mobile Navigation

Reportage

Langsam, aber sicher verschwinden die kleinen Sechsbeiner wie die Marienkäfer. Unbemerkt. Aber mit fatalen Folgen – für uns alle. Bild: Naturfreunde Schweiz

Wo sind all die Insekten?

Von: Isabella Seemann

18. September 2018

Bauern, Imker und Naturschützer sind besorgt über den Insektenschwund und fordern in einer Petition, die Ursachen zu ergründen. Auch die Bevölkerung soll wachgerüttelt werden.

Für wen das Surren und Brummen fliegender Insekten zum Sommer gehört, dem mag es aufgefallen sein: Es ist stiller geworden. Forscher haben in verschiedenen Naturschutzgebieten Deutschlands 27 Jahre lang Insekten gefangen, bestimmt, gezählt, gewogen – und festgestellt, dass die Biomasse dieser Tierchen um über 75 Prozent abgenommen hat.

Wie stark die Schweiz betroffen ist und welche Ursachen mitwirken, ist bislang nicht erfasst. Diese Wissenslücke wollen die Naturfreunde Schweiz schliessen: Zusammen mit dem Schweizer Bauernverband (SBV), der Organisation Dark Sky Switzerland und Apisuisse, dem Dachverband der schweizerischen Bienenzüchtervereine, lancierten sie die Petition «Insektensterben aufklären». Bundesrat und Parlament werden darin aufgefordert, Gründe und Ausmass des Insektensterbens wissenschaftlich untersuchen zu lassen und die finanziellen Mittel dafür zur Verfügung zu stellen.

Wichtige Bestäuber

Doch was muss es uns Menschen kümmern, wenn weniger dieser zuweilen lästigen Mücken und Käfer durch die Lüfte schwirren? «Das Sterben der Insekten gefährdet auch unsere eigene Grundlage», warnt Urs Wüthrich, Präsident Naturfreunde Schweiz. «Alle Insekten sind Bestäuber von Pflanzen, und ohne Pflanzen haben Mensch und Tier keine Nahrung.»

Es gehe den Petitionären deshalb auch darum, die Bevölkerung für ein Problem zu sensibilisieren, das kaum sichtbar ist. «Jeder soll sich bewusst werden, was Insekten in ihrer Vielfalt, Schönheit und wegen ihrer Schlüsselrolle in der Ökologie für uns alle bedeuten.» Im Fokus stehen insbesondere die intensive Landwirtschaft mit ihren Monokulturen und der Einsatz von gewissen Pflanzenschutzmitteln, die den Insekten den Garaus machen.

Die Landwirtschaft sei bereit, für dieses Thema Verantwortung zu übernehmen, hält FDP-Nationalrat Jacques Bourgeois, Direktor des Schweizer Bauernverbands, fest und verweist auf die unverzichtbare Aufgabe der Insekten bei der Bestäubung landwirtschaftlicher Kulturen, wie der Obstbäume. Dass es dringend weitere Anstrengungen zur Aufklärung des Insektensterbens braucht, davon zeigt sich auch Sonia Burri-Schmassmann, Präsidentin von Apisuisse, überzeugt. Vor allem Wildbienen bedürfen eines besonderen Schutzes, da sie stark auf einige wenige Nahrungspflanzen spezialisiert seien. «Verschwindet eine Pflanzenart, stirbt auch die dazugehörige Wildbienenart aus.»

Auf die für Insekten besonders negativen Folgen des Kunstlichts verweist Lukas Schuler, Präsident von Dark Sky Switzerland, einer Umweltschutzorganisation, die sich des Problems der Lichtverschmutzung annimmt. So können an einer einzelnen Lampe pro Nacht Hunderte Insekten angelockt werden und schliesslich aus Erschöpfung verenden. Zwar konnte mit den eingeführten LED-Strassenlampen der Energiebedarf gesenkt werden, hingegen erzeugen diese ein Licht mit einem hohen Blauanteil, das auf die Insekten geradezu magnetisch wirkt. Daher spricht sich Dark Sky Switzerland dafür aus, auf kaltes oder neutralweisses Licht zu verzichten und nur Leuchten einzusetzen, die warmes Licht erzeugen. Das kommt auch der Nachtruhe des Menschen zugute.

Petition im Internet und auf Papier Sammelfrist endet am 24. 11. 2018
www.insektensterben.ch

zurück zu Reportage

Artikel bewerten

Gefällt mir 1 ·  
Noch nicht bewertet.

Leserkommentare

Keine Kommentare