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Reportage

Invasive Neophyten sind auf dem Vormarsch. In den Botanischen Gärten gibt es jetzt Informationen zu den entsprechenden Pflanzen wie dem Sommerflieder oder dem Japanischen Staudenknöterich. Bilder: PD

Unerwünschte Gäste

Von: Andreas Honegger

03. Juli 2020

Pflanzenreich: In den Botanischen Gärten der Schweiz gibt es jetzt Informationen zu invasiven Neophyten. Viele dieser problematischen Pflanzenarten sind dank des Klimawandels auf dem Vormarsch.

Unter dem Label des 1972 gegründeten Vereins «Hortus Botanicus Helveticus» hat sich eine Zusammenarbeit der Botanischen Gärten und Pflanzensammlungen der Schweiz etabliert. Der Garten- und Pflanzenführer «Botanica» und die unter diesem Namen organisierten Sonderausstellungen bieten Informationen zu aktuellen Themen der Botanik. In diesem Jahr gilt der Anlass Pflanzen, die man in den entsprechenden Gärten kaum findet. Es geht um die invasiven Neophyten, also Pflanzen, die aus anderen Ländern und Kontinenten eingeschleppt werden und sich dann als Bedrohung für die einheimische Flora erweisen. Sie verdrängen letztere durch ein viel kräftigeres Wachstum und eine potentere Vermehrung. Kein Wunder, dass man diese Pflanzen in den meisten Botanischen Gärten nicht will, und deshalb auf sie mit Hilfe von Schautafeln und der Broschüre «Botanica» aufmerksam gemacht wird.

Nicht alle sind schädlich

Neophyten sind an sich nicht zwingend schädliche Pflanzen, ganz im Gegenteil. Ein grosser Teil der bei uns für die Ernährung bedeutsamen Pflanzen sind nach der Entdeckung Amerikas bei uns heimisch geworden: Kartoffeln, Mais, Tomaten, Peperoni und andere Nutzpflanzen haben nicht nur unseren Speiseplan bereichert, sondern auch geholfen, den Hunger der europäischen Bevölkerung zu bekämpfen. Aber auch viele unsere Gärten bereichernde Pflanzen mit prächtigen Blüten haben ihren Ursprung in der neuen Welt in Asien und in Afrika. Wir hätten keine Agaven in Europa, keine blauen Agapanthus, keine roten Pelargonien – die für uns als «Geranien» selbstverständlichen Blumen in den Balkonkistchen und auf Fensterbrettern – und viele Bäume in unseren Parkanlagen wären uns nicht bekannt.

Viele Pflanzen aus aller Welt haben die Engländer in ihrem Kolonialreich gesammelt, und sie haben sich von England aus wieder in die ganze Welt verbreitet. Alle diese Neophyten sind für uns gerngesehene Gäste. Leider gibt es aber doch eine ansehnliche Liste von Arten, die sich bei uns nicht als Gäste im Garten benehmen, sondern invasiv sind und sich Standorte erobern, die schwächeren, zum Teil seltenen und einheimischen Pflanzen ihren Lebensraum rauben. Einige sind schon lange in Europa ansässig, etwa der Sommerflieder, der Kirschlorbeer, die kanadische Goldrute (Solidago) oder die Robinien, sie neigen nun aber zu einer grossen Ausbreitung. Das ist manchmal nicht nur ärgerlich, sondern kann auch gefährlich sein. Die Aufrechte Ambrosie (Ambrosia artemisiifolia) kann in einer Saison über eine Milliarde Pollenkörner produzieren, die bei empfindlichen Personen schwerste Allergien auslösen. Die Klimaerwärmung fördert zudem die Ausbreitung einiger der invasiven Neophyten, denen es bisher bei uns zu kalt war.

Der Verkauf der invasiven Neophyten, die auf der Schwarze Liste und der Watch-Liste aufgelistet sind, ist untersagt und die Pflanzen sollten eigentlich auch aus den Gärten entfernt werden. Da aber scheiden sich die Geister. Tatsächlich sind einige der Neophyten bei uns schon so zur Selbstverständlichkeit in den Gärten geworden, dass man sie schätzt. Es gibt auch Leute, die finden, man solle der Natur den Kampf überlassen, es sei ein Teil der Evolution, dass sich die starken Arten durchsetzten.

Einen Zwang, die Gärten von den seit Jahrzehnten oder Jahrhunderten in unserer Region angesiedelten Pflanzen zu «säubern» ist sicher nicht angebracht, wohl aber alle Bemühungen, deren Überhandnehmen in der Natur, in Wiesen und Wäldern, also überall ausserhalb des Siedlungsgebietes, zu bekämpfen. Wirklich gefährliche Pflanzenarten sollte man im eigenen Interesse auch nicht in Gärten pflanzen.

Weitere Informationen: www.botanica-suisse.org

Wichtige invasive Neophyten: Ambrosia, Amerikanische Traubenkirsche, Armenische Brombeere, Blauglockenbaum (Pavlonia), Drüsiges Springkraut, Einjähriges Berufskraut, Essigbaum (Rhus), Falsche Mimose (Acacia dealbata) (im Tessin) , Götterbaum, Japanischer Staudenknöterich, Japanisches Geissblatt, Jungfernrebe, Kanadische Goldrute (Solidago), Kermesbeere, Kirschlorbeer, Kudzu (im Tessin), Lupine, Riesenbärenklau, Runzelblättriger Schneeball, Schmalblättriges Greiskraut, Sommerflieder (Buddleja), Topinambur, Falsche Akazie (Robinie)

Führer zu gewinnen!

Das «Tagblatt der Stadt Zürich» verlost 5 Botanica-Pflanzenführer mit Infos zu den invasiven Neophyten. Senden Sie uns eine E-Mail mit Name, Adresse, Telefon und dem Betreff Botanica an: gewinn@tagblattzuerich.ch

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