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Patrick Schwarzenbach ist Pfarrer in der Offenen Citykirche St. Jakob.

Leise aufhören

Von: Patrick Schwarzenbach

21. Februar 2023

Seit einiger Zeit macht sich an den Arbeitsplätzen dieser Welt ein leises Phänomen bemerkbar. Auf Englisch heisst es «Quiet Quitting», auf Deutsch könnte man es «leises Aufhören» nennen. Gemeint ist in beiden Sprachen ein inneres Kündigen der Arbeitsstelle, ohne diese wirklich zu verlassen. Wer leise aufhört, erscheint zwar regelmässig am Arbeitsplatz, tut die minimal erforderte Arbeit – so dass keine wirkliche Entlassung droht – arbeitet aber keine Arbeitsstunde zu viel.

Die innere Haltung dabei ist so, als läge man irgendwo am Mit- telmeer. Dieser Trend hat vieles für sich in einer Zeit der Dauererreichbarkeit, der immer hektischer werdenden Arbeitswelt und der unzähligen Jobs, bei denen der Sinn schwer zu erkennen ist. In einem solchen Arbeitsumfeld wird das leise Aufhören zu einer revolutionären Handlung – einem inneren Wochenende, das die ganze Woche dauert.

Diese Art der Nichtarbeit hat aber einen riesigen Nachteil und zwar, dass man sich innerlich teilen muss – ein Teil von mir arbeitet und der andere ist in den Wolken. Eine Spaltung der eigenen Person, die auf lange Zeit gesehen nur ungesund sein kann. Denn wenn wir uns bewusst sind, wie viele Stunden unseres Lebens wir im Büro, im Laden und auf der Baustelle verbringen, dann ist dies am Ende doch enorm viel Lebenszeit, die wir nicht präsent vergeuden.

Aber es gibt eine bessere, wenn auch paradoxe Antwort auf das Problem: präsentes oder kontemplatives Arbeiten. Gemeint ist ein Schaffen, das langsamer, achtsamer und stiller ist. Weniger tun ja, aber das dann mit ganzem Herzen. Wie ein Mönch oder eine Nonne, die das Laub zusam- menkehrt – langsam, bedächtig und ganz lebendig.

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