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Kultur

Nicolas Bischof in seinem Atelier an der Geroldstrasse 11 in Zürich. Das Bild gehört zur neuen «Digital Green»–Serie, die sich mit dem Thema Mensch und seine digitale Welt auseinandersetzt. (Bild: Kati Moser)

Ein Maler geht mit der Zeit

Von: Kati Moser

04. Februar 2020

Die neue Serie «Digital Green» des Zürcher Malers Nicolas Bischof handelt von Menschen und ihren Handys. Ein hochaktuelles Thema mit unbegrenzten Variationen.

Das Haus an der Geroldstrasse 11 ist gedrungen, halb aus Backstein, halb aus Holz. Sein Alter ist nicht zu übersehen, sicher sind es hundert Jahre und mehr. Wo einst vermutlich Kohle und weitere Güter gelagert wurden, befinden sich heute mehrere Künstlerateliers, darunter auch jenes von Nicolas Bischof. Der Maler und Zeichner geht seit fünfzehn Jahren dort ein und aus, sein Atelier ist knapp 40 Quadratmeter gross, der Mietvertrag wird alle paar Jahre neu verhandelt. «Ich arbeite jeden Tag bis zu acht Stunden, oft auch an den Wochenenden. Dass ich ein chronischer Single bin und keine Kinder habe, hat auch gewisse Vorteile». Nicolas Bischof schmunzelt, weiss aber auch, wie viel Disziplin eine solche «Freiheit» abverlangt, denn den Boden unter den Füssen kann man allzu schnell verlieren. «Ich bin kein Morgenmensch, wenn ich aber ins Atelier komme, weiss ich ganz genau, was ich tun will.»

Malen mit Tiefgang

Der Maler und Zeichner Nicolas Bischof dokumentiert seine Arbeit sehr sorgfältig. Am Ende des Tages wird ein Ist-Bild – das die Weiterentwicklung des Werkes aufzeigt – erstellt und gleich abgelegt. Skizzen und Zeichnungen werden chronologisch klassiert, deren Fortschreiten ebenfalls dokumentiert.

Seit letzten Sommer arbeitet der Maler an der Serie «Digital Green». Die Vorgabe, die er sich gegeben hat: Alltagsmenschen schauen auf das Display ihrer Handys, dazu Natur im Hintergrund. Ein wahrlich aktuelles und weltumgreifendes Thema, an dem sich die Geister scheiden. Nehmen diese Menschen, die oft durch die schönsten Landschaften laufen und auf ihre Handys starren, überhaupt noch ihre Umgebung wahr? Nicolas Bischof wertet nicht, er stellt dar, was er tagtäglich sieht. Seine Figuren sind Individuen, die sich abkapseln, auch wenn sie zu zweit oder zu dritt auftreten, ihre Interaktionen sind nonverbal, das Tippen auf dem Display ihr Kommunikationsweg. Der Natur ist dieses Verhalten völlig egal. Sie treibt sonderbare Blüten, wirkt mal apokalyptisch in ihren orange-roten Tönen, kühl und fliessend im Blau-Grün. Was den Künstler jedoch wirklich umtreibt, sind Fragen wie: «Wie bringe ich meine Ideen so auf die Reihe, dass es nicht beliebig wirkt». Oder: «Was willst Du überhaupt sagen? Und hat figurative Malerei in dieser digitalen Welt noch eine Berechtigung?». Künstler wie Edward Hopper hätten hinter der eigentlich banalen Darstellung eine Geschichte erzählt. Und dort will Nicolas Bischof hin.

Für Zeitungen illustriert

Mit siebzehn Jahren entdeckt der Zürcher sowohl den Punk – er spielt in einer Band mit – als auch den Jugendstil. Architektur und Design wecken ebenfalls sein Interesse. Schliesslich absolviert er die F+F Schule für Kunst und Mediendesign in Zürich und wird selbstständiger Illustrator bei verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften wie ZüriTipp, Tagesanzeiger Magazin oder Annabelle. Es folgt eine Tätigkeit als Cartoonist und ab 2005 hat der Künstler sein eigenes Malatelier. «Bei einem Cartoon hat man ein paar Sekunden Lesevergnügen, dann landet die Zeitung im Altpapier. Das Bild hat immerhin eine längere Lebensdauer.»

Nicolas Bischof, der Vorstandsmitglied der Zürcher Sektion der Visarte, der Interessenvertretung der professionellen bildenden Künstlerinnen und Künstler der Schweiz, ist, malt figurativ. «Ich glaube mehr an die Evolution als an die Revolution.» Unter den Malern, die ihn zurzeit beschäftigen, befinden sich etwa Edvard Munch, die Bay Area Figuratives oder Adrian Ghenie.

Bevor sich Nicolas Bischof am grossformatigen Ölbild zu schaffen macht, bereitet er Skizzen vor und auf 25 x 20 Zentimeter dickem Papier Farbentwürfe in Acryl, die praktisch schon das spätere Gemälde vorwegnehmen. «Ich brauche diese Entwürfe als optische Hilfe. Bei der Serie ‹Digital Green› sind es schon fast an die hundert!» Der 58-Jährige malt mit generösen Pinselstrichen, teils pastös, teils mit stark verdünnten Farben, die transparente Effekte auf die Leinwand zaubern und den Blick des Betrachters auf sich ziehen.


Weitere Informationen:
www.nicolasbischof.ch

Nächste Gruppenausstellung:

«Visarte Zürich zu Gast in der BINZ39»
vom 13. bis 22.2., Sihlquai 133, 8005 Zürich.
Öffnungszeiten: Di–Sa von 14 bis 17 Uhr

www.binz39.ch

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