mobile Navigation

Album

Gespräch unter drei Augen

Von: Jan Strobel, Redaktor

18. Juli 2017

Die neue Klartext-Kolumne.

Ich bin behindert. Zugegeben, es hätte schlimmer kommen können, das Schicksal hat es noch einmal gut mit mir gemeint. Seit einem Unfall ist mein rechtes Auge blind. Und ich konnte durchaus schon Nutzen aus meiner kleinen Behinderung ziehen. Zum Beispiel erkennen einen die Leute sofort wieder, mögen auch Jahre vergangen sein. Dieses blinde Auge, das aussieht wie heller Schiefer unter Wasser, ist zu einem Markenzeichen geworden, und gerade deshalb habe ich gelernt, es zu lieben. Es ist ein wahrer Eyecatcher. Das bringt es mitunter mit sich, dass die Leute starren. Zum Beispiel im Tram, wenn ich ihnen gegenübersitze. Ich sehe ihnen an, wie irritiert sie sind, neugierig auch. Besonders Kinder in ihrer ganzen Unschuld können eine Herausforderung sein: «Mami, lueg emal. Was het de Maa?» Schwierig gestalten sich auch sommerliche Dates, wenn ich plötzlich die Sonnenbrille abnehme und gleichsam den Schleier lüfte. Augen sind immerhin ein Attraktivitätsfaktor, der Spiegel der Seele, Sie wissen schon. Zu fragen, was denn genau mit dem Auge passiert ist, getrauen sich die wenigsten. Dabei ist es die Geschichte meines Lebens. Rücksichtnahme würde sie verschütten. Die Kinder mit ihrer Offenheit sollten ein Beispiel sein.

 

 

zurück zu Album

Artikel bewerten

Gefällt mir ·  
Noch nicht bewertet.

Leserkommentare

Keine Kommentare