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Reportage

Der Schmutzgeier ist die am stärksten gefährdete Geierart in Europa. Bild: Zoo Zürich; Edi Day

Einer von zwei Millionen

Von: Severin Dressen

21. November 2023

ZOO INTERN Alle zwei Wochen berichtet das «Tagblatt» über Neues oder Wissenswertes aus dem Tiergarten. Heute geht es um vom Aussterben bedrohte Arten wie den Schmutzgeier. 

Weltweit sind nach neusten Berechnungen zwei Millionen Arten vom Aussterben bedroht! Zwei Millionen! Diese Zahl stammt aus einer Studie, die kürzlich erschienen ist. Forschende haben sich darin alle Roten Listen für Europa genauer angeschaut. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass mindestens 20 Prozent, also ein Fünftel, aller Tier- und Pflanzenarten in Europa vom Aussterben bedroht sind. Hochgerechnet auf die weltweite Situation ergibt sich daraus die Zahl von zwei Millionen bedrohter Arten. Zur Einordnung: Vor vier Jahren hatte der Weltbiodiversitätsrat IPBES noch geschätzt, dass bis zum Ende des Jahrhunderts eine Million Arten zu verschwinden drohen. Nun sind es doppelt so viele Arten!

Netz des Lebens

Das Artensterben schreitet voran – und zwar ziemlich schnell. Das sollte uns alle beunruhigen. Warum? Weil wir Teil des Systems sind. Auch der Mensch ist eine Art. Und noch viel wichtiger: Ohne die «anderen» gibt es auch kein «uns». Etwas greifbarer wird das vielleicht mit folgendem Bild: Stellen Sie sich ein riesiges, feinmaschiges Fischernetz vor – unser Gesamt-Ökosystem. Jeder Knoten im Netz ist eine Art. Und nun nehmen Sie eine Schere und schneiden nach und nach immer mehr Knoten raus. Hier verschwindet mal eine Käferart, dort mal eine Schildkrötenart, dort drüben eine Pflanzenart und mit ihr die auf sie spezialisierte Bienenart. Anfangs wird es kaum auffallen, dass das Netz ein paar kleine Löcher hat. Damit lässt sich immer noch fischen. Nur, mit der Zeit werden die Löcher grösser und irgendwann reisst das Netz. Das müssen wir verhindern! Denn ohne ein funktionierendes Netz sind wir aufgeschmissen. Fehlen die Insekten, fehlt Bestäubung und ohne die fehlt uns fast alles Obst und Gemüse. Das ist nur ein Beispiel von vielen. Bei vielen Arten wissen wir noch gar nicht, welche Rolle sie im Kreislauf der Natur einnehmen.

Dem Zoo Zürich ist Artenschutz ein zentrales Anliegen. Zum einen engagieren wir uns weltweit in verschiedenen Naturschutzprojekten. So schützen wir Arten in ihren natürlichen Lebensräumen. Das nennt sich In-situ-Artenschutz. Zum anderen nimmt der Zoo Zürich als moderner Zoo eine wichtige Rolle im Ex-situ-Artenschutz ein – also dem Schützen und Bewahren von Arten ausserhalb ihres Lebensraums. Das ist dann relevant, wenn eine Art in der Wildnis nur noch schwer überleben kann.

Gift in der Nahrung

So zum Beispiel der auch bei uns im Zoo lebende Schmutzgeier. Er ist die kleinste und die am stärksten gefährdete Geierart in Europa. Tendenz weiter abnehmend. Zu schaffen macht ihm der Verlust seines Lebensraums. Aber auch Vergiftungen durch Chemikalien, die er als Aas- und Kotfresser mit der Nahrung aufnimmt, sind ein Problem. Umso wichtiger ist es, dass sich der Zoo Zürich im europäischen Zooverband EAZA an dem Erhaltungszuchtprogramm beteiligt.

Für die zu Beginn erwähnte Studie wurden14 669 Rote-Liste-Arten analysiert. Der Schmutzgeier ist eine davon. Auch er zählt zu den zwei Millionen Arten, die wir schon sehr bald zu verlieren drohen.

Weitere Infos: www.zoo.ch

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