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Auf dem noch unbebauten Harsplen-Areal an der Katzenschwanzstrasse sollen 370 städtische Wohnungen entstehen. (Screenshot: Google Street View)

Glückskauf oder dreister Eingriff?

Von: Jan Strobel

04. April 2024

Der Kauf des Harsplen-Areals in Zürich-Witikon durch die Stadt löst beim Quartierverein Freude aus. Bürgerliche Politiker üben harsche Kritik. 

Wenn es in der Debatte um den Stadtzürcher Wohnungsmarkt und die Wohnungsnot ein besonders konfliktträchtiges Terrain gibt, dann manifestiert sich das in Zürich-Witikon. In den letzten Jahren wurden in diesem Quartier ganze Wohnsiedlungen aus den 1960er- und 1970er-Jahren abgerissen und durch Neubauten ersetzt. Weitere grosse Bauprojekte warten bereits auf ihre Realisierung. Kurz: In Witikon scheint kein Stein auf dem anderen zu bleiben. Über 1000 Witikerinnen und Witiker erhielten seit 2019 die Kündigung ihrer Wohnungen, manche ziehen aus dem Stadtgebiet, aus Mangel an bezahlbaren Alternativen. Das bereitet besonders dem Quartierverein Sorge. Er spricht offen von einer «Vertreibung aus dem Quartier». In Witikon sei der Anteil an gemeinnützigen Wohnungen von Genossenschaften oder Stiftungen gering, und es gebe nur ganz wenige städtische Wohnungen.

Raum für 700 Personen

Als am 20. März die Stadt bekanntgab, das 30 300 Quadratmeter grosse unbebaute Harsplen-Areal von der Swisscanto-Anlagestiftung zu erwerben und dessen Bauvorhaben von 370 Wohnungen zu übernehmen und weiterzuführen, sprach der Quartierverein deshalb von einer «grossen Freude». Mit dem Eingreifen der Stadt in den Witiker Wohnungsmarkt gelinge es, die Anzahl gemeinnütziger Wohnungen im Quartier etwa zu verdoppeln, heisst es in der Stellungnahme des Quartiervereins. Damit zeige die Stadt ihr «Engagement zugunsten einer sozial- und quartierverträglichen baulichen Entwicklung». Für den Kauf des Landstücks genehmigte der Stadtrat 210 Millionen Franken. Inklusive der Kosten für die Transaktion und für die Pläne des Bauprojekts beläuft sich die Investition auf 211,28 Millionen Franken. Gemäss der im kommunalen Wohnungsbau üblichen Mindestbelegung würde die künftige städtische Überbauung Wohnraum für mindestens 700 Personen schaffen, so der Stadtrat. Die Swisscanto hatte das Grundstück 2019 gekauft und führte einen zweistufigen Studienauftrag durch, um dieses Grundstück zu überbauen. Bereits das Siegerprojekt, das jetzt von der Stadt weiterentwickelt wird, sah 370 Wohnungen vor. Politiker und Quartierbewohner forderten damals von der Swisscanto einen Anteil gemeinnütziger Wohnungen in einer künftigen Überbauung. Das Swisscanto-Projekt sah Wohnungen im mittleren Preissegment vor.

Harsche Kritik am Grundstückkauf der Stadt allerdings üben nun die Kreisparteien 7 und 8 von FDP, Die Mitte und SVP in einem offenen Brief an den Stadtrat. Mit den 211 Millionen Franken schaffe die Stadt keine einzige neue Wohnung, welche nicht sowieso gebaut worden wäre. Sie baue genau die gleichen Wohnungen – deren Erstellung nun aber von der Öffentlichkeit bezahlt werde, heisst es im offenen Brief. Dazu würden weitere 150 bis 170 Millionen Franken für den Bau der geplanten 370 Wohnungen kommen. «Das gibt dann über 1 Million Franken pro Wohnung», so die Kalkulation der bürgerlichen Kreisparteivertreter. Es würden «riesige Abschreiber von Steuergeldern drohen, um die Wohnungen gemeinnützig zu vermieten». Im offenen Brief fordern die Verfasser den Stadtrat und die links-grüne Mehrheit im Gemeinderat auf, dafür zu sorgen, dass private Investoren weiterhin am Bau von Wohnungen in der Stadt Zürich interessiert bleiben. Nur so könne das Ziel einer vermehrten Erstellung von Wohnungen erreicht werden.

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