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Gut zu wissen

Wolfgang Haas bei seiner Weihe zum Churer Bischof im Mai 1990. Bild: SRF

«Holzhammer» aus Chur

Von: Jan Strobel

19. Mai 2020

Vor 30 Jahren sorgte die Ernennung von Wolfgang Haas zum Churer Bischof unter Katholiken für Empörung. Besonders in der Stadt Zürich kam es zum offenen Bruch mit dem Bistum. 

Es war wohl das bisher letzte grosse Beben, welches die Schweizer Kirchenpolitik erlebte – und es legte ganz und gar weltliche Abgründe frei. Das Drama drehte sich um Eitelkeit und Macht, um Seilschaften und Postenschacher, um verletzte Würde und  erschüttertes Vertrauen.

Ausgelöst wurde dieses Beben am 22. Mai 1990, als in Chur der Liechtensteiner Wolfgang Haas sein Amt als Bischof antrat. Der Kirchenmann mit stramm konservativen Idealen schickte sich bereits drei Tage später an, die Personalien seines Bistums neu zu regeln. Die gewichtigste Veränderung betraf Gebhard Matt, den Generalvikar für den Kanton Zürich.   Matt hatte dieses Amt seit 1980 inne und erfreute sich unter den Zürcher Katholiken grösster Beliebtheit. Bischof Haas indessen foutierte sich darum und setzte den Generalvikar kurzerhand ab – notabene ohne Rücksprache mit dem Betroffenen.

Als Nachfolger ernannte er Christoph Casetti, einen Vertrauensmann aus seinem engsten Kreis.  
In Zürich löste der Churer Beschluss Entrüstung aus. Das Generalvikariat zeigte sich konsterniert. Die Emotionen lagen frei, es kam zur offenen Konfrontation mit Chur. Die Stadtzürcher CVP rief zum Widerstand gegen den Bischof und dessen «Holzhammer-Methoden» auf, die Präsidenten der katholischen Kirchgemeinden der Stadt verlangten die Wiedereinsetzung des geschassten Generalvikars.

Offen wurde jetzt auch wieder der Bruch mit dem Bistum Chur und die Schaffung eines Bistums Zürich gefordert. Unter empörten Katholiken häuften sich die Kirchenaustritte, im Juni kam es zu Massendemos in Chur.

Der «Kirchenkrieg» unter den Katholiken löste in der Stadt Zürich auch bei den nicht römisch-katholischen Kirchen Solidarität mit den Haas-Gegnern aus. Am Pfingstsonntag 1990 liessen sie die Glocken ihrer Gotteshäuser als «Zeichen der Trauer» läuten. Am Bischof freilich brandete die Protestwelle ab. Bis 1997 blieb er im Amt, bis er zum Erzbischof des neu geschaffenen Erzbistums Vaduz erhoben wurde.

Gebhard Matt wirkte ab 1991 als Pfarrer in Zürich-Leimbach. 2017 verstarb er in seiner liechtensteinischen Heimat. Christoph Casetti blieb nur bis 1993 im Amt des Generalvikars für Zürich und kehrte danach an den Bischofssitz in Chur zurück, wo er unter anderem als offizieller Exorzist des Bistums für Schlagzeilen sorgte. Christoph Casetti verstarb vergangenen Februar in Chur.

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