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Stadtratskolumne

Raphael Golta

Sinn oder Irrsinn?

Im Herbst beginnt die Jagdsaison. Es wird aber derzeit auch ausserhalb des Waldes scharf geschossen. Gegen die Sozialhilfe. Gegen Asylsuchende. Gegen jegliche Form von «Sozial-Irrsinn», womit die Zeitung mit den leicht bekleideten Damen auf der Frontseite das alles zusammenfasst. Wir lesen von Einzelfällen, die viel kosten. Von Einzelfällen, bei denen Leute angeblich ihre Wohn­gemeinde «abzocken».


In der Stadt Zürich haben wir rund 9000 Haushalte, die Sozialhilfe beziehen müssen, um zu überleben. Für eine Stadt von Zürichs Grösse ist das durchaus verkraftbar. Viele dieser Leute sind vorübergehend in eine Notlage geraten. Mit den richtigen Mitteln schaffen wir es gemeinsam, dass sie sich daraus befreien können. Ein Teil von ihnen hat die Kraft dafür nicht mehr. Ihr Leben ist derart verlaufen, dass sie den Anschluss verpasst haben. Gründe dafür gibt es zuhauf. Auch Menschen auf der Sonnenseite finden sich manchmal durch eine unglückliche Wendung im Schatten wieder.


Was tun mit diesen Leuten? Sie sich selbst überlassen? Das Gesetz des Stärkeren spielen lassen? Ist selber schuld, wen Kraft und Glück verlassen?
In der Wildnis mag dieses Gesetz gelten. Wir nennen das Natur und finden es womöglich schauderhaft, vielleicht faszinierend. In einer Stadt, in der Menschen zusammenleben und aufeinander angewiesen sind, geht das nicht. Hier ist Zivilisation. Sie geht einher mit den grössten Errungenschaften des Menschen. Zivilisation bedeutet, dass wir Rücksicht aufeinander nehmen und uns gegenseitig unterstützen.


Entscheiden Sie selbst: Ist es nun Unsinn, wenn wir in Not geratenen Personen das Überleben sichern? Oder bilden unsere menschlichen ­Eigenschaften nicht vielmehr den Sinn des Menschseins?

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