Lifestyle
Ich motiviere, also manipuliere ich
Von: Rita Angelone
Ich wiederhole mich: Als Eltern hat man es nicht einfach, als Eltern kann man es nur immer und immer wieder falsch machen. Tut man zu wenig, zählt man zu den Rabeneltern, tut man zu viel, verbaut man seinen Kindern alles.
Kinder sollen sich frei entfalten können, ihren eigenen Willen und ihre eigene Meinung bilden dürfen und ihre Erfahrungen dann machen können, wann es für sie gerade so stimmig ist und so, wie es ihnen gerade so passt. Deshalb gilt wohl seit neustem auch, dass man seine Kinder nicht einmal mehr ohne weiteres zu etwas motivieren darf, weil man sie dadurch letztendlich doch nur für seine Zwecke manipulieren wolle.
Seit ich davon gelesen und Diskussionen auf verschiedenen Foren verfolgt habe, kann ich mich im Familienalltag nicht mehr entspannt verhalten. Versuche ich unsere Buben dazu zu motivieren, ihre Zähne gründlich zu putzen, tue ich es nach dieser Theorie nicht in erster Linie, um meinen Buben Hygienebasics näherzubringen und ihnen dadurch Löcher und Bohrschmerzen zu ersparen, sondern um mein eigenes Portemonnaie zu entlasten. Versuche ich sie dazu zu motivieren, mehr Früchte und Gemüse zu essen, tue ich es ebenfalls nicht in erster Linie ihrer Gesundheit zuliebe, sondern nur, um mein Gewissen zu beruhigen. Und versuche ich sie fürs Lesen, Schreiben oder Musizieren zu begeistern, so tue ich auch dies nur deshalb, weil ich sie jetzt schon in eine akademische Laufbahn drücken will, um mich später als «Studierten-Mutter» brüsten zu können. Kurzum: Wozu Eltern ihre Kinder auch immer motivieren, letztendlich versuchen sie nur, ihre Kinder zu manipulieren und sich selber zu profilieren.
Hat sich eigentlich auch schon einmal jemand überlegt, wie dieses ständige Unter-die-Lupe-genommen-Werden, dieser allgegenwärtige Generalverdacht, all diese Unterstellungen und Interpretationen für Eltern demotivierend sein können?
Blog: www.dieangelones.ch
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Leserkommentare
Nadja Weber - Mein Mann ist der Meinung das unser Sohn in einenm Verein soll und ich bin der Meinung wenn er nicht will dann will er nicht! Er ist jetzt im ersten Kiga und da ich 60% arbeite sowieso an 3 Nachmittagen verplant und so hat er nur noch 2 Nachmittage wo er/wir
mehr anzeigen ... was unternehmen können. Ich finde es im Moment genug so und solange er nicht von sich aus kommt er wolle zb. in den FC oder sonst wohin ist das für mich OK.
Das mit dem Zähneputzen ist so ne sache... eigentlich würd ich ihn gerne reinlaufen lassen damit er weiss wie schmerzhaft ein Loch sein kann anderseit will ich ja nur das Beste für mein Kind.
Heute wollte er z.b. kurzärmlig in den Kiga. Ich sagte erst er solle ein Langes Shirt anziehen und er wollte part tout ein kurzes. Ich sagte ihm er solle machen was er wolle mir egal. Fazit er kam mit einem Langärmligen daher Gummistiefel sind uncool gemäss ihm... naja dann soll er mit den Turnschuhen in den Kiga laufen er hat ja nasse Füsse nicht ich
Tamara Gerber - Mit dieser Theorie kann ich mich nur bedingt identifizieren. Es ist eine unserer Aufgaben als Eltern, die Kinder auf "die Welt da draussen" vorzubereiten. Dazu ist es nützlich, wenn man rechnen, schreiben und lesen kann, gepflegte Zähne hat und
mehr anzeigen ... auch sonst weiss, wie der Hase läuft.
Eigenen Willen und Meinungen entwickeln können sie unter dem Strich besser, wenn sie an Grenzen stossen, reiben, diskutieren - zum Beispiel mit den Eltern
PS: auch wenn wir als Eltern noch so pushen, dass unser Kind Geige spielt, um mal bei den Philharmonikern aufgenommen zu werden - wenn es die Musik nicht im Blut und schon gar keine Freude daran hat, können wir lange manipulieren.