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Stadtratskolumne

Vom Gestern über das Heute zum Morgen

Von: Gerold Lauber

Letzten März habe ich an dieser Stelle Interessierte über das geplante Ende meiner Dienstzeit als Stadtrat informiert. Zwölf Jahre scheinen mir genug und richtig, ich bin weder müde noch verbittert und rechne nicht mit Phantomschmerzen oder Entzugserscheinungen.

Je näher nun der Tag der Schlüsselübergabe rückt, desto häufiger wird die Sache Thema. Täglich fast treffe ich mich in Gremien oder bei Anlässen mit Menschen ein «letztes Mal» – zumindest im gewohnten Rahmen. Nicht immer bin ich mir dessen bewusst, manchmal werde ich durch ein spezielles Traktandum am Ende überrascht.

Hin und wieder ist dies wohl auch so verstandene Pflicht, sicher immer gut gemeint und nett. Mit vielen habe ich doch über die Jahre vieles gemeinsam erlebt, erfahren, gelernt, gemeistert, erlitten oder verhauen. Würdigender Abschied ähnelt auch etwas dem Nachruf. Die schönen gemeinsamen Seiten des Erlebten werden ins Licht gestellt, der Schatten bleibt diskret im Hintergrund. Immer aber geht der Blick zurück ins Vergangene, das haben Abschied und Nachruf so an sich. In der Kombination macht mich das dann ab und an etwas verlegen.

Ich versuche nun oft, den Blick vom Gestern vermehrt auf das Jetzt zu richten. Neben dem fast täglich erlebten letzten Mal gibt es – und gab es ja schon immer wieder fast täglich – ein erstes Mal, mit neuen Begegnungen, Aufgaben und Erkenntnissen. Dieses Neue im Heute will ich bewusster leben und dabei den Blick eher nach vorn statt zurück richten. Neben dem «letzten» und einem «ersten Mal» gibt es ein unbestimmtes «noch nicht» oder das wenig konkrete «vielleicht». Auf das Erste blicke ich dankbar zurück, dem Letzten schaue ich gespannt und zuversichtlich entgegen, vielleicht dauerts einfach ein wenig. Victor Hugo wusste: «Rêver, c’est le bonheur; attendre, c’est la vie.»

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