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Kultur

Herbert Grönemeyer erfand mit Hits wie «Männer» oder «Flugzeuge im Bauch» (beide 1984) die deutsche Popmusik neu. Bilder: Antoine Melis

Die Schweiz riechen

Von: Reinhold Hönle

05. Februar 2019

Herbert Grönemeyer (62) singt auf seinem neuen Album «Tumult» und im ausverkaufen Hallenstadion über Liebe und Politik. Liebe empfindet er auch zu seiner früheren Schweizer Wahlheimat.

Welche Frage stellen Sie sich immer wieder?
Herbert Grönemeyer: Kommen wir irgendwann zur Vernunft? Vielleicht? Und mir selbst: Bist du musikalisch noch relevant? Schaffst du das in deinem Alter noch? In welchem Bereich bewegst du dich? Ist das Popmusik? Ich glaube, das ist eine Frage, die ich mir immer wieder stelle.

Wie lautet Ihre Antwort?
Pop und Rock ist Sturm- und Drangmusik, hat mit Jugend zu tun, ist unbeschwert und naiv. Und impulsiv. Ich frage mich: Wie empfindest du Musik? Was gibt sie dir? Wie lange hält diese Begeisterung noch vor? Ich habe sicher manchmal Angst, sie zu verlieren. Ich frage mich: Bist du noch in der Lage, etwas zu machen, das spannend ist?

Manche Künstler hören kaum Musik, um ganz bei sich zu bleiben, andere saugen auf, was um sie herum passiert. Was sind Sie für ein Typ?
Ich bin der Sauger. Ich höre relativ viel Musik. Radio läuft bei mir immer, von früh bis spät. Ich will ja auch deshalb auf dem Laufenden bleiben, weil ich noch ein eigenes Plattenlabel habe, auf dem wir talentierte Künstler fördern. Ich gehe oft an Konzerte. Ich war gerade bei Jack White, Kendrick Lamar und Drake, sogar bei Justin Timberlake, Bruno Mars und Anderson Paak.

Die Single «Doppelherz/iki gönlüm» beginnt mit dem schönen Satz «Jeder braucht seinen Fluchtpunkt, seinen Platz, ne zweite Heimat». Sind Ihre Fluchtpunkte auch zu Ihren zweite Heimaten geworden?
Absolut. Was England angeht. Zuletzt habe ich ein ganz kleines, altes Fischerhaus in Skandinavien gekauft. Es hat mehrere Vorteile. Man kennt mich nicht. Es liegt direkt am Meer. Und es leben dort so wenig Leute, dass es nicht mal einen Laden gibt. Da habe ich ganz viel Platz für meine Gedanken. Ich habe es jedoch überall geschafft, mir ein Stück Heimat zu schaffen, ebenso in Stuttgart, Hamburg oder Köln. Meine Mutter, die aus Estland stammte, hat es mir in Bochum vorgemacht.

Ich vermisse hier etwas, dass Sie die Schweiz erwähnen.
Tut mir leid. Ich habe länger in Zürich gewohnt und habe in Cellerina eine Mietwohnung, denn ich liebe die Schweiz und bin gerne in den Bergen. Das hat einen grossen Charme. Als ich gestern hier im Hotel auf dem Balkon stand und die gute Luft einatmete, dachte ich: «Oh, das riecht nach Schweiz!»

Was hat Sie bei der wunderschönen Ballade «Mein Lebensstrahlen» zur Zeile «Zwischen Hirn und jetzt, mit Liebe versetzt» inspiriert?
Das war der erste Text, den ich geschrieben hatte. Der war noch viel kryptischer als er jetzt ist. Ich spiele halt gerne mit Redewendungen. Wenn ich Songs schreibe, fliegen die so durch. «Zwischen hier und jetzt» war mir zu lapidar, «Zwischen Hirn und jetzt» ist instinktiv. Diese Stelle, die ist irrational, lässt sich nicht durchleuchten, ist einfach schön.

Überraschend ist, dass Sie die Liebe bei «Sekundenglück» mit Kühle und Regen verbinden. Eine Folge des Klimawandels?
Nee! Es gibt doch so eine ganz spezielle Kühle, die passt wie ein Jackett, das richtig geschnitten ist. Nicht Kälte sondern Kühle! Wo die Luft klar ist, aber es noch nicht kalt ist. Wenn man geliebt wird oder sich über etwas freut, knackt es doch so in dir. Für mich ist das ein Moment der Frische!

Weitere Informationen:
Herbert Grönemeyer tritt mit seiner «Tumult»-Tour am Sonntag, 17. März, im Hallenstadion Zürich auf. Das Konzert ist ausverkauft. 
www.groenemeyer.de

CDs zu gewinnen!

Das «Tagblatt» verlost 3 CDs «Tumult». Senden Sie uns eine E-Mail mit Namen, Adresse, Telefon und Betreff Grönemeyer an: gewinn@tagblattzuerich.ch

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