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Stadtratskolumne

Willkommen, in Deutschland

Meine Ferien verbringe ich auf einer Nordseeinsel. Hier ist es kühl und windig. Da kann ich mich wunderbar erholen, mit Partnerin und Hund an kilometerlangen Stränden spazieren, tief durchatmen und ausgiebig deutsche Zeitungen lesen. Im lokalen Inselboten, im bürgerlichen «Hamburger Abendblatt» und auch in der bundesweiten linken Tageszeitung TAZ wird neben Grexit vor allem die Debatte über die Flüchtlingsströme intensiv geführt. In Schleswig-Holstein kommen täglich bis zu 200 Asylsuchende an, nachdem es im letzten Jahr noch 200 pro Woche gewesen waren. Überall müssen eiligst Notunterkünfte eingerichtet werden. Im benachbarten Hamburg liess der Innensenator über Nacht in einem Park eine kleine Zeltstadt für Flüchtlinge aufbauen. Nicht alle sind begeistert über die Flüchtlingsströme. Es gibt aber auch viel Unterstützung. Freiwillige engagieren sich spontan. Sie sammeln und verteilen Kleider, Toilettenartikel, Spielsachen und Decken. Noch wichtiger aber, sie heissen die Flüchtlinge willkommen, setzen sich mit ihnen zusammen, hören zu und versuchen zu helfen.

Die TAZ publiziert Extrabeilagen, in denen Flüchtlinge zu Wort kommen, Menschen und Schicksale porträtiert werden und über die Hintergründe der Fluchten informiert wird. Was mich bei all dem beeindruckt, ist die Grundhaltung, welche auf eine Willkommenskultur, auf Begegnung statt Isolation setzt. Es ist von neuen Nachbarinnen und Nachbarn die Rede. Die Flüchtlinge stehen als Menschen mit ihrer individuellen Geschichte im Zentrum und werden nicht in erster Linie als baldmöglichst abzuschiebendes Problem behandelt. Flüchtlinge werden als Teil der Gesellschaft wahrgenommen. Das ist eine pragmatische und realistische Sichtweise, denn die sogenannte Flüchtlingsproblematik wird in absehbarer Zeit nicht einfach vom Erdboden verschwinden, solange in weiten Teilen der Welt Krieg, Hunger und Armut herrschen.

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