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Interview

Ins Röhrchen blasen darf verweigert werden. Bild: Adobe Stock

Rechtslage bei Schieflage

Von: Sacha Beuth

20. Dezember 2023

RATGEBER Während der Festtage schaut man gerne etwas tiefer ins Glas. Das kann bei einer Polizeikontrolle zu Problemen führen – egal, ob man zu Fuss, mit dem Velo oder Auto unterwegs ist. Was man sich dabei gefallen lassen muss und was nicht, weiss Yann Moor, Rechtsanwalt und Mitinhaber von Prof. Giger & Partner in Zürich.

Unter welchen Umständen darf die Polizei alkoholisierte Fussgänger in die Zentrale Ausnüchterungszelle ZAS stecken?

Yann Moor: Die Polizei darf dies bei konkreten Anhaltspunkten für eine unmittelbare Fremd- oder Selbstgefährdung machen. Das gilt nicht nur für Personen, sondern auch für Tiere und Gegenstände. Konkrete Anhaltspunkte wären etwa unkontrolliertes Torkeln direkt neben Gleisen und stark befahrenen Strassen oder Bedrohung und tätliche Angriffe gegen Dritte. Wer hingegen komatös schlafend angetroffen wird, muss hospitalisiert werden. Aufgrund der abstrakten Formulierung besteht die Gefahr der Willkür.

Welche Möglichkeiten hat man, um den Entscheid vor oder nach dem Aufenthalt in der Zelle anzufechten?

Zuvor ist es schwierig, da die Polizei das Recht hat, eine Person bis maximal 24 Stunden in Gewahrsam zu nehmen. Dabei muss man der Person aber gleich nach der Festnahme die Gelegenheit bieten, einen Rechtsanwalt zu bestellen. Die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs kann man im Nachhinein vom zuständigen Haftrichter überprüfen lassen und im Falle eines unrechtmässigen Freiheitsentzugs finanzielle Entschädigung verlangen. In der Praxis kommen aber oft Beweisprobleme auf.

Wie hoch sind die Kosten, die einem dabei auferlegt werden dürfen?

Sie betragen in Zürich je nach Aufenthaltsdauer in der Ausnüchterungszelle zwischen 450 und 600 Franken.

Kann ich einen Alkoholtest auch verweigern?

Ja, doch ist dies in der Regel für Fahrzeuglenker(!) nicht empfehlenswert. Liegen nach zwei Atemlufttests vor Ort die Werte zwischen 0,5 und 0,79 Promille, dann gibt es eine Busse zwischen 400 und 600 Franken und eine Verwarnung. Bei Werten von 0,8 Promille oder mehr muss man auf der Wache nochmals einen Blastest an einem Spezialgerät ausführen. Liegen die Werte dann immer noch bei 0,8 Promille und darüber, gibt es nicht nur eine Geldstrafe, sondern es wird auch der Ausweis entzogen. Verweigert man nun vor Ort den Blastest, greift Artikel 91a des Strassenverkehrsgesetzes, der die «Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrtüchtigkeit» regelt. Das heisst, der oder die Beschuldigte erhält automatisch eine Strafe, wie wenn sie einen Alkoholwert von 0,8 Promille oder mehr aufweisen würde.

Kann mir als alkoholisierter Velofahrer auch mein Motorfahrausweis entzogen werden?

Grundsätzlich nein. Aber wenn man mehr als 1,6 Promille aufweist, dann kann eine Fahreignungsuntersuchung angeordnet werden. Bis zur Untersuchung kann einem nebst dem Ausstellen einer Busse auch der Fahrausweis entzogen werden. Velofahrer können übrigens generell auch ab 0,5 Promille gebüsst werden und müssen bei höheren Alkoholwerten mit einem Velofahrverbot rechnen.

Und wenn ich als Beifahrer alkoholisiert bin? Ist dann auch ein Fahrausweisentzug möglich?

Prinzipiell nein, obwohl es theoretisch möglich ist, nämlich dann, wenn das Kontrollorgan Zweifel an der grundsätzlichen Fahreignung des alkoholisierten Beifahrers hat. Doch kann Letzterer einen Alkoholtest einfach verweigern, da Artikel 91a nur greift, wenn man ein Fahrzeug steuert.

Wie kann ich mich gegen einen vorsorglichen Ausweisentzug wegen Alkoholkonsums wehren?

Indem man den Rechtsweg beschreitet. Leider mahlen die Mühlen der Justiz langsam. In der Regel ist es darum besser, eine Fahreignungsuntersuchung zu machen. Man erhält dann den Ausweis schneller zurück, als wenn man prozessiert.

Was passiert, wenn ich als Beifahrer zu einem alkoholisierten Fahrer ins Auto steige und dieser einen Unfall verursacht. Hafte ich dann mit?

Nein, ausser wenn ich ins Geschehen eingegriffen hätte oder den Lenker zum Fahren aufgefordert habe, obwohl ich um seinen Zustand wusste.

Ab welchem Promillewert ist ein Fahrausweisentzug unumgänglich?

Ab 0,8 Promille. Das führt zu Geldstrafe und einem Fahrausweisentzug von mindestens drei Monaten. Gab es zuvor schon einen oder mehrere Ausweisentzüge, kann dies höhere Strafen zur Folge haben. Wichtig in diesem Zusammenhang: Wurde bei tieferen Werten von 0,5 bis 0,79 Promille zusätzlich ein Verkehrsdelikt begangen, kann dies ebenfalls zu einem Fahrausweisentzug führen.

Wer muss die Kosten für allfällige Abklärungen bezüglich Alkoholkonsum übernehmen?

Immer der Betroffene. Selbst wenn sich hinterher herausstellt, dass der gemessene Alkoholwert innerhalb der erlaubten Grenzen lag.

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