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Interview

Matthias Probst fühlt sich überall ein bisschen zu Hause. Hier im Café Lang.

"Furcht lässt sich gut mit Vernunft bekämpfen"

Von: Janine Grünenwald

25. Februar 2014

INDISKRETES INTERVIEW Heute mit Matthias Probst, Gemeinderat Grüne. Hier ­erfahren Sie, warum Jesus sein Kindheitsheld war und warum er heute doch nicht dem Beruf des Superman nachgeht.

Tagblatt der Stadt Zürich: Welches ist Ihr Lieblingslokal in Zürich?

Matthias Probst: Ich fühle mich überall in der Stadt ein bisschen zu Hause. Im Café Lang bin ich gerne, weil das Sekretariat der Grünen direkt um die Ecke liegt. Als herausragend würde ich das Helsinki bezeichnen. Früher war ich dort im Wochenrhythmus und habe dabei sicher auch mal eins über den Durst getrunken.

Was würden Sie in Zürich ändern?

Ich würde aus der Stadt eine Allmende, also Land und Boden zu gemeinschaftlichem Eigentum machen und diese in lauter kleine Nachbarschaften à 300 bis 800 Personen aufteilen. Wem das nichts sagt, soll doch mal nach «Neustart Schweiz» googeln.

Wem würden Sie gerne mal so ­richtig Ihre Meinung sagen?

Den 50,3 Prozent Schweizern, die die Masseneinwanderungsinitiative angenommen haben und das Gefühl haben, wir könnten im internationalen Steuerwettbewerb mitmischen, zahlreiche Firmen zu Dumpingsteuern anlocken und dann die Arbeitskräfte, die den Unternehmen hinterherreisen, verjagen. Diejenigen sollen sich bitte mal entscheiden, was sie eigentlich wollen. Oder wenigstens öffentlich zugeben, dass sie sich wohlfühlen als fremdenfeindliche Parasiten.

Wer ist Ihr Vorbild oder Kindheitsheld?

Mein Kindheitsheld war Jesus. Ich bin in einem christlichen Umfeld aufgewachsen. Rückblickend kann ich sagen, dass Jesus – abgesehen vom religiösen Firlefanz – ganz vernünftige Dinge von sich gegeben hat.

Haben Sie schon einmal Drogen konsumiert?

Wenn mit Drogen illegale Substanzen gemeint sind, ja. Ich bin aber der Auffassung, dass so ziemlich alles als Droge eingesetzt werden kann, wenn man entsprechend suchtgefährdet ist. Umgekehrt könnte alles, was heute als Droge dogmatisiert wird, im vernünftigen Umgang konsumiert werden. Ein Verbot ist sicher der falsche Weg.

Wann haben Sie zuletzt geweint?

Als ich mit Greenpeace das AKW Leibstadt besetzen wollte und mich das Sicherheitspersonal mit Tränengas attackiert hat.

Glauben Sie an Gott?

Nein, ich ziehe das Wissen dem Glauben vor.

Geben Sie einem Bettler Geld?

Meistens nicht. Strassenkünstlern, die ich explizit nicht als Bettler bezeichne, hingegen gerne.

Wo liegt für Sie die Obergrenze eines vertretbaren Jahresgehalts?

Da, wo sich der Lohn von der Leistung zu distanzieren beginnt. Das fängt bei 200 000 Franken an und ist für mich ab 300 000 Franken nicht mehr realwirtschaftlich nachvollziehbar. Ein viel grösseres Problem sehe ich aber in der ungleichen Vermögensverteilung. In diesem Punkt ist die Schweiz auf derselben Stufe wie ein Entwicklungsland.

Sex ohne Liebe. Was halten Sie davon?

Ich bin glücklich verliebt. Das Sex­leben anderer ist mir komplett egal.

Von welchem Beruf träumten Sie als Kind?

Ich wollte Lehrer, Architekt oder Superman werden. Mit der Zeit habe ich mich aber damit abgefunden, dass ich nicht fliegen kann. Heute träume ich vom eigenen Beratungsunternehmen für Umweltfragen.

Wohin wollten Sie schon immer mal verreisen?

Ich würde gern mit dem Orientexpress dessen gesamte Route abfahren.

Wovor fürchten Sie sich?

Furcht lässt sich gut mit Vernunft bekämpfen und umgekehrt. Ich fürchte mich daher vor Unvernunft.

Was ist Ihre Henkersmahlzeit?

Den Henker an scharfer Sauce, dann den Idioten, der die Todesstrafe wieder eingeführt hat, und schliesslich die 50,3 Prozent, die diesem Idioten hinterhergelaufen sind.

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