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Neues Verkehrsregime: Automobilisten müssen die Langstrasse zwischen 5.30 Uhr und 22 Uhr umfahren. Bild: GH

Chaos an der Langstrasse

Von: Ginger Hebel

04. Oktober 2023

Die Langstrasse ist ab sofort auf einer Teilstrecke tagsüber für den motorisierten Individualverkehr gesperrt. Links-Grün hat lange dafür gekämpft. Kritiker sehen dieses Verbot als «Schildbürgerstreich». 

Ein Verkehrsverbot an der Langstrasse sorgt für Ärger. Neuerdings gilt auf dem rund 60 Meter langen Abschnitt zwischen Brauerstrasse und Dienerstrasse tagsüber ein Fahrverbot für Autos und Motorräder. Nur noch Velofahrende, Busse und Taxis dürfen dort die Langstrasse in beide Richtungen befahren. Der Verkehr wird zwischen 5.30 Uhr und 22 Uhr auf die Ankerstrasse und Kanonengasse umgeleitet. Mittendrin wohnt und arbeitet Sigi Huber, Biergarten-Wirt und Präsident Gewerbeverein Kreis 4. «Ich beobachte verwirrte Autofahrer, die jetzt erst recht im Stau stehen – ein Chaos sondergleichen. Auch fürs Gewerbe ist das schlecht, denn ortsunkundige Fahrer finden den Weg durch die Umleitungen und vielen Einbahnstrassen so nie mehr. Das Projekt ist nicht durchdacht.»

Erst in der Nacht dürfen alle Verkehrsteilnehmenden die Langstrasse wieder befahren. Der Zeitraum des Fahrverbots wurde aufgrund von Rückmeldungen aus der Bevölkerung definiert. An Mitwirkungsveranstaltungen äusserten sich Anwohnende kritisch gegenüber einer Totalsperrung, da sie sich vor Kriminalität und den Exzessen des Nachtlebens fürchten. Der Verkehr vermittelt Anwohnenden ein gewisses Mass an sozialer Kontrolle und subjektiver Sicherheit. Im umliegenden Gebiet (innerhalb Schöneggstrasse, Militärstrasse, Kanonengasse, Hohlstrasse, Feldstrasse) besteht ein Nachtfahrverbot, welches neu von 22 bis 05.30 Uhr dauert. Stadtrat Daniel Leupi ist glücklich. Zwei Jahrzehnte hat er auf politischer Ebene dafür gekämpft, dass der Durchgangsverkehr an der Langstrasse reduziert und die Strasse autoarm wird. «Ich freue mich, dass über 20 Jahre nach meinen ersten politischen Vorstössen das Ziel endlich erreicht ist: eine direkte Veloverbindung und klare Verhältnisse für alle Verkehrsteilnehmenden – insbesondere auch für Buschauffeure und Passanten.»

Ein Augenschein vor Ort zeigt: Viele Automobilisten haben keine Ahnung von der neuen Verkehrsführung. Vor dem Verbotsschild halten sie an, schauen sich um, biegen dann in die Nebenstrasse ein, um die Langstrasse zu umfahren. «Jetzt staut es sich dort. Dieses Projekt ist ein Schildbürgerstreich», enerviert sich SVP-Gemeinderat Derek Richter.

Verdrängung keine Lösung

Er sieht keinen Nutzen, denn: «Der Verkehr löst sich durch diese Massnahme ja nicht in Luft auf. Verdrängung ist keine Lösung.» Auch das Argument, eine autoarme Langstrasse verursache weniger Lärm, lässt er nicht gelten. «Auf der Langstrasse herrscht jetzt Tempo 30, hinzu kommen Elektroautos, die man ohnehin kaum hört.» Auch FDP-Gemeinderat Përparim Avdili findet die neue Regelung absurd. «Das Projekt zeigt einmal mehr demonstrativ die gescheiterte Verkehrspolitik des Stadtrates auf. Statt gesamtheitliche Mobilitätslösungen für alle Verkehrsteilnehmenden zu erarbeiten, wird einseitige Verkehrspolitik betrieben, die ausnahmslos alle Verkehrsteilnehmenden inklusive Anwohnende in Frustration versetzt.»

Im Abschnitt Stauffacher- bis Hohlstrasse werden noch 38 Veloabstellplätze erstellt. Stadträtin Simone Brander: «Dank des Projekts ist die Langstrasse für die Velofahrenden endlich durchgehend befahrbar. Damit schliessen wir eine Lücke auf dieser wichtigen Veloverbindung. Auch die Zufussgehenden haben mehr Platz.» Derek Richter jedoch ist überzeugt: «Das Gewerbe leidet.» Er ist Chauffeur eines 26 Tonnen schweren Lastwagens und weiss, wie schwer es ist, diesen durch die Stadt zu manövrieren. Seine Befürchtung: «Es ist eine Frage der Zeit, bis das ganze Gebiet autofrei wird.»

Was ist Ihre Meinung zum Thema? echo@tagblattzuerich.ch

 

 

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