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Reportage

Zuchterfolg: Säbelantilope mit im August 2020 geborenem Jungtier im Zoo Zürich. Bild: Zoo Zürich; Enzo Franchini 

Totgesagte leben manchmal länger

Von: Severin Dressen

20. Dezember 2023

ZOO INTERN Alle zwei Wochen berichtet das «Tagblatt» über Neues oder Wissenswertes aus dem Tiergarten. Heute geht es um die Säbelantilope.

Vor drei Jahren habe ich an dieser Stelle schon einmal über Säbelantilopen geschrieben. Damals war die Lewa-Savanne gerade eröffnet worden und mit ihr auch diese besondere Tierart bei uns im Zoo eingezogen. Besonders, weil die Säbelantilope als «ausgestorben in der Wildnis» oder kurz EW (extinct in the wild) galt. Bis jetzt. Denn vergangene Woche hat die IUCN, die Weltnaturschutzunion und Herausgeberin der sogenannten Roten Listen, ihr neustes Update veröffentlicht. Und dieses zeigt: Die Säbelantilope ist zurück! Es gibt wieder eine wild lebende und sich selbst erhaltende Population im Tschad. Das sind richtig gute Nachrichten! Und es ist ein Lichtblick inmitten des weiter zunehmenden immensen Verlusts von Arten weltweit – verdeutlicht es doch, Artenschutz und Arterhalt bewirkt etwas.

Es geht nur gemeinsam

Gelungen ist diese Wiederansiedlung, weil viele Menschen und Organisationen erfolgreich zusammengearbeitet haben: Regierungen, Forscher*innen, NGOs, die Menschen vor Ort, aber auch mehrere modern und wissenschaftlich geführte Zoos, die sich seit langem für den Natur- und Artenschutz einsetzen. Ohne Zoos wäre die Säbelantilope längst ganz ausgestorben gewesen und eben nicht «nur» in der Wildnis.

Alle Tiere der Ursprungsherde, die 2016 nach langer Vorbereitung im Tschad ausgewildert wurde, entstammen Zoos oder menschlicher Obhut. Die Tiere wurden weltweit sozusagen zusammengesammelt für eine Herde mit möglichst grosser genetischer Vielfalt – eine Grundvoraussetzung für den Aufbau einer stabilen Population. Ohne genetische Vielfalt sind Inzucht, Krankheiten, Missbildungen quasi vorprogrammiert.

Auch wenn keines der Tiere im Tschad aus dem Zoo Zürich stammt, so sind wir dennoch beteiligt am Europäischen Erhaltungszuchtprogramm (EEP) für Säbelantilopen und somit beteiligt am Erhalt der genetischen Vielfalt und dem Aufbau einer stabilen Reservepopulation. Denn auch wenn die Säbelantilope nicht mehr als «in der Wildnis ausgestorben» gilt, ist ihr langfristiges Überleben damit noch nicht gesichert. Auf der aktuellen Roten Liste ist die Säbelantilope als EN (Endangered) oder auf Deutsch «stark gefährdet» gelistet. Es gibt sie wieder in der Wildnis, aber eben nur mit einem Bestand von gerade einmal rund 160 ausgewachsenen Tieren. Wir müssen also dranbleiben, damit die Erfolgsgeschichte auch eine Erfolgsgeschichte bleibt.

Eine von 157 190 Arten

Und was auch nicht vergessen gehen darf: Die Säbelantilope ist lediglich eine von 157 190 Arten, die aktuell auf der Roten Liste stehen. 44 016 Arten davon sind (mindestens) gefährdet, ein Grossteil gar vom Aussterben bedroht. Und auch das ist nur die Spitze des Eisbergs. Von den meisten Arten kennen wir den aktuellen Bedrohungszustand gar nicht. Den der Säbelantilope kennen wir und er zeigt inzwischen definitiv in die richtige Richtung. Grossartig, wenn Geschichten in nur drei Jahren solch eine Wendung nehmen.

Weitere Infos: www.zoo.ch

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