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Ich bin wieder Kind
08. Oktober 2019Klartext von Jan Strobel, Redaktor
Als ich neulich höchst motiviert mein Abstimmungscouvert für die National- und Ständeratswahlen aufriss, fiel mir zuerst die Wahlanleitung mit dem schönen Vorwort von Bundeskanzler Walter Thurnherr in die Hände. Er machte vor allem Erstwählern Mut und unterstrich das Privileg, wählen zu dürfen. Ich bin zwar alles andere als ein Erstwähler, aber ich fand das wirklich sehr nett vom Bundeskanzler. Beim Durchblättern der im kindlichen Stil eines Comics gestalteten Erklärseiten allerdings kam ich mir dann ein bisschen wie ein 11-Jähriger vor. Noch ärger wurde es auf der offiziellen Website der Bundesbehörden, wo die Wahlanleitung als animiertes Erklärvideo «Wie wählen?» aufgeschaltet ist. «Aber schau, dieses dicke Couvert – so viel Papier!», klagt da ein 18-Jähriger hinter seinem Smartphone hervor. «Hey, das ist überhaupt nicht kompliziert», findet dagegen seine grosse Schwester. Selbst 18-jährige Stimmbürger können das wohl kaum noch ernst nehmen. Und ich selbst fühlte mich als Wähler schlicht nicht für voll genommen. Aber gut: Wir leben in einer kindlichen Kultur – und auch die Parteien ziehen da logischerweise mit, besonders gerne natürlich auf Instagram. Ich scrollte mich durch die Parteiprofile und fand ein besonders tolles Bild: eine Klimademo mit Legomännchen.
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