Lifestyle
L wie Lernen
Von: Rita Angelone
Eigentlich hatte ich für heute ein ganz anderes Thema vorgesehen, doch einmal mehr kam das Leben dazwischen, bzw. einmal mehr habe ich die Rechnung nicht mit meinen Emotionen gemacht. Denn: Zum bereits dritten Mal in Folge wurde meine Gefühlswelt am Montag nach den Sommerferien durcheinandergebracht. Sie ahnen es: Der Schuleintritt unseres Grossen ist mir unter die Haut gegangen.
Zuvorderst hat ihm der Zufall sein Plätzli zugeteilt. So sass er da an diesem kleinen Tischli auf diesem winzigen Stühlchen neben einem süssen Mädchen inmitten dieser bunt durchmischten Klasse in diesem zum Lernen so einladenden Schulzimmer, das gesäumt war von gerührten und engagierten Mamis und Papis. Was für ein Bild! Genau wie in meiner Vorstellung! Genau wie damals bei mir!
Ganz bewusst habe ich die in meinem Kopf wieder aufkommenden Schlagzeilen, die ich erst grad am Vortag gelesen hatte, ausgeblendet, weil nichts diesen Tag trüben sollte. «Revolution im Klassenzimmer», «Behörden gegen Terror-Eltern», «Der Schulvertrag muss kommen» – all diese Probleme passten so gar nicht zu diesem Bild, zu dieser freudigen, erwartungsvollen Stimmung. Schüler, die nicht gesellschaftsfähig sind, die den Schulbetrieb massiv stören, die ihre Lehrer aufs Ärgste schikanieren und diesen den letzten Nerv kosten? Eltern, die sich nicht um ihre Kinder kümmern, die das Schulschwänzen unterstützen, die ihre Kinder übermüdet, zu spät und mit Cola, Chips und Schoggi zur Schule schicken, die sich um Elternabende foutieren? Nein, an diesem ersten Schultag – wie so oft am Anfang von etwas Neuem – war alles noch so gut, so unverbraucht und unschuldig.
So wollte ich mich vorerst nur mit unserem Grossen über sein erstes Mitbringsel nach Hause freuen: den Buchstaben L! L wie Lernen, L wie Leidenschaft, L wie Leben und Liebe! L aber auch wie Leistungsdruck – und wenn dieser dann irgendwann definitiv einsetzt, dann reden wir wohl – L wie leider – nochmals über die gelesenen Schlagzeilen.
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Leserkommentare
Tamara Gerber - "L'enfer c'est nous" (Jean-Paul Sartre) Muss aber nicht sein!
Lasst uns Eltern tun, was notwendig ist, um den Schulbetrieb positiv zu gestalten. Nebst unseren "Brötli-Jobs" ist es genau so unsere Arbeit, die Kinder und die Lehrer zu unterstützen,
mehr anzeigen ... um eine konstruktive Lernumgebung zu schaffen. Dies besonders dann, wenn es schwierig wird. Weil Erziehung eben kein Schönwetter-Job ist.
Nicole Bertsch - Ja, der Montag war auch für mich hochemotional - auch unser Grosser kam in die Schule. Der Empfang der Erstklässler im herzigen Dorfschulhaus war so toll, dass ich am liebsten auch grad' da geblieben wäre. Und nun darf unser Sohn jeden Tag in einem Schulzimmer
mehr anzeigen ... mit herrlichem Seeblick sitzen (den Blick hat er zum Glück im Rücken, denn sonst würde er wohl lieber Schiffe auf dem See zählen als Zahlen an der Wandtafel.... )
Ich versuche, es fortlaufend zu nehmen und einfach achtsam zu sein. Zunächst mal achtsam darauf, dass unser Sohn mit Freude lernt und spürt, wie toll Wissen ist. Aber auch achtsam darauf, dass er nicht überfordert ist. Ich bin fast immer gerne in die Schule gegangen, und ich hoffe, dass unser Sohn eines Tages auch so auf seine Schulzeit zurückblicken kann.
Rita Angelone - Danke für Eure Kommentare!