Getrunken
Sake, Rum und ein bisschen Sex
Von: Jan Strobel
Getrunken in der Raygrodski Bar
«Die Raygrodski», sage ich zu meiner Begleitung, «die Raygrodski war die Frau vom Brupbacher». «Ich kenne keinen Brupbacher», sagt sie und nippt genüsslich an ihrem Old Cuban, dieser Mixtur aus dunklem Rum, Zucker, Minzblättern, Champagner und Angostura. Ich könnte jetzt zu einem Exkurs über Fritz Brupbacher anheben, jenen Zürcher Arbeiterarzt und Sozialisten, der Anfang der 20er-Jahre Paulette Raygrodski heiratete und mit ihr eine Praxis im Kreis 4 führte. Die Frau gilt als Pionierin der Sexualaufklärung, stand für die Abtreibung ein oder forderte die Finanzierung von Verhütungsmitteln durch die Krankenkasse. Nach dem Ehepaar Brupbacher ist der Platz draussen vor dem Lokal benannt. Die Bar wiederum wählte den russischen Familiennamen der revolutionär-emanzipatorischen Paulette als Identitätsmarke. Das alles hätte ich meiner Begleitung erzählen können. Doch ohnehin war ich jetzt abgelenkt durch meinen Hi No Maru. Der Cocktail aus Sake, Aprikosensaft und Bitter wird in einer kleinen Porzellanschale serviert - eine echte Offenbarung in der Zürcher Cocktaillandschaft. Beim Zahlen sagt meine Begleitung: «Dieser Brupbacher, bist du mit ihm auf Facebook befreundet?»
Am Tresen:
Getrunken:
1 Hi No Maru
1 Old Cuban
Geräuschpegel:
Unter der Woche: angenehm
Publikum:
Zeitgeistige junge Wiediker
Bedienung:
Aufmerksam, passioniert
Rechnung:
36 Franken
Raygrodski Bar
Sihlfeldstrasse 49, 8003 Zürich
Geöffnet: Mo bis Fr ab 17 Uhr.
Sa ab 19 Uhr. So geschlossen.
www.raygrodski.ch
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