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Ein Ferrari für 320 000 Franken: Der Influencer Dario hält auf seinem Instagram-Kanal die teuersten Autos der Poser beim Stadthaus fest.

Hier versammeln sich Autoposer

Von: Clarissa Rohrbach

21. November 2023

Beim Stadthaus treffen sich Hunderte von Autoposern, um ihre Luxuswagen zur Schau zu stellen. Die Polizei weist zwar Fahrzeuge weg, doch die Bevölkerung leidet trotzdem unter dem Lärm.

Die Autos sind teuer. An der Fraumünsterstrasse, nahe beim Stadthaus, versammeln sich Autofahrer von Luxuskarossen. An schönen Tagen cruisen sie mit ihren Wagen langsam durch die Strassen und geben an. Auch Autoliebhaber stehen auf dem Trottoir und begucken neugierig die kostspieligen Exemplare. Es kommt nicht selten vor, dass ein Bugatti Chiron SS für vier Millionen Franken oder ein Ford GT für eine Million Franken um die Ecke kurven.

Ein Augenschein vor Ort zeigt, was die Autofahrer motiviert. «Ich habe viel für mein Auto ausgegeben, da will ich es auch zeigen», sagt Luan Gashi aus Würenlos im Aargau, der einen BMW fährt. Wo er wohne, sei nicht viel los, er komme in die Stadt, damit mehr Leute sein Auto sehen. «Ein schönes Auto zu haben, ist meine erste Priorität, es gibt einfach ein schönes Gefühl», sagt der 31-Jährige.

Schönste Autos in Zürich

Die Autoszene beim Stadthaus stösst auf reges Interesse. So hält der Influencer Dario auf seinen Tiktok- und Instagram-Kanälen «darioocars» die teuersten Wagen fest. Er fragt die Fahrer nach deren Beruf und wie viel sie verdienen. Nur die wenigsten beantworten letztere Frage. Da ist ein Gymi-Physiklehrer mit einem Porsche 911 GT3 RS für 240 000 Franken, der auf die Frage, ob er mehr als 100 000 Franken im Jahr verdiene, antwortet: «Das kannst du dir denken.» Andere sind in den Immobilien tätig oder verwalten Vermögen. Doch es gibt auch Leute mit einem bescheideneren Beruf: Einer ist Bodenleger, ein anderer Hauswart. Es sind meistens Männer, die ihre Autos zur Schau stellen.
Dario meint, ab 250 000 Franken seien die Inhaber der Autos meistens Unternehmer. Dario hat sich entschieden, an der Fraumünsterstrasse zu filmen, weil Zürich die Stadt in der Schweiz sei mit den schönsten Autos. Er habe für das Car-Spotting-Format Tests in anderen Städten gemacht, doch die Limmatstadt sei am geeignetsten. Der Masterstudent hat den Trend aus den USA abgekuckt. Dario ist beliebt, seine Videos haben Millionen von Klicks. Regelmässig bekommt er Anfragen, wann genau er an der Fraumünsterstrasse stehe. Die Leute wollen auf seinen Filmen festgehalten werden.

Wegen Lärm verzeigt

Dario meint, beim Autotreff in der Innenstadt handle es sich nicht um Autoposer. Dort würden Autobesitzer aus Leidenschaft hinkommen, die das schöne urbane Gefühl geniessen, durch die Stadt zu fahren. Dem widerspricht die Stadtpolizei. Diese behält die Autoposer-Treffpunkte regelmässig im Blick. Letztes Jahr fanden 81 Kontrollen statt und 660 Fahrzeuglenker wurden wegen Fehlverhalten oder Mängel verzeigt. Die Autos sind nicht selten getunt und haben umgebaute Auspuffanlagen oder manipulierte Motoren. Bei den Kontrollen stellt die Polizei fest, ob das Auto legal abgeändert wurde. Sie misst Lärm sowie Abgase und führt eine optische Kontrolle durch. Illegal abgeänderte Autos verstossen gegen das nationale Strassenverkehrsgesetz. Dafür droht eine Busse von 10 000 Franken. «Meist handelt es sich aber um zugelassene Sportwagen, mit welchen der Fahrzeuglenker durch Aufheulen des Motors den störenden Lärm verursacht», sagt Polizeisprecherin Anita Gfeller. Doch auch das «Verursachen von vermeidbarem Lärm» könne bestraft werden.

Die Stadt bekämpft seit Corona vermehrt die Autoposer. Die Freizeitaktivität hat während der Pandemie an Beliebtheit gewonnen. Besonders stossend ist der Lärm der Autos. So hat der Umwelt- und Gesundheitsschutz Zürich bei einer Messung 2020 an der Hohlstrasse – einem der Hotspots – festgehalten, dass freitagnachts zwischen 22 und 2 Uhr rund ein Drittel der Fahrer Poser sind. Die lautesten Fahrten hätten in einer Distanz von zwölf Metern zum Mikrofon Lärmemissionen von 99 Dezibel erzeugt. Das ist gleich laut, wie wenn man neben einem Presslufthammer stehen würde. Der Lärm ist auch laut, wenn die Autos langsam fahren. So fuhr einer der lautesten Poser nur 15 Kilometer pro Stunde. Die Autos sind extra so getunt, dass sie mit Knallen die Aufmerksamkeit auf sich ziehen.

Bewohner belastet

An diesem Abend kurvt ein Ferrari-Fahrer zwei Stunden lang um den Block. Der Motor heult jedes Mal laut auf, wenn er auf das Gaspedal drückt. Schliesslich kommt ein Streifenwagen der Polizei mit Sirene angefahren und jagt den Autoposer. Die Polizei weist zum Teil pro Abend bis zu 150 Autofahrer an der Fraumünsterstrasse weg.

«Es ist verrückt, wie viele Autoposer hier verkehren», sagt ein Kellner der angrenzenden Bar Metropol. Früher seien diese ans Limmatquai, doch seit dieses autofrei ist, habe sich die Szene in die Fraumünsterstrasse verlagert. Sobald die Strecke frei sei, würden die Autofahrer Gas geben. Es werde wirklich laut.

Auch für die Bewohner ist der Lärm eine Belastung. Felix Stocker, Vorstandsmitglied des Quartiervereins Zürich 1, sagte der «NZZ»: «Die zentralen Lagen sind offenbar bekannt in der Szene.» Den Posern sei es nicht bewusst, dass es sich oft um Wohnquartiere handle. Die Anwohner müssten das in der Nacht einfach erdulden und litten darunter.

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