrgeizige Wanderer überholen sie. Bei der Rehalp steht ein 11er-Tram. «Auzelg» steht drauf, unsere Destination – noch vier Stunden entfernt.  

Ein Schild kündigt Zollikon an, doch wir biegen in den Wald ab. «Ich lief schon mit, als Stadtpräsident Josef Estermann noch dabei war», erzählt Heidi (74). Die Sonne strahlt zwischen den Blättern auf ihr Gesicht, Steine knistern unter den Schuhsohlen. Sie gesellt sich zu einem Grüppchen, das über seine Enkelkinder spricht. Wie gross sie schon seien. Und wie viel Wäsche sie hätten.

Sechs Minuten Pause: Damen rechts und Herren links, für den Fall, dass jemand austreten muss. «Ich schwitze. Man merkt, dass man älter wird», meint einer. «Es ist halt tüppig», antwortet der andere. Einige trinken Wasser, andere essen eine Banane und waschen sich danach die Hände im Werenbachtobel. Dann gehts weiter zur Trichtenhauser Mühle. Eine Dame bleibt auf der steilen Treppe nach Witikon stehen. «Ich hätte nie gedacht, dass ich mal so atmen muss.» 370 Meter Höhenunterschied beträgt die Wanderung insgesamt.

«Ohne Gipfelipause fehlt das Gemeinschaftsgefühl», meint Arnold (68). Der Pensionierte wohnt in Albisrieden und entdeckt hier ein ganz anderes Zürich. «Noch 50 Minuten bis zum Mohrenkopf», witzelt er. Zwischen hohen Tannen gehts nochmals steil das Wildschonrevier hinauf. Beim Loorenkopf riecht es nach verbranntem Holz, eine Familie brät ihre Cervelats. Die rüstigen Stadtumgänger sitzen auf die Bänkli und packen ihre Sandwichs aus. Mittagspause, eine Stunde.

Fünf Stunden sind genug
Es geht weiter. Die Felder des Adlisbergs breiten sich vor uns aus. Zwischen Apfelbäumen blicken wir hinunter auf Wallisellen. Der Weg im Sagentobel führt steil hinab. In Stettbach begrüssen uns bellende Hunde, die Einfamilienhäuschen verteidigen. Dann wirds suburban: Kräne bauen Bürokomplexe, Busse fahren nach Dübendorf.

Entlang der Glatt horchen wir dem Flugzeuglärm und den Autos, die vorbeidonnern. Noch an ein paar bescheidenen Schwamendinger Siedlungen vorbei, und wir erreichen unser Ziel, die Endstation Auzelg. Es ist 14.30 Uhr, den meisten reichts. Die Stadtumgänger rennen aufs Tram, ohne sich zu verabschieden.

Die 2. und 3. Etappe des Stadtumgangs finden am 1. und 8. Oktober statt:

www.zuercher-wanderwege.ch

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